Entgelttransparenzrichtlinie

Transparenz wird Pflicht: Was die neue EU-Richtlinie für Ihr Unternehmen bedeutet

Bis zum 7. Juni 2026 muss Deutschland die EU-Entgelttransparenzrichtlinie in nationales Recht umsetzen. Da konkrete Gesetzesentwürfe voraussichtlich erst spät vorliegen werden, bleibt Unternehmen nur wenig Zeit zur Vorbereitung.
Ziel der Richtlinie ist es, ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern aufzudecken, zu verhindern und bestehende Unterschiede auszugleichen. Künftig sollen Unternehmen Transparenz über Gehaltsstrukturen herstellen, damit Beschäftigte leichter erkennen können, ob sie fair bezahlt werden. Es gilt: Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit. Gleichwertige Arbeit bedeutet, dass eine Tätigkeit in Bezug auf Fähigkeiten, Verantwortung, Arbeitsbedingungen und Anstrengung vergleichbar sein muss.
Aktuelle Rechtslage
Bereits seit 2017 gilt in Deutschland das Entgelttransparenzgesetz, das die gleiche Bezahlung für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit fördert und Unternehmen zur Offenlegung ihrer Entgeltstrukturen verpflichtet.
Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten müssen den individuellen Auskunftsanspruch ihrer Mitarbeiter zu Entgeltstrukturen erfüllen. Bei tarifgebundenen und tarifanwendenden Arbeitgebern kann dieser auch kollektivrechtlich durch den Betriebsrat geltend gemacht werden.
Privatrechtlich organisierte Unternehmen ab 500 Beschäftigten sind aufgefordert, ihre Entgeltstrukturen auf Gleichbehandlung zu überprüfen. Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten, die nach dem Handelsgesetzbuch zur Erstellung eines Lageberichts verpflichtet sind, müssen alle drei Jahre einen Bericht zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit erstellen – bei tarifgebundenen Unternehmen alle fünf Jahre.

Im Folgenden die wichtigsten Änderungen durch die Entgelttransparenzrichtlinie im Überblick:

Bewerbungsverfahren
Künftig müssen Arbeitgeber das Einstiegsgehalt oder die Gehaltsspanne bereits in der Stellenausschreibung oder spätestens vor dem ersten Bewerbungsgespräch angeben. Falls ein Tarifvertrag Anwendung findet, sind auch die einschlägigen Regelungen offenzulegen.
Außerdem gilt: Fragen nach dem bisherigen Gehalt oder der Entgeltentwicklung früherer Tätigkeiten sind künftig nicht mehr zulässig.
Vergütungssystem
Arbeitgeber sind gefordert, ein Vergütungssystem einzuführen, das objektiv, geschlechtsneutral und gut nachvollziehbar ist. Das bedeutet, dass Beschäftigte, die gleiche oder gleichwertige Arbeit leisten, grundsätzlich Anspruch auf das gleiche Entgelt haben.
Für Vergütungssysteme werden künftig klare Maßstäbe definiert: Gleichwertige Arbeit ist anhand der Kompetenzen, Belastungen, Verantwortung und Arbeitsbedingungen zu bewerten – gegebenenfalls ergänzt um weitere jobbezogene Faktoren. Diese Kriterien müssen dabei stets objektiv und geschlechtsneutral festgelegt und angewendet werden.
Die Richtlinie spricht von "Entgelt". Das bedeutet, es geht nicht nur um das Grundgehalt, sondern auch um variable Gehaltsbestandteile, Vorteile in Geld oder Sachleistung.
Auskunfts- und Informationsrechte
Künftig haben Beschäftigte nicht nur Anspruch auf Auskunft über ihr eigenes Gehalt, sondern auch auf die Durchschnittsgehälter vergleichbarer Gruppen, getrennt nach Geschlecht. Unternehmen müssen zudem jährlich offenlegen, nach welchen objektiven und geschlechtsneutralen Kriterien die Vergütung festgelegt und entwickelt wird.
Gehaltsgeheimhaltungsklauseln, die Gespräche über das eigene Entgelt verbieten, sind künftig nicht mehr erlaubt.
Berichtspflichten zum Gender Pay Gap
Unternehmen müssen künftig je nach Größe regelmäßig Berichte zur Entgelttransparenz erstellen und veröffentlichen. Die Fristen gestalten sich wie folgt:
  • 250 oder mehr Mitarbeitende: erster Bericht bis 7. Juni 2027, danach jährlich; Vorlage an die noch zu bestimmende Aufsichtsbehörde. Der Bericht muss auch veröffentlicht werden.
  • 150 bis 249 Mitarbeitende: erster Bericht bis 7. Juni 2027, danach alle drei Jahre. Der Bericht muss auch veröffentlicht werden.
  • 100 bis 149 Mitarbeitende: erster Bericht bis 7. Juni 2031, danach alle drei Jahre. Der Bericht muss auch veröffentlicht werden.
  • Unter 100 Mitarbeitende: Bericht kann freiwillig erstellt werden; eine künftige Pflicht wird derzeit von einer Regierungskommission geprüft.

Fazit

Arbeitgeber sollten ihre bestehenden Gehaltsstrukturen frühzeitig prüfen und ein objektives, geschlechtsneutrales und nachvollziehbares Vergütungssystem etablieren. Je nach Unternehmensgröße kann die Überarbeitung von Vergütungssystemen einige Zeit in Anspruch nehmen – eine rechtzeitige Planung ist daher empfehlenswert.
Besonders wichtig ist dies, da die künftig bei der Aufsichtsbehörde einzureichenden Berichte zur Entgelttransparenz für Unternehmen ab 150 Mitarbeitenden bereits das Jahr 2026 abdecken.
Auch kleine und mittlere Unternehmen sollten frühzeitig aktiv werden, denn viele Auskunfts- und Transparenzpflichten gelten unabhängig von der Unternehmensgröße. Lediglich die Berichtspflichten greifen erst ab 100 Mitarbeitenden.
Diese Ausführungen können nur erste Hinweise geben und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl sie mit größtmöglicher Sorgfalt recherchiert und erstellt wurden, geben sie die Rechtsprechung und Rechtsentwicklung nur auszugsweise wieder und können eine individuelle Beratung durch einen Rechtsanwalt nicht ersetzen. Es kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.