Gewerbeuntersagungsverfahren

Häufig müssen Unternehmer finanzielle Engpässe überwinden. In solchen Situationen sehen sie oftmals die Zahlung von Löhnen und Gehältern als ihre vorrangige Arbeitgeberpflicht an. Die außerdem abzuführenden laufenden Steuern, die Beiträge an die Sozialversicherungsträger und an die Berufsgenossenschaften können jedoch oft nicht mehr zeitgleich bzw. gar nicht entrichtet werden. Viele Unternehmer wissen nicht, dass gerade durch das Finanzamt und die Krankenkassen Gewerbeuntersagungen wegen persönlicher Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden angeregt und durch die zuständige Behörde eingeleitet werden.
Als unzuverlässig ist anzusehen, wer nach dem Gesamtbild seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, das von ihm ausgeübte Gewerbe künftig ordnungsgemäß zu betreiben. Zum Schutz der Allgemeinheit und der im Betrieb Beschäftigten werden von der Behörde Tatsachen ermittelt und die Erforderlichkeit einer vollständigen oder teilweisen Gewerbeuntersagung überprüft.
Unzuverlässigkeitsmerkmale für die Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens sind in erster Linie:
  • mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (d. h. die für die Gewerbeausübung notwendigen finanziellen Mittel sind nicht vorhanden)
  • mangelnder wirtschaftlicher Leistungswille
  • mangelndes berufliches Verantwortungsbewusstsein
  • Abgabe der eidesstattlichen Versicherung über das Vermögen oder Haftbefehl zur Erzwingung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung
  • Missachtung steuerlicher oder sozialversicherungsrechtlicher Pflichten (d. h. Steuererklärungen werden nicht oder ständig erheblich verzögert abgegeben und/oder Steuerzahlungen werden nicht oder ständig erheblich verzögert geleistet, so dass Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt entstehen)
  • Straf- oder Ordnungswidrigkeiten
Der Betroffene wird darüber schriftlich durch das zuständige Amt informiert.
Innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens hat er dann Gelegenheit, sich zum Sachverhalt zu äußern. Eine schriftliche oder mündliche Reaktion darauf sollte unbedingt erfolgen.

Wer hilft?

Da eine Gewerbeuntersagung einen schwerwiegenden Eingriff in die persönliche Situation bedeutet, sollten Betroffene rechtzeitig mit der zuständigen Behörde und der für sie zuständigen IHK Kontakt aufnehmen, denn die IHK muss vor der beabsichtigten Untersagung einer Gewerbeausübung durch die zuständige Behörde eine ergänzende Stellungnahme abgeben. Nach Zugang der behördlichen Akte bekommt der Betroffene daher von der IHK Gelegenheit, sich zu den Einleitungsgründen zu äußern. Alle Informationen werden von der IHK selbstverständlich vertraulich behandelt. Durch diesen persönlichen Kontakt ergeben sich oft zusätzliche wichtige Informationen, die für die Beurteilung der Situation notwendig sind. Die schlussendliche Entscheidung über Erlass oder Nichterlass einer Gewerbeuntersagungsverfügung trifft aber gleichwohl in jedem Fall die zuständige Behörde.

Was kann der Unternehmer tun?

Um unnötige zusätzliche Schwierigkeiten während eines Verfahrens zu vermeiden, empfehlen wir:
  • Reagieren Sie unbedingt auf Schreiben des Gewerbe- oder Ordnungsamts, insbesondere wenn darin die Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens angekündigt wird. Öffnen Sie unverzüglich die Post und holen Sie niedergelegte Schriftstücke so schnell wie möglich ab. Sorgen Sie bei Abwesenheit um  Entgegennahme und Sichtung Ihrer Post. Sie sollten schriftlich oder telefonisch innerhalb der genannten Frist mit dem zuständigen Sachbearbeiter Kontakt aufnehmen; Gleichgültigkeit oder Versäumnisse können für Sie irreparable Folgen haben.
  •  Nehmen Sie die mit der zuständigen Behörde vereinbarten Gespräche wahr und informieren Sie Ihren dortigen Ansprechpartner sofort, wenn Sie einen vereinbarten Termin aus wichtigem Grund verschieben müssen.
  • Halten Sie die getroffenen Absprachen, wie z. B. die Vorlage eines Sanierungsplans bis zu einem festgesetzten Zeitpunkt oder eine Ratenzahlungsvereinbarung, ein bzw. teilen Sie frühzeitig mit, wenn und warum Sie dazu einmal nicht in der Lage sind.
  •  Geben Sie der zuständigen Behörde gegenüber auch Auskunft über persönliche Schwierigkeiten, die zu Ihrer Situation beigetragen haben oder sogar ausschlaggebend dafür waren. Diese Angaben werden selbstverständlich vertraulich behandelt.
  • Sprechen Sie mit den Gläubigern (Finanzamt, Berufsgenossenschaft, Krankenkassen) und signalisieren Sie Ihren Willen zur Tilgung der Schulden und versuchen Sie, Ratenzahlungen zu vereinbaren. Auch wenn Sie Verständigungsschwierigkeiten mit einem zuständigen Sachbearbeiter haben, sollten Sie weiterhin das Gespräch suchen. Möglicherweise kann mit einem anderen Mitarbeiter oder Vorgesetzten eine für Ihre Gläubiger zufriedenstellende Lösung herbeigeführt werden.
  • Informieren Sie zeitnah die zuständige Behörde sowohl über positive als auch negative Ergebnisse Ihrer Gespräche mit den Gläubigern und belegen Sie diese wenn möglich schriftlich.
Die Beachtung dieser Tipps, die Vorlage eines tragfähigen Sanierungskonzeptes bei der zuständigen Behörde oder gar der Wegfall der vorgeworfenen Untersagungsgründe erhöhen die Chancen auf eine Aussetzung oder sogar Einstellung des Verfahrens.

Welche juristischen Konsequenzen hat die Gewerbeuntersagung?

Die Gewerbeuntersagung erfolgt durch einen Bescheid des zuständigen Gewerbe- oder Ordnungsamts. Der erlassene Gewerbeuntersagungsbescheid wirkt sich für den davon betroffenen Unternehmer wie ein Berufsverbot aus. Die Gewerbeuntersagung verhindert rechtlich die Ausübung des Gewerbes durch den Betroffenen für die Zukunft. Gegen den Bescheid ist Widerspruch innerhalb eines Monats zulässig.
Im Falle der Anordnung des sofortigen Vollzugs (sofortige Einstellung der Gewerbetätigkeit) der Untersagung kann beim Verwaltungsgericht ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gestellt werden. Sofortiger Vollzug bedeutet, dass die Gewerbetätigkeit sofort eingestellt und das Gewerbe abgemeldet werden muss. In diesem Fall kann ggf. die Einschaltung eines Rechtsanwalts von Vorteil sein.
Ist ein Untersagungsbescheid bestandskräftig geworden, kann frühestens nach einem Jahr (in Ausnahmefällen auch eher) ein Antrag auf Wiedergestattung der Ausübung der selbständigen Tätigkeit gestellt werden. Jedoch müssen dafür Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass eine Unzuverlässigkeit nicht mehr besteht (positive Zukunftsprognose). Bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen für eine Antragstellung auf Wiedergestattung gegeben sind, hilft die für Sie zuständige IHK.
Stand: 2018
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