Keine Angst vor großen Schuhen

Was haben Schuhe und Arbeit gemeinsam? Für manche ist der Schuhkauf selbst mit Arbeit verbunden, für andere ist der Schuhverkauf Teil ihres Jobs, die meisten Menschen sind der Meinung, ohne Schuhe sollte man nicht zur Arbeit gehen und ohne Arbeit kann man sich keine teuren Schuhe leisten. Auf den ersten Blick enden damit aber auch die Parallelen. Die Systemische Beraterin Petra Kuch hat den Vergleich deutlich weiter gefasst. In ihrem unterhaltsamen Vortrag „Keine Angst vor großen Schuhen“ bei der Karlsruher Veranstaltung der Frauenwirtschaftstage in der Bildungsakademie der Handwerkskammer, zog sich die Schuhmetapher durch ihre gesamten Ausführungen.
Thematisch ging es um die Gestaltung des Neuanfangs, ob nun auf einer Angestelltenposition oder in der Nachfolge eines Unternehmens. Ausgehend von der Frage: „Warum wollen Menschen neue Schuhe?“ lieferte die Expertin Antwortmöglichkeiten, die in ähnlicher Art und Weise auch auf die entsprechende Frage: „Warum wollen Menschen einen neuen Job?“ passen: Die Füße haben sich verändert/man kann körperlich den Job nicht mehr ausüben, der Geschmack hat sich verändert, man hat keinen Halt mehr im Schuh/fühlt sich unsicher, die Passform stimmt nicht oder der Schuh stinkt einfach.
„Hilfe findet man in einem Fachgeschäft oder einem Onlineshop, bzw. bei Jobbörsen in Internet oder aber bei der Agentur für Arbeit, der IHK und der Handwerkskammer. Ganz wichtig ist es dabei, die eigenen Werte zu checken.“ Entscheidend sei neben einer Frage nach den Werten (vegan/nachhaltig) auch die Überlegung: „Was brauche ich im Monat, um gut leben zu können?“ Ist die erste Entscheidung gefallen (vielleicht mit Hilfe des Bekanntenkreises, möglichst ohne auf Bedenkenträger aus der eigenen Familie zu hören), empfiehlt Petra Kuch ein Probelaufen, sprich Praktikum oder Probearbeiten. Die Expertin rät dazu, sich nicht unter Druck zu entscheiden, darüber zu schlafen und die Zahlen, Daten und Fakten zu checken.
Im Fall der Betriebsübernahme müsse man schauen, ob die auf die Vorbesitzerin oder den Vorbesitzer geschneiderten Maßschuhe auch passen und ob man mit dem Leisten zurechtkommt. Petra Kuchs Empfehlung lautet: „Schultern nach hinten unten. Das wirkt immer bei denjenigen, die einem Job oder Amt neiden und an einem zweifeln. Seien Sie mutig und zuversichtlich!“
Einfach machen, wenn das Herz dafür schlägt
Anschließend interviewte Alexandra Keim, Gleichstellungsbeauftragte des Landratsamts Karlsruhe die Inhaberin der Liebenzeller Marzipan- und Schokoladenmanufaktur, Andrea Matt. Sie ist zwar nicht vom Fach, wie sie selbst erzählt, liebt aber Schokolade und wollte sich vor allem gerne selbstständig machen. Ihre Vorgängerin hatte sie auf einer Messe kennen gelernt. Zwei Jahre später kam die Anfrage. Auch sie musste sich dem Gegenwind stellen. Ohne Probelauf zog sie die neuen Schuhe an. „Ich bereue es im Nachhinein, mir keine Unterstützung geholt zu haben. Aber irgendwie hat es trotzdem geklappt. Vielleicht wäre es nur ein bisschen leichter gewesen.“ Ihr Rat: „Sich absichern, abwägen, dann einfach machen, wenn das Herz dafür schlägt.“
Thementische
An verschiedenen Thementischen gab es für die Gäste schließlich noch Einblicke in das anderthalbjährige Führungskräftetraining beim Landratsamt. Wie Ronja Kretzler und Hannah Gromer erzählen, werden die Workshops alle zwei Jahre Personen angeboten, die sich vorstellen können, Führungskraft zu werden oder die frisch als Führungskraft eingestiegen sind. Man muss sich allerdings bewerben, um einen der begehrten 15 Plätze zu ergattern. Es geht um Fragen wie „Was macht eine gute Führungskraft aus“, „Wie gehe ich mit Konflikten um?“ oder „Wie führe ich Mitarbeitergespräche“ und nicht zuletzt auch um die Bildung eines internen Netzwerks.
Der Jobcenter Stadt Karlsruhe hatte Doris mitgebracht, die vor 20 Jahren aus Frankreich nach Deutschland gekommen ist, ihren Ehemann an Krebs verloren hat und mit ihren beiden Töchtern seither darum kämpft, als Fremdsprachensekretärin mit einem Aufbaustudium als Europabetriebswirtin ihren eigenen Lebensunterhalt zu verdienen. In einer ganz anderen Branche hat sie endlich geschafft, eine feste Stelle zu finden: Doris arbeitet seit kurzem in der Krebsberatung der AWO und möchte dort auch möglichst bis zur Rente bleiben. Sie selbst glaubt schon, dass ihre Hautfarbe bei Bewerbungen ein Problem war. Umso glücklicher ist sie, endlich einen passenden Job gefunden zu haben.
Interessant war auch der Einblick in das Wissensmanagement der Stadt Karlsruhe, das dafür sorgt, dass Wissen bei einem Wechsel auf einer bestimmten Position erhalten bleibt. Der Fahrplan ist schriftlich festgehalten: Austritt steht bevor, Kontaktaufnahme mit dem Wissensmanagement, Auftaktgespräch mit dem Wissensträgerin oder Wissensträger, zwei bis drei moderierte Interviews Erstellen der Wissenslandkarte, anwenden weiterer Werkzeuge und schließlich die Wissensweitergabe an die Nachfolge.

Veranstaltende der Frauenwirtschaftstage in Karlsruhe sind die Handwerkskammer Karlsruhe, die IHK Karlsruhe, die Agentur für Arbeit Karlsruhe-Rastatt, die Stadt Karlsruhe, der Landkreis Karlsruhe, die Jobcenter Karlsruhe Stadt und Land und die VHS.