Arbeitsrechtliche Abfindungen


Grundsätzlich besteht für die Arbeitnehmer kein Anspruch auf Zahlung einer Abfindung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses. In folgenden Fällen ist der Arbeitgeber zur Zahlung einer Abfindung verpflichtet:
Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben die Zahlung einer Abfindung einzelvertraglich vereinbart. Der auf das Arbeitsverhältnis anzuwendende Tarifvertrag sieht die Zahlung einer Abfindung vor. Die Abfindung wird aufgrund einer betrieblichen Regelung oder betrieblichen Übung gewährt. Es gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz.
Nach § 1 a des Kündigungsschutzgesetzes können Arbeitnehmer bei betriebsbedingten Kündigungen wählen, ob sie binnen drei Wochen vor dem Arbeitsgericht klagen wollen oder sich eine Abfindung in gesetzlicher Höhe von einem halben Monatsverdienst pro Beschäftigungsjahr auszahlen lassen wollen. Dies setzt allerdings den Hinweis des Arbeitgebers in der Kündigung voraus, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt ist und der Arbeitnehmer bei Verstreichen lassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann. Unterlässt der Arbeitgeber diesen Hinweis, besteht kein Anspruch auf die Abfindung.
Das Arbeitsgericht verpflichtet den Arbeitgeber bei einer rechtswirksamen Kündigung zur Zahlung einer Abfindung. Das Gericht kann allerdings nur unter folgenden Voraussetzungen eine Abfindung festsetzen:
  • Wenn auf ein Arbeitsverhältnis das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet, d. h., das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat,
  • im Betrieb regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmer - ohne die Auszubildenden - beschäftigt sind,
  • der Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen nach Zugang der vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung gegen diese Kündigung Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erhoben hat,
  • das Gericht festgestellt hat, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst worden ist und
  • das Arbeitsverhältnis auf Antrag des Arbeitnehmers bzw. des Arbeitgebers durch Urteil aufgelöst wird, weil die Fortsetzung desselben nicht zumutbar bzw. eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit nicht zu erwarten ist.
  • Das Gericht entscheidet dann anhand des Einzelfalles über die Höhe der Abfindung. § 10 Kündigungsschutzgesetz stellt dafür einen Rahmen zur Verfügung, d. h., grundsätzlich kann als Abfindung ein Betrag in Höhe von bis zu 12 Monatsverdiensten festgesetzt werden. Hat der Arbeitnehmer das 50. Lebensjahr vollendet und das Arbeitsverhältnis mindestens 15 Jahre bestanden, kann ein Betrag bis zu 15 Monatsverdiensten, hat der Arbeitnehmer das 55. Lebensjahr vollendet und das Arbeitsverhältnis mindestens 20 Jahre bestanden, kann ein Betrag bis zu 18 Monatsverdiensten festgesetzt werden.
In der Praxis hat sich zur Berechnung der Abfindung als Faustregel ½ bis 1 Monatsverdienst pro Dienstjahr durchgesetzt. Zu Grunde gelegt wird das Bruttomonatsentgelt einschließlich Zulagen für Schicht-, Nacht- oder Gefahrenarbeit, Prämien oder Provisionen sowie Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld oder Tantiemen.
Die Zahlung einer Abfindung kann ferner auch durch einen Vergleich vor dem Arbeitsgericht vereinbart werden.
Der Richter wird in dem vorgeschalteten sog. Gütetermin versuchen, auf eine Einigung hinzuwirken. Kommt eine Einigung zustande, stellt sich meist die Frage nach der Gewährung einer Abfindung, auch wenn grundsätzlich keine Pflicht - weder für den Arbeitgeber noch für den Arbeitnehmer - zum Abschluss eines Vergleichs besteht.
Für den Arbeitgeber empfiehlt es sich, einen Vergleich mit vereinbarter Abfindung abzuschließen, wenn der Richter erkennbar der Auffassung ist, dass dem Arbeitnehmer zu Unrecht gekündigt wurde und ihm auf diese Weise der Kündigungsschutz abgekauft werden soll. Wenn dem Arbeitnehmer zwar zu Recht gekündigt wurde, der Arbeitgeber sich aber schnell von diesem Arbeitnehmer trennen möchte, empfiehlt sich ebenfalls, eine Abfindung festzulegen.
Spricht die Rechtslage hingegen nicht eindeutig für oder gegen den Arbeitgeber, sollte ein Rechtsstreit vermieden und aus Kostengründen ein Vergleich abgeschlossen werden. In diesen Fällen wird in der Regel ein halbes Bruttomonatsentgelt pro Beschäftigungsjahr für die Berechnung der Abfindung zu Grunde gelegt. Abweichungen nach oben oder unten ergeben sich je nachdem, ob die Erfolgsaussichten des Arbeitgebers oder Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess größer wären.
Beim nachfolgenden Bezug von Arbeitslosengeld werden Abfindungen prozentual angerechnet. Die Höhe der anrechenbaren Bezüge können Sie bei der Arbeitsagentur erfragen.
Eine Abfindung kann schließlich auch aufgrund eines Sozialplans gewährt werden, der zwischen dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber aus Anlass einer Betriebsänderung abgeschlossen wurde. Unter einer Betriebsänderung ist die Einschränkung oder Stilllegung des gesamten Betriebes oder zumindest wesentlicher Bestandteile zu sehen, aber auch Personalabbau aufgrund neuer Technologien, die Entlassung einer ganzen Arbeitsschicht oder Rationalisierungsmaßnahmen, die viele Arbeitnehmer den Arbeitsplatz kosten. Der Sozialplan dient dann als Überbrückungshilfe. Dies gilt allerdings nur für Betriebe mit in der Regel mehr als 20 Arbeitnehmern.
Die Höhe der Abfindung im Sozialplan hängt von den Verhandlungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber ab. Kommt keine Einigung zustande, entscheidet eine Einigungsstelle. In der Praxis der letzten Jahre lagen die Abfindungssummen zum Teil unter 50 % des Bruttomonatsentgelts, zum Teil sogar weit über einem Monatsentgelt pro Beschäftigungsjahr. Im Sozialplan können auch die Modalitäten einer Abfindungszahlung näher ausgestaltet werden, etwa dass ein Arbeitnehmer, der im Zusammenhang mit einer Betriebsstilllegung vorzeitig durch Eigenkündigung ausscheidet, eine niedrigere Abfindung erhält.
Stand: März 2017
Diese IHK-Information wurde mit der gebotenen Sorgfalt bearbeitet. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Erläuterungen kann jedoch nicht übernommen werden.