Adressbuch- und Registerschwindel


Adressverzeichnis- und Registerschwindel (Formularfallen)

Seit einigen Jahren nimmt die Zahl unseriöser Adressverzeichnisanbieter, die als Rechnungen aufgemachte Eintragungsangebote für Unternehmensdateien, Branchenregister, Zentralverzeichnisse, Gewerberegister oder ähnlich lautende Verzeichnisse in Umlauf bringen, stetig zu. Die Angebote sind dabei so aufgemacht, dass der flüchtige Leser meint, es handle sich um eine Rechnung für einen bereits erteilten Auftrag oder um einen Korrekturabzug für einen kostenlosen Eintrag. Für den Unternehmer wird es deshalb immer schwieriger, die seriösen Angebote von den unseriösen zu unterscheiden.
Gerne wird durch die Anbieter auch der Eindruck erweckt, eine öffentliche Stelle sei Absender der Rechnung für eine vermeintlich gesetzlich verlangte Veröffentlichung. Leidtragende – weil bevorzugte Adressaten solcher Machenschaften – sind vor allem Existenzgründer und junge Unternehmen, deren Anschriften zum Teil Veröffentlichungen über Handelsregistereintragungen entnommen werden. Die Auswertung solcher Veröffentlichungen ist erlaubt. Der Bundesanzeiger weist seine Inserenten in einer Mitteilung ausdrücklich auf diesen Umstand hin, betont jedoch gleichzeitig, in keinerlei Zusammenhang mit den Angeboten unseriöser Verzeichnisanbieter zu stehen.
Eine andere Vorgehensweise unseriöser Adressverzeichnisanbieter besteht darin, Formulare zu verwenden, in die Anzeigentexte aus anderweitig veröffentlichten, von den angeschriebenen Unternehmen tatsächlich in Auftrag gegebenen Werbeanzeigen, montiert werden. Der flüchtige Leser erkennt seine eigene alte Werbeanzeige und bemerkt gegebenenfalls nicht, dass er mit seiner Unterschrift nicht nur den richtigen Text der Anzeige bestätigt (z. B. Korrekturabzug für eine Wiederveröffentlichung), sondern einen neuen Anzeigenvertrag mit einem ganz anderen Unternehmen unterschreibt. 

Woran erkennt man Werbeschreiben unseriös arbeitender Adressverzeichnisanbieter?

  • Das Werbeschreiben ähnelt einer Rechnung, zumeist sind bereits ausgefüllte Überweisungsträger dem Schreiben fest beigefügt.
  • Angegebene Kunden- oder Registriernummern sollen den Eindruck bereits bestehender Geschäftsverbindungen erwecken.
  • Begriffe wie "Offerte", "Korrekturabzug", "Eintragungsantrag" oder "Grundeintrag kostenlos" werden verwendet.
  • Es werden Logos oder Bezeichnungen verwendet, die denen von Behörden oder halbamtlichen Stellen gleichen.
  • Zumeist geben erst die kleingedruckten Geschäftsbedingungen auf der Rückseite einen Hinweis darauf, dass es sich um ein kostenpflichtiges Eintragungsangebot handelt.
  • Es werden aufgeklebte Ausschnitte von Handelsregisterveröffentlichungen aus dem Bundesanzeiger verwendet.
  • Datenerhebungsbögen für eine vorgeblich kostenfreie Aufnahme der Firmendaten in eine Datenbank werden zugesandt. Kostenlos ist jedoch gemeinhin nur die Veröffentlichung der sog. Stammdaten (Firmenbezeichnung, Anschrift).
  • Es werden sog. Firmengründungsurkunden verschickt.
  • Die Eintragungsofferten werden oftmals per Fax verschickt. (Hinweis: Unerbetene Telefaxwerbung ist wettbewerbswidrig.)
  • In Formularen werden Anzeigentexte aus anderweitig veröffentlichten, von den angeschriebenen Unternehmen tatsächlich in Auftrag gegebenen Werbeanzeigen, montiert. Die Richtigkeit eines angeblichen Korrekturabzuges soll schriftlich bestätigt werden, tatsächlich handelt es sich um die Unterschrift zu einem Anzeigenauftrag.
Wie die Beispiele zeigen, zielen die Werbemethoden bewusst auf Schwachstellen der innerbetrieblichen Organisation ab. Dabei rechnen die Versender damit, dass die Zahlungen ohne genauere Prüfung angewiesen werden, da sich die Kosten für eine Eintragung in die Verzeichnisse in der Regel auf weniger als 500 Euro belaufen.

Richtig reagieren

Wie ist mit diesen unseriösen Angeboten umzugehen?
Warnen Sie Ihre Mitarbeiter, insbesondere beim Posteingang und in der Buchhaltung.
Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang eine genaue Prüfung, ob ein entsprechender Bestellvorgang vorliegt beziehungsweise ob die angebotene Leistung in Anspruch genommen werden soll oder nicht.
Die IHK bemüht sich seit Jahren, Unternehmen vor unseriösen Adressverzeichnisanbietern zu schützen. Zur Bekämpfung arbeitet die IHK seit langem mit dem Deutschen Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität e. V. (DSW) und dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) zusammen.
Bei der IHK eingehende Beschwerden werden an den DSW weitergeleitet. Der Schutzverband fordert die unseriösen Unternehmen zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf und leitet gegebenenfalls gerichtliche Schritte ein, unter Umständen wird sogar Strafanzeige gestellt. Sollte Ihnen eine Klage oder ein Mahnbescheid vom Gericht zugestellt werden, müssen Sie umgehend reagieren bzw. anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen.

Was tun, wenn ein Vertrag schon unterschrieben wurde?

Für Fälle, in denen die Kostenpflichtigkeit des Angebots verschleiert wird, hat der BGH mit Urteil vom 26. Juli 2012 (Az.: VII ZR 262/11) entschieden, dass in diesen Fällen kein kostenpflichtiger Vertrag zustande kommt. Wenn eine Leistung (im entscheidenden Fall der Grundeintrag in ein Branchenverzeichnis im Internet) vielfach unentgeltlich angeboten werde, werde eine Entgeltklausel, die nach der drucktechnischen Gestaltung des Antragsformulars so unauffällig in das Gesamtbild eingefügt ist, dass sie vom Vertragspartner des Klauselverwenders dort nicht vermutet werde, gemäß § 305c Abs. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) nicht Vertragsbestandteil.
Wird beim Adressat der falsche Eindruck erweckt es bestehe eine zwingende Zahlungsverpflichtung bzw. wird er über die Rahmenumstände des Registereintrags getäuscht, so können solche Angebote nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26. Januar 1995 (Az.: I ZR 39/93) gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen. Leider nützt dies dem Betroffenen noch nicht allzuviel, da der unterschriebene Vertrag hierdurch nicht per se unwirksam wird. Für die Betroffenen besteht allerdings die Möglichkeit, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB unverzüglich  schriftlich anzufechten. Zwar besteht unabhängig von einer Anfechtung des Betroffenen das Risiko einer Zahlungsklage seitens des Verwenders. Durch diese Vorgehensweise wird jedoch die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass ein Gericht später im Streitfall doch von einem wirksam zustande gekommenen, aber möglicherweise wirksam angefochtenen, Vertrag ausgeht. Einen Formulierungsvorschlag für eine Anfechtungserklärung finden Sie am Ende dieser IHK-Information. Ergänzend kann geprüft werden, ob der auf Basis des Formulars geschlossene Vertrag eventuell auch AGB-rechtswidrig ist, denn vorformulierte Klauseln, die als überraschend im Sinne des BGB angesehen werden können (so z. B. die verschleierte Kostenpflichtigkeit), können als unwirksam gelten.
Dessen ungeachtet sollte stets vorsorglich gleich eine Kündigung des Vertragsverhältnisses erklärt werden, um die Zusendung von Folgerechnungen für einen gegebenenfalls mit der Unterzeichnung erteilten Mehrfachauftrag oder eine weitere Vertragsverlängerung grundsätzlich zu vermeiden.

Was tun, wenn schon gezahlt wurde?

Wer auf eines der rechnungsmäßig gestalteten Auftragsformulare eine Zahlung im falschen Glauben an eine bereits bestehende Verbindlichkeit geleistet hat, sollte noch nicht ausgeführte Überweisungsaufträge umgehend bei der Hausbank stoppen. Machen Sie auch die Bank des Begünstigten auf Ihren Irrtum aufmerksam. Informieren Sie ebenfalls die nächste Polizeidienststelle oder die Staatsanwaltschaft. Falls es für diesen Schritt bereits zu spät ist, sollte der Betrag gegebenenfalls mit anwaltlicher Hilfe zurückgefordert werden. Der geleimte Kunde sollte in jedem Fall einen ungewollt erteilten Auftrag wegen arglistiger Täuschung schriftlich anfechten (siehe untenstehender Formulierungsvorschlag). Nach dem BGH wird jedoch keinesfalls in allen Fällen, in denen das Formular als wettbewerbswidrig angesehen wird, eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung durch denjenigen, der das Formular irrtümlich unterschrieben und bezahlt hat, als zulässig erachtet (vgl. Urteil vom 22. Februar 2005, Az. X ZR 123/03). Vielmehr ist es für eine erfolgreiche Rückzahlungsklage des Betroffenen nach Anfechtung wegen arglistiger Täuschung erforderlich, dass das Gericht einen Täuschungswillen des Versenders bejaht.
Vorsorglich sollte immer die Kündigung erklärt werden, um die Zusendung von Folgerechnungen für einen gegebenenfalls mit der Unterzeichnung erteilten Mehrfachauftrag grundsätzlich zu vermeiden.

Muster einer Anfechtungserklärung

Ein Anfechtungsschreiben könnte sinngemäß so aussehen (Muster):
"Offensichtlich gehen Sie davon aus, dass Sie mit mir einen Vertrag abgeschlossen haben, der Sie dazu berechtigt, Forderungen an mich zu richten.
Das ist falsch!
Sofern ich eine Unterschrift geleistet habe, wollte ich damit nur ... (hier sollten Sie knapp ausführen, warum Sie sich getäuscht fühlen, z. B. Daten bestätigen). Die Unterschrift diente aber nicht dazu, einen neuen Vertrag mit Ihnen abzuschließen. Auch wenn ich nicht von einem wirksamen Vertragsschluss ausgehe, fechte ich diesen vorsorglich wegen arglistiger Täuschung an.
Ebenso vorsorglich erkläre ich die Kündigung eines solchen Vertrags mit sofortiger Wirkung. Ich fordere Sie ausdrücklich auf, von weiteren Zahlungsaufforderungen abzusehen, da ich keine Zahlung leisten werde!"
  • Bedienen Sie sich anwaltlicher Hilfe, falls Sie Formulierungsschwierigkeiten sehen.
    Grundsätzlich sollte der Gang zum Rechtsanwalt dann erfolgen, wenn Ihnen eine Klage oder ein Mahnbescheid vom Gericht zugestellt wird.
    Im Vorfeld wird dies oft angekündigt, jedoch meistens nicht wahrgemacht.
  • Informieren Sie die für Sie zuständige IHK oder Ihren Berufsverband. Schicken Sie das Originalformular mit dazugehörigem Briefumschlag und dem letzten Mahnschreiben der Gegenseite an den DSW. Der DSW kann Sie zwar nicht rechtlich vertreten, jedoch die weitere Mahntätigkeit des Formularaussenders unterbinden.
Quelle: Deutscher Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität e. V.
Stand: Januar 2017
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