Betriebliches Eingliederungsmanagement

Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen am Stück oder wiederholt arbeitsunfähig, sind Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) anzubieten – geregelt in § 167 Abs. 2 SGB IX.

Das Ziel eines BEM:

die Rückkehr an den Arbeitsplatz unterstützen, einer erneuten Arbeitsunfähigkeit vorbeugen und den Erhalt des Arbeitsverhältnisses sichern.
Die Teilnahme am BEM ist für Beschäftigte freiwillig.
Das BEM gilt uneingeschränkt für alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und ist nicht auf Menschen mit Behinderung beschränkt. Auch Auszubildende sind umfasst.

Wichtig: Die sechs Wochen entsprechen 42 Tagen. Bei der Berechnung sind alle Tage der Arbeitsunfähigkeit zu berücksichtigen, also auch Kuren und Rehabilitationsmaßnahmen. Auch Tage, an denen der Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung schuldet (Feiertage, Wochenende etc.) sind in die Berechnung einzubeziehen.
Das Gesetz schreibt keine bestimmten Abläufe oder Formulare vor. Arbeitgeber haben daher Gestaltungsspielraum – z.B. können sie:
  • eine Betriebsvereinbarung zum BEM abschließen,
  • ein BEM-Team im Unternehmen benennen,
  • ein standardisiertes Verfahren etablieren, das dennoch auf individuelle Fälle flexibel eingeht.
Wichtig ist nur, dass die Beteiligten mit dem Verfahren vertraut sind und sensibel damit umgehen.
Je nach Fallkonstellation müssen verschiedene Akteure eingebunden werden:
  • Interessenvertretungen: Der Betriebsrat oder Personalrat ist zu beteiligen. Bei schwerbehinderten Beschäftigten zusätzlich die Schwerbehindertenvertretung.
  • Betriebsarzt oder Werksarzt: Wird „soweit erforderlich“ ebenfalls einbezogen – etwa zur Beurteilung gesundheitlicher Einschränkungen oder zur Beratung über mögliche Maßnahmen.
  • Externe Stellen: Kommen Leistungen zur Teilhabe in Betracht (z. B. technische Hilfen, Umschulungen), ist das Integrationsamt oder die örtliche gemeinsame Servicestelle hinzuzuziehen.

Wie läuft ein BEM-Verfahren ab?

  1. Feststellung des Auslösers: Arbeitsunfähigkeit von mehr als sechs Wochen im Jahr.
  2. Angebot an den/die Beschäftigten: Schriftliche Einladung zu einem BEM-Gespräch mit Hinweis auf Freiwilligkeit und Datenschutz.
  3. Zustimmung abwarten: Ohne Einwilligung kein Verfahren.
  4. Bildung eines BEM-Teams: Ideal ist ein Team aus HR, Betriebsrat, ggf. Schwerbehindertenvertretung und einer vom*von der Beschäftigten frei wählbaren Vertrauensperson.
  5. Erstgespräch führen: Klärung der Situation, des Unterstützungsbedarfs und möglicher Maßnahmen.
  6. Maßnahmen planen und umsetzen: Z.B. Anpassungen am Arbeitsplatz, stufenweise Wiedereingliederung, technische Hilfen, Reha.
  7. Begleitung und Evaluation: Verlauf dokumentieren, ggf. Maßnahmen anpassen.
  8. Abschluss des BEM: Ergebnis festhalten (z. B. erfolgreich abgeschlossen, abgebrochen, keine Einigung möglich).
Je nach Fall sind viele verschiedene Maßnahmen möglich, z. B.:
  • Arbeitsplatzanpassungen (z. B. ergonomische Hilfsmittel, flexible Arbeitszeiten)
  • Stufenweise Wiedereingliederung (nach medizinischer Reha)
  • Umschulungen oder Qualifizierungen
  • Rehabilitationsmaßnahmen
  • Technische Arbeitshilfen
  • Förderleistungen durch Renten- oder Unfallversicherung oder Integrationsamt
Die jeweiligen Rehabilitationsträger (z. B. Rentenversicherung, Unfallversicherung, Arbeitsagentur) prüfen den Bedarf und koordinieren die Leistungen. Arbeitgeber sind verpflichtet, diese Stellen einzubeziehen, wenn Leistungen zur Teilhabe oder begleitende Hilfen erforderlich erscheinen.
Wichtig: Ein unterlassenes BEM hat Auswirkungen auf die Darlegungs- und Beweislast im Kündigungsschutzprozess. Kommen Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen der Pflicht zur Durchführung des BEM nicht nach, kann nicht pauschal behauptet werden, es bestünden keine alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten. Arbeitgeber und Arbeitnehmerinnen innen müssen vielmehr umfassend und konkret vortragen, warum auf dem bisherigen Arbeitsplatz keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr besteht, eine leidensgerechte Anpassung des Arbeitsplatzes ausgeschlossen ist und ein alternativer Arbeitsplatz bei geänderter Tätigkeit nicht verfügbar ist. Als Arbeitgeber/Arbeitgeberin ist man einem erheblichen Risiko ausgesetzt, einen nachfolgenden Kündigungsschutzprozess zu verlieren, wenn vor der krankheitsbedingten Kündigung kein BEM durchgeführt wurde.

Unser Tipp:

Das Ministerium für Arbeit uns Soziales hat auf seiner Homepage ein umfassendes Informationsangebot u.a. mit einem FAQ-Katalog sowie einem BEM-Kompass für Arbeitgeber und Beschäftigte. Hier kommen Sie auf die Seite des Ministeriums

Stand: Juli 2025
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