Aufenthalt selbstständiger Ausländer


Angehörige eines EU/EWR-Mitgliedstaates bzw. der Schweiz

Zur Aufnahme und Ausübung selbständiger und vergleichbar unselbständiger Tätigkeiten in Deutschland durch Staatsangehörige eines EU/EWR-Mitgliedstaates bzw. der Schweiz ist kein Aufenthaltstitel erforderlich. Dies folgt aus der gemeinschaftsrechtlichen Niederlassungsfreiheit.
Staatsangehörige der EU/EWR-Mitgliedstaaten bzw. der Schweiz haben das Recht auf Niederlassungsfreiheit innerhalb Deutschlands und können ihr Recht zur selbständigen Tätigkeit beanspruchen. Sie sind in ihrer Erwerbsausübung grundsätzlich den deutschen Staatsbürgern gleichgestellt und genießen „Freizügigkeit“. Sie können visumsfrei nach Deutschland einreisen, es besteht lediglich - wie bei Deutschen - eine Meldepflicht bei den Meldebehörden. Die Ausländerbehörden stellen von Amts wegen eine Bescheinigung über ihr Aufenthaltsrecht aus.
Auch Staatsangehörige der EU-Beitrittsstaaten Tschechische Republik, Polen, Estland, Lettland, Litauen, Ungarn, Slowenien, Slowakische Republik, Bulgarien und Rumänien haben das Recht auf Niederlassungsfreiheit innerhalb Deutschlands. Sie benötigen ebenso wie Staatsangehörige der bisherigen EU/EWR-Mitgliedstaaten bzw. der Schweiz keinen Aufenthaltstitel zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit in Deutschland.
Zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gehören neben den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) zusätzlich die Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen. Die Schweiz ist kein EU/EWR-Mitgliedstaat, allerdings besteht ein Freizügigkeitsabkommen der EU mit der Schweiz, sodass auch den Staatsangehörigen der Schweiz das Recht auf selbständige Tätigkeit ohne Einschränkungen zusteht.

Drittstaatsangehörige

Zur Aufnahme und Ausübung selbständiger und vergleichbarer unselbständiger Tätigkeiten durch Ausländer, die keine Angehörigen eines EU/EWR-Mitgliedstaates bzw. der Schweiz sind (sog. Drittstaatsangehörige), ist ein Aufenthaltstitel erforderlich. Dieser muss eine derartige selbständige Tätigkeit gestatten.
Über die selbständige Tätigkeit im engeren Sinne hinaus werden auch solche Tätigkeiten und Funktionen in Unternehmen erfasst, die aufgrund der damit verbundenen Vertretungsmacht oder wegen des faktischen oder wirtschaftlichen Einflusses als der selbständigen Tätigkeit vergleichbar anzusehen sind.

Selbstständige Tätigkeiten

Selbständige Tätigkeiten sind gewerbliche, freiberufliche und unternehmerische Tätigkeiten. Hierzu zählen der Handel, Groß- und Einzelhandel, Import, Export, aber auch Makler, Gastwirte, Handelsvertreter, sonstige Dienstleister und Hersteller. Auch Reisegewerbetreibende sind Selbstständige mit einer Reisegewerbekarte.

Vergleichbare unselbstständige Tätigkeiten

Vergleichbare unselbstständige Tätigkeiten sind die Geschäftsführung, Prokura und Generalbevollmächtigung, soweit sie mit der Übernahme unternehmerischer Verantwortung einhergehen. Inhaber dieser Stellungen werden zumeist mit Angestelltenverträgen beschäftigt, die zwar geschäftsführende Funktionen, jedoch keine Selbständigkeit beinhalten. Dadurch, dass sie u. a. vertretungsberechtigte Organe von juristischen Personen sind, sind sie als „Manager“ den Selbständigen grundsätzlich gleichgestellt, weil juristische Personen ohne ihre vertretungsberechtigten Organe nicht handlungsfähig wären.
Nicht als selbständige Tätigkeit oder gleich geachtete unselbständige Tätigkeit gelten bloße Kapitalbeteiligungen, sei es als stiller Gesellschafter, Kommanditist, Minderheitsgesellschafter einer GmbH und ähnliches. Nach der Rechtsprechung muss sich ein Drittstaatsangehöriger, der die Mehrheit an Gesellschaftsanteilen einer GmbH erhält oder erwirbt, auch ohne Geschäftsführer zu sein, jedoch wie ein Selbstständiger behandeln lassen, wenn er in der Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung bestimmenden Einfluss auf die Gesellschaft ausüben kann. In solchen Fällen bestimmt er die Geschicke des Unternehmens und ist wegen seiner Gesellschafterstellung dem bloßen Geschäftsführer sogar überlegen. Allerdings stellt sich dabei die Frage, ob er eine Aufenthaltserlaubnis dann benötigt, wenn er nur hin und wieder zu Gesellschafterversammlungen einreist. Eine nachhaltige selbständige Betätigung in Deutschland wird in diesen Fällen kaum anzunehmen sein. Jedoch ist die Aufenthaltserlaubnis des Mehrheitsgesellschafters dann erforderlich, wenn eine unselbständige Betriebsstätte eröffnet werden soll, die entweder deutsche oder ausländische Arbeitnehmer beschäftigen wird.
Für die bloße Bestellung eines Geschäftsführers einer Kapitalgesellschaft ist nicht erforderlich, dass der Geschäftsführer seinen Wohnsitz/ständigen Aufenthalt im Inland hat bzw. jederzeit ins Inland einreisen kann und ihm die selbständige Tätigkeit gestattet ist.
Beabsichtigt ein Drittstaatsangehöriger, sich aus beruflichen Gründen (etwa als Geschäftsführer) wiederholt im Bundesgebiet aufzuhalten, ohne dort ein verfestigtes Aufenthaltsrecht erlangen zu wollen, so ist ausreichend, wenn ihm ein Visum erteilt wird, das für die Dauer von bis zu drei Monaten innerhalb von sechs Monaten gerechnet ab dem Datum der ersten Einreise zur wiederholten Einreise berechtigt.

Verfahren

Grundsätzlich muss vor Einreise der Sichtvermerk bei den deutschen Auslandsvertretungen eingeholt werden. Drittstaatsangehörige, die sich bereits legal mit einer befristeten Aufenthaltserlaubnis in Deutschland aufhalten, bei der in der Regel die Aufnahme einer selbständigen oder vergleichbar unselbständigen Erwerbstätigkeit nicht gestattet ist, müssen eine entsprechende Aufhebung dieses Verbots bzw. eine Erweiterung der Aufenthaltserlaubnis bei der zuständigen Ausländerbehörde beantragen. Die Erteilung liegt im Ermessen der Ausländerbehörde.
Bevorrechtigt bei einer Zulassung für eine selbständige Tätigkeit sind Angehörige von Staaten, die mit Deutschland Freundschafts-, Handels- und Niederlassungsabkommen abgeschlossen haben. Ansonsten kommt die Zulassung einer selbständigen Tätigkeit durch Drittstaatsangehörige nur in Betracht, wenn an der Ausübung einer bestimmten Tätigkeit ein wirtschaftliches Interesse oder ein regionales Bedürfnis besteht und die Tätigkeit positive Auswirkungen auf die Wirtschaft erwarten lässt. Voraussetzung ist weiterhin, dass die Finanzierung der Umsetzung durch Eigenkapital oder durch eine Kreditzusage gesichert ist.
Um dies festzustellen, werden die Gewerbebehörden und die IHKn von den Ausländerbehörden um Stellungnahme gebeten. Dabei werden maßgeblich weitere Kriterien herangezogen, wie die Verbesserung der Markt- und Absatzchancen ansässiger oder spezieller Versorgungsunternehmen (Synergieeffekte) sowie kommunalpolitische Gründe. Hier kommt den Stellungnahmen der IHKn eine besondere Bedeutung zu.
Förderlich für einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer selbstständigen bzw. vergleichbar unselbstständigen Tätigkeit sind daher insbesondere
  • ausreichend deutsche Sprachkenntnisse,
  • unternehmerische Erfahrung, allgemeine fachliche Kenntnisse bzw. kaufmännische Kenntnisse (hierzu sind evtl. Aus- und Weiterbildungsnachweise vonnöten),
  • eine detaillierte Projektbeschreibung (Businessplan),
  • die Vorlage einer Ertrags- und Rentabilitätsvorschau, insbesondere bei Übernahme eines bestehenden deutschen Betriebes.
  • Das Startkapital muss für 6 Monate gesichert sein.
Ein wirtschaftliches Interesse wird in der positiven Auswirkung auf Zulieferer und Subunternehmer gesehen, ebenso bei der Herstellung innovativer, umweltschonender oder sonstiger hochwertiger Produkte. Ein regionales Bedürfnis bezieht die Wettbewerbssituation der angestrebten Branche sowie etwaige Versorgungslücken in der Region in die Entscheidungsfindung mit ein. Ein arbeitsmarktpolitisches Interesse liegt im Erhalt oder der Schaffung neuer Arbeitsplätze, aber auch im Entstehen von Ausbildungsplätzen.
Stand: September 2018
Diese IHK-Information will die Grundzüge des Niederlassungsrechts für selbständige oder vergleichbar unselbständige Tätigkeiten von Ausländern (keine Deutschen i. S. d. Art. 116 Grundgesetz (GG)) darstellen. Sie wurde mit der gebotenen Sorgfalt bearbeitet. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Erläuterungen kann jedoch nicht übernommen werden.