Nachfolge ist weiblich

Bürokratie ist das größte Hindernis

Über Jahre hinweg hat Mann oder im Fall des Aktionstags „Nachfolge ist weiblich“ Frau ihr ganz eigenes kleines oder großes Imperium aufgebaut, Zeit, Herzblut und Geld in ihr Unternehmen gesteckt. Wer jahrzehntelang nach dem Motto „selbst und das ständig“ gearbeitet hat, braucht irgendwann eine Rückzugsmöglichkeit. Wenn Angestellte einfach in Rente gehen, stellt sich für Selbstständige die Frage: Was geschieht mit meinem Lebenswerk? 
Der Arbeitskräftemangel insgesamt, unsichere Rahmenbedingungen, Inflation und vor allem bürokratische Hindernisse haben das Interesse an Unternehmensnachfolge schrumpfen lassen. Der von Handwerkskammer, IHK und Agentur für Arbeit organisierte Aktionstag in der Bildungsakademie der Handwerkskammer hat ganz unterschiedliche Lebens- und Nachfolgemodelle vorgestellt.
IHK-Vizepräsidentin und Geschäftsführerin der Connect Personal Service GmbH, Ariane Durian, beispielsweise ist eine von den Suchenden. Sie hatte sich eigentlich rechtzeitig auf den Weg gemacht, hatte sogar schon jemanden gefunden, der sie letzten Endes aber im Stich gelassen hat. Ariane Durian ist nicht der Erlös wichtig, sondern es geht ihr darum, dass ihre Firma in gute Hände kommt. „Ehe ich für viel Geld an einen Großkonzern verkaufe, mache ich lieber zu“, erklärt sie entschieden.  Trotzdem ist das für sie nur der letzte Ausweg. 
Der Arbeitsmarkt hat sich gravierend verändert
Die Tochter eines Unternehmers, von dem sie sich „viel abgeschaut hat“, hat über den zweiten Bildungsweg Karriere gemacht. Jetzt will sie andere unterstützen, die durch das Standardraster fallen. „Wir müssen uns öffnen für Wieder- und Quereinsteigende, für über 50- und 60jährige oder sogar für Rentnerinnen und Rentner. Der Arbeitsmarkt hat sich gravierend geändert. Früher hatten wir 20 bis 40 Bewerbungen pro Tag, heute sind wir glücklich wenn es fünf sind.“ 
Eine, die Glück bei der Übergabe hatte, ist Sabine Abrolat von der RES-EBERT GmbH & Co. KG. Gegründet wurde die Firma für Auftrittsdesign von ihrer Oma, die schon die ersten Bambi-Verleihungen ausgestattet hat. Sabine Abrolat ist im Betrieb groß geworden, hat schon als Kind Äste gesucht und andere Requisiten und ist über den Umweg eines Studiums letztlich wieder in Omis Firma gelandet. Nach einigen Jahrzehnten der alleinigen Geschäftsführung hat sie das Unternehmen jetzt an einen ehemaligen Auszubildenden übergeben. Das Vertrauen ist groß, er kennt das Geschäft und so kann sie ihn in Ruhe wirken lassen. Freiberuflich ist Sabine Abrolat „ihrem“ Unternehmen treu geblieben.
Nicht neben der Oma, sondern an der Seite ihres Vaters ist Christin Lang in dritter Generation in die Geschäftsführung der Autohaus Lang am Ostring GmbH eingetreten. Ihr Problem: Vom „Mädle“ zur ernstzunehmenden Frau zu werden. „Der Papa hat mich am Anfang immer davor bewahrt, Fehler zu machen. Ich musste erst lernen, dass ich auch mal Fehler machen muss, um mich weiterzuentwickeln.“ Ihr Credo: Authentisch bleiben, damit die Mitarbeitenden einen akzeptieren. Außerdem haben ihr Netzwerke geholfen wie die Wirtschaftsjunioren, deren Vorsitzende sie in diesem Jahr ist. 
Melanie Temme, ehemalige Geschäftsführerin der Malerfachbetrieb Koppenhöfer GmbH, hat den Schritt von der Selbstständigkeit weg hin zum Angestelltenverhältnis lange vor Renteneintritt vollzogen und ist glücklich damit. Sie hat sich für die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie entschieden. 
Insgesamt sind es nach Expertenansicht die bürokratischen Regelungen, durch die die Bereitschaft der jungen Generation, eine Firma zu übernehmen, deutlich nachlässt. 
An Thementischen stellten die drei gastgebenden Institutionen ihr Leistungsangebot vor.