EU Green Deal: DIHK-Stellungnahme zur Reform des EU-Emissionshandels

Die Europäische Kommission hat im Rahmen des Mitte Juli vorgelegten Fit-for-55-Gesetzgebungspaket eine erneute Reform des Europäischen Emissionshandelssystem vorgeschlagen.
Zweck der Reform ist es, die durch die erhöhten EU-Klimaziele notwendigen zusätzlichen CO2-Minderungen auch über eine Anpassung des EU ETS zu erreichen. Zudem enthält der Gesetzgebungsvorschlag Pläne für ein gesondertes europäisches Emissionshandelssystem für die Sektoren Verkehr und Gebäude.
In seiner nun vorgelegten Stellungnahme hält der DIHK Anpassungen des EU ETS zwar im Grundsatz für notwendig, plädiert aber für einen wirksamen Schutz vor Carbon Leakage für die Unternehmen, solange andere Wirtschaftsräume keine vergleichbaren Klimaschutzanstrengungen unternehmen. Hierzu rät der DIHK vornehmlich zu prüfen, wie die Reform des EU ETS so ausgestaltet werden kann, dass ausreichende Mengen an Zertifikaten für die freie Zuteilung an die Industrie zur Verfügung stehen.
Carbon Leakage beschreibt die Verlagerung industrieller Wertschöpfung und assoziierter CO2-Emissionen in Länder mit geringeren Klimaschutzauflagen.
Die Einführung eines zweiten EU-Emissionshandels für Verkehr und Gebäude unterstützt der DIHK. Der DIHK regt allerdings an, perspektivisch zusätzlich Industriebetriebe, die nicht unter das EU ETS fallen, in das neue europäische System einzubeziehen. Zugleich sollte ein Höchstpreis definiert werden, der sich an den Preisen des EU ETS orientieren könnte.
Die DIHK-Empfehlungen in aller Kürze: 
  • Da andere Wirtschaftsräume derzeit keine vergleichbaren Klimaschutzanstrengungen unternehmen, ist die freie Zuteilung von Zertifikaten eine wichtige Maßnahme zur Wahrung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der energie- und handelsintensiven Industrie. Es sollte daher erneut umfassend geprüft werden, welche der von der Kommission analysierten Anpassungen der Richtlinie zur Umsetzung des gesteigerten 2030-CO2-Reduktionsziels am ehesten dazu beitragen, im Sinne eines effektiven Schutzes vor Carbon Leakage eine ausreichende Ausstattung der Industrie mit freien Zertifikaten sicherzustellen.
  • Insbesondere die vorgeschlagene Absenkung des initialen cap (rebasing) führt im Vergleich zu einer ausschließlichen Anpassung des linearen Reduktionsfaktors zu einem besonders starken Rückgang der Zertifikatsmengen, die für die freie Zuteilung zur Verfügung stehen.
  • Die freie Zuteilung der Sektoren, die unter den CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) fallen, sollte nur gekürzt werden, wenn dieser neue Mechanismus einen vergleichbaren Schutz bietet. Die aus derzeitiger Sicht fragwürdige Schutzwirkung sollte vor Einführung des CBAM und der damit verbundenen Kürzung der freien Zuteilung für die betroffenen Sektoren umfassend geprüft werden. Insbesondere bietet das im Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission angelegte Modell keinen Schutz für Unternehmen, die Produkte aus dem Binnenmarkt in Drittstaaten exportieren. Daher fürchtet der DIHK erhebliche negative Effekte für die globale Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Branchen.
  • Eine Gegenleistung der Unternehmen für die freie Zuteilung von Zertifikaten in Form der verpflichtenden Umsetzung von Maßnahmen, die sich aus dem Energieaudit bzw. Managementsystem ergeben, hält der DIHK für redundant. Unternehmen setzen wirtschaftliche Maßnahmen um, wenn dem nicht andere betriebliche Gründe, wie notwendige Investitionen in das Kerngeschäft, entgegenstehen. Zudem sollte berücksichtigt werden, dass die freie Zuteilung von Zertifikaten die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen wahren soll und die Entlastung mit eingepreist wird.
  • Der DIHK unterstützt die Einführung eines zweiten Handelssystems für die Sektoren Gebäude und Verkehr (New ETS) und den gewählten Upstream-Ansatz. Der DIHK regt allerdings an, perspektivisch zusätzlich Industriebetriebe, die nicht unter das EU ETS fallen, in das neue europäische System einzubeziehen.
  • Zumindest für die Zeit bis zum Jahr 2030 sollte im New ETS ein Höchstpreis eingeführt werden, um die Kosten für die Wirtschaft zu begrenzen. Dieser könnte sich an den Preisen des EU ETS orientieren.
  • Um die Wirtschaft zielgerichtet zu entlasten und Klimaschutz in den Betrieben zu erleichtern, sollte es den Mitgliedstaaten möglich sein, Einnahmen aus dem Emissionshandel zur Senkung von Umlagen (u. a. auf Strom) zu nutzen.
  • Die Verdopplung der Einstellungsrate der Marktstabilitätsreserve von zwölf auf 24 Prozent sieht der DIHK kritisch. Häufige Anpassungen der Marktstabilitätsreserve mit dem Ziel, die Preise in eine politisch gewünschte Richtung zu bewegen, schwächen das EU ETS als Mengensteuerungsinstrument und reduzieren seine Effizienz, wodurch sich Mehrkosten für die Emissionsminderungen ergeben, die die Wirtschaft finanziell belasten.
Quelle: DIHK
Die Stellungnahme finden Sie unter ‘’Weitere Informationen’’