48. Sitzung der Regionalkonferenz der TechnologieRegion Karlsruhe

Viel Dunkel und wenig Licht in der Konjunktur

Die IT-Branche lieferte am Ende eines weitgehend düsteren Streifzugs durch die aktuelle konjunkturelle Situation das „Licht des Abends“. „Wer in der IT-Wirtschaft jetzt jammert, hat etwas falsch gemacht“, erklärte Frank Roth, Mitglied der IHK-Vollversammlung und Geschäftsführer der Ettlinger AppSphere AG, auf der 48. Sitzung der Regionalkonferenz der TechnologieRegion Karlsruhe. Corona habe in seiner Branche für einen Wachstumsschub gesorgt. Mit Digitalisierung müsse sich seither jedes Unternehmen auseinandersetzen. „Moderne IT zieht außerdem die jungen Leute an“, so Roth, „und gerade die sind bei uns, wie auch in allen anderen Branchen, Mangelware. Wir haben eindeutig einen Arbeitnehmermarkt. Die Bewerberinnen und Bewerber kommen zu uns mit dem klaren Wunsch nach fünf Tagen Homeoffice.“ Ein Todesstoß für die Firmenkultur. Roths Lösungsvorschlag: „Wir müssen den Arbeitsplatz zum Wohnzimmer des Mitarbeiters machen.“ 
Zwei Schlagworte fielen bei allen Blitzlichtern zur wirtschaftlichen Lage in den Branchen: Fachkräftemangel und Bürokratieabbau. Schon in seiner Begrüßung nannte der Vorsitzende der Regionalkonferenz und IHK-Präsident Wolfgang Grenke die beiden Themen als einen Schlüssel für jeden konjunkturellen Aufschwung, an dem die IHK auf verschiedenen Ebenen drehe. 

Deutlicher Rückgang bei den Geschäftserwartungen

IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Arne Rudolph zitierte die jüngste IHK-Konjunkturumfrage, der zufolge die Inlandsnachfrage, Fach- und Arbeitskräftemangel und die Bürokratie als größte Risiken für die Unternehmen genannt wurden. Insgesamt sei ein deutlicher Rückgang bei den Geschäftserwartungen abzulesen. Zum Thema Energie stellte IHK-Energiereferent Ilja Lifschiz das Energiewendebarometer der baden-württembergischen IHKs vor, das mit dem traurigen Rekord eines historischen Tiefs beim Barometerwert für Aufmerksamkeit gesorgt hatte. Die Frage „Wie können wir in der Region aktiv werden?“ beantwortete der Experte mit drei Zukunftswünschen: Einem zügigen Ausbau der Energieinfrastruktur, der Planbarkeit für die Unternehmen und dem dringend nötigen Bürokratieabbau. 
Beim Thema Energie freute sich Oberbürgermeister Frank Mentrup, dass die Unternehmen der Region inzwischen einen vierfach höheren Bedarf an Wasserstoff gemeldet hätten und dass nun auch endlich auf dem geplanten Wasserstoff-Kernnetz ein kleiner Abzweig nach Karlsruhe führe. Gut, dass die TRK, die IHK und die Handwerkskammer in Aktion getreten seien.

Blick in die Branchen

Beim Blick in die Branchen wurden alle IHK-Vollversammlungsmitglieder deutlich. Aber, so düster die Situation auch ist, die Unternehmen halten aktiv dagegen. Petra Lorenz, Inhaberin des taschenreichs in Durlach betonte, der Einzelhandel unterliege dem größten Strukturwandel seiner Geschichte. „Eine zurückgehende Passantenfrequenz, hohe Energiekosten und der Online-Handel, mit dem ohnehin niemand Geld verdient, machen dem Einzelhandel das Leben schwer.“ Petra Lorenz sieht im Teleshopping einen Vertriebsweg der Zukunft. 
Die Immobilienbranche mit ihren deutschlandweit 800.000 Unternehmen leidet laut Bernd Fleischer, Inhaber von Schürrer & Fleischer Immobilien, besonders unter dem „brutalen Anstieg der Zinsen und den rasant angestiegenen Materialkosten in der Bauwirtschaft“. Seine Forderungen: Wohnraumfördernde Maßnahmen, der Abbau bürokratischer Hemmnisse und eine Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren. „Wir müssen einfacher und pragmatischer denken“, so Fleischer.
Pragmatisch denkt Horst Fritz, Inhaber der Fritz Automati-on GmbH eigentlich immer. Für ihn liegen die Hauptver-änderungen im Maschinenbau beim Automobil und im energietechnischen Wandel. Sein Appell: „Wir müssen Chancen erkennen und nutzen. Gerade hier in der tech-nologiestarken Region. Wir müssen gemeinsam auftreten, uns Partner innerhalb der TRK suchen und als eine Region auftreten. Innerhalb einer regionalen Arbeitsgemeinschaft habe man beispielsweise eine Salzbatterie zum Speichern von Solarenergie erfunden. 
Für Nicolas Hettel, Geschäftsführer des Hotel Watthalden in Ettlingen, gibt es eine Zeitrechnung vor Corona und eine nach Corona. Die Zahl der Mitarbeitenden ist in seinem Hotel seit 2019 um 46 Prozent zurückgegangen. Neben den fehlenden Arbeitskräften sei für seine Branche die Erhöhung der Mehrwertsteuer ab Januar 2024 die Hauptherausforderung. „Etlichen Unternehmen kann dadurch das Aus drohen“, warnte der Hotelier. Mal ganz abgesehen vom „Brett der Bürokratie“: 14,5 Stunden pro Woche würden in seiner Branche durchschnittlich für bürokratische Vorgaben aufgewendet. Aber gemeinsam mit IHK und DEHOGA werde man die Themen angehen. Die IHK Karlsruhe werde dazu im nächsten Jahr einen eigenen Tourismusausschuss gründen. 
Einen Blick über den IHK-Tellerrand lieferte der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Walter Bantleon. Im Handwerk bewerten immerhin noch fast 60 Prozent der Betriebe die Geschäftslage als gut. Trotzdem hätten Hemmnisse wie fehlende Fachkräfte und die hohe Infla-tionsrate schmerzhafte Auswirkungen auf die Konjunktur. 
Oberbürgermeister Mentrup hatte ein paar Lösungsvorschläge im Gepäck. Er will den Bürokratieabbau auf kommunaler Ebene beschleunigen. Allerdings müsse man dann auf den Perfektionsanspruch ein Stück weit verzichten. Die Fachkräftelücke könnten eventuell indische Nachwuchs- und Fachkräfte ein wenig reduzieren. Das sei ihm in Pune versprochen worden.
Dieter Bürk, Vorsitzender des Stadtverbands Karlsruhe im Deutschen Gewerkschaftsbund, stellte die Sicht auf die wirtschaftliche Lage aus Sicht der Arbeitnehmer dar. Der Arbeitskräftemangel wirke sich auf viele Bereich aus. Steigende Fixkosten und die drückende Inflation schränke die Möglichkeiten der Arbeitnehmer ein. „Die Sorge um die Zukunft ist durch die Krisen der vergangenen Jahre immer größer geworden“ so Bürk. 

KI-Allianz Baden-Württemberg

TRK-Geschäftsführer Jochen Ehlgötz freute sich über die neuesten Zuwächse seiner GmbH, die init innovation in traffic systems SE und die Karlsruher Sport-Club Mühlburg-Phönix GmbH & Co. KGaA. Seine brennendsten Themen sind noch immer Wasserstoff, Bioökonomie und Mobilität. Ganz neu sei die KI-Allianz Baden-Württemberg, die die TRK mit auf den Weg gebracht habe und der auch die IHK Karlsruhe angehört. 
Wolfgang Grenke betonte noch einmal den Sinn und Zweck der Regionalkonferenz als richtungsweisendem „Think Tank für die Region, der die interdisziplinäre Zusammenarbeit fördert.“