Attraktiv durch die Vier-Tage-Woche

Der Weg von der Sechs-Tage und 60-Stunden-Woche im Jahr 1900 bis zur Vier-Tage und 34-Stunden-Woche im Jahr 2023 war gar nicht mal so lang. 26 Stunden Arbeitszeit sind im Laufe von nur 123 Jahre verloren gegangen. In seinem Vortrag zum neuen Arbeitszeitmodell der Decor-Technik Group aus Eggenstein warf Geschäftsführer Fabian Klausmann einen Blick zurück. Am Praxistag der Fachkräftewoche von IHK, Agentur für Arbeit und Handwerkskammer drehte sich alles um das Thema Arbeitgeberattraktivität. 

Die zwei Impulsvorträge von Fabian Klausmann und Marcus Fränkle, Direktor des Durlacher Hotels „Der Blaue Reiter“ und Geschäftsführer von Vorreiter Consulting, gaben interessante Einblicke in die Vier-Tage-Woche. Bei Fränkle ist das Modell eingebettet in die Sieben Säulen der Mitarbeiterbindung: Gesundheit, Sicherheit, Wissen, Freizeit, Soziales, Finanzen und Extras. Neben Sabbaticals, Sprachkursen und Gesundheitsprämie war der Schritt zu drei wöchentlichen Freizeittagen der wohl drastischste. „Wir haben das nicht aus Werbezwecken umgesetzt, sondern aus Leidenschaft und zur Verbesserung der Work-Life-Balance“, erzählt Fränkle.
Am Anfang musste erst einmal Überzeugungs- und Aufklärungsarbeit geleistet werden, beispielsweise was Urlaubstage angeht. Alle Verträge mussten geändert werden. Prozesse mussten optimiert werden, unter anderem werden sonntags nur noch die bewohnten Zimmer geputzt und das Tagungsbüro hat am Abend nicht mehr geöffnet. Außerdem wurden Preise erhöht. Das Ganze ist eben ein Work in Progress.
„Wir mussten völlig neu denken, natürlich immer im Sinne des Gasts“, so Fränkle. „Die einzelnen Modelle wurden im Laufe der anderthalb Jahre, die das Projekt bereits läuft, angepasst“, berichtet der Hoteldirektor. Inzwischen besteht sowohl die Möglichkeit einer 34-Stunden-Woche mit 8,5 Stunden Arbeitszeit pro Tag. Aber es besteht auch die Möglichkeit der 38-Stunden-Woche mit 9,5 Stunden pro Tag und, wer mehr verdienen möchte, kann auch 42,5 Stunden die Woche arbeiten. Die Bezahlung ist laut Fränkle übertariflich. 90 Prozent der Mitarbeitenden sind inzwischen glücklich mit der Vier-Tage-Woche. 
Am Anfang stand ein Fragebogen
Bei der Decor Technik sind es sogar 100 Prozent. Allerdings sei dort der Freitag ohnehin nur ein halber Tag gewesen, wie Fabian Klausmann berichtet. Das Unternehmen, das die Entwicklung und den Vertrieb von Emblemen und elektromechanischen Produkten im Portfolio hat, hat sich dem Thema schrittweise genähert. „Am Anfang stand ein Fragebogen, der im Team besprochen wurde, dann folgte ein Probezeitraum von drei Monaten. Anschließend haben wir das Feedback eingeholt und ausgewertet und eventuelle Anpassungen einfließen lassen“, so Klausmann. Vor allem ging es darum, mehr Zeit für Familie, Hobbies, Ehrenamt, Sport und gesunde Ernährung zu haben und natürlich auch darum, die psychische Belastung zu reduzieren. 
Workshop mit Kopfstandtechnik
Trainer Kai Pustlauk von der NonConform Marketingberatung sorgte anschließend mit einigen Übungen für eine gesunde Abwechslung für die Teilnehmenden. Er gab Einblicke in Schuhverkaufspraktiken und erklärte, wie man mit Hilfe der Kopfstandtechnik auch Lösungen „Out of the Box“ finden kann. Anhand von einigen, teils auch verrückten, Ideen, wie man Arbeitgeberattraktivität auf keinen Fall steigern kann, entwickelten die Teilnehmenden interessante Ideen. 
Info: claudia.nehm@karlsruhe.ihk.de, www.ihk.de/karlsruhe Nr. 4345752