Fachkräfte-Roadshow tourt durch die Region

Hauptsache zuverlässig, loyal und fleißig

Über 100 Rosen haben die Expertinnen und Experten von IHK, Arbeitsagentur und Welcome Center im Laufe ihrer zweiwöchigen Fachkräfte-Roadshow verteilt. Getreu dem Motto der Kampagne „Ja, ich will!“ war die Rosenübergabe Symbol für das erfolgreiche gegenseitige Werben von Arbeitgebern um Fachkräfte und von Fachkräften um Arbeitgeber. Der frühlingsgrasgrüne Sprinter im Pop-Art-Design, das so genannte Fachkräfte-Mobil, machte Ende Juni Station in Karlsruhe, Rastatt, Rheinstetten, Pfinztal, Bretten und Bruchsal.
Für Nina Scheitweiler, Personalentwicklerin und Ausbildungsbetreuerin bei der VR Payment GmbH in Karlsruhe hat sich die Teilnahme an sogar zwei Matching-Terminen der Fachkräfte-Roadshow gelohnt: „Man merkt genau: Wer hierher kommt, hat auch echtes Interesse. Im persönlichen Gespräch kann man schnell die Potenziale erkennen.“ Wer unter ihre Fittiche kommt, wird auch mal bei Problemen im privaten Bereich unterstützt. Die Azubis wissen das zu schätzen. „Auch Geflüchtete nehmen wir gerne bei uns auf“, erzählt die Personalentwicklerin. In Rastatt berichtet sie von einer Mutter, die sie beim Matching am Vortag vor der Agentur für Arbeit in Karlsruhe getroffen hat. „Ihr Sohn hat Abitur, hat aber seine Ausbildung abgebrochen. Ich habe gleich mal die Bewerbungsunterlagen mitgenommen. Dialogmarketing wäre vielleicht etwas für ihn“, überlegt sie.  
Auch IHK-Vizepräsidentin und Geschäftsführerin der CONNECT Personal-Service GmbH, Ariane Durian, war begeistert von ihren zwei Matching-Teilnahmen in Rastatt und vor dem IBZ in Karlsruhe. Sie ist nicht nur mit angehenden Fachkräften ins Gespräch gekommen, sondern konnte auch das eine oder andere Unternehmen auf Personalsuche beraten.  
Bei dem Matching in Rastatt ging es sowohl um Ausbildung als auch um Wieder- oder Quereinstieg, bei dem Termin vor der Arbeitsagentur stand Ausbildung im Mittelpunkt und beim IBZ wurden Fachkräfte aus dem Ausland gesucht. Eine Frau aus der Ukraine, die in ihrer Heimat als Busfahrerin gearbeitet hat, kam vorbei und konnte von der Beraterin der Arbeitsagentur erfahren, dass es eine spezielle Maßnahme gibt, in der sie auf die Arbeit im Personennahverkehr in Deutschland vorbereitet wird. Fatima, eine Schülerin der berufsbildenden Schulen, interessiert sich besonders für den Pflegebereich. Ihr Wunsch: Unabhängig von einem Partner, ihr eigenes Geld zu verdienen, um ihre bald zehnköpfige Familie unterstützen zu können. Vor sechs Jahren ist Fatima mit ihren Eltern und Geschwistern aus Afghanistan nach Deutschland geflohen. Beim Job-Matching vor der Badnerhalle In Rastatt hat sie darum auch den Stand des Klinikums Mittelbaden im Auge. Ihre größte Sorge, ihr Kopftuch könnte ein Hindernis bei der Einstellung sein. Patricia Montbrun, Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt, nimmt ihr die Angst: „Gerade im Pflegebereich dürfte das eigentlich kein Problem sein. Notfalls wäre es aber auch möglich, eine Haube zu tragen.“  Julia Laubel, Personalentwicklerin am Klinikum, ist froh um jede potenzielle Fachkraft.  Sie ist dankbar für die Möglichkeit des Matchings. „Ich habe schon zehn Gespräche geführt, sowohl mit angehenden Azubis als auch mit Wiedereinsteigerinnen. Personal fehlt uns vor allem im Bereich Pflege in Pflegeheimen.“
Simon Hegele hat eine ganze Reihe unterschiedlicher Berufe im Angebot: Vom Staplerfahrer über die Fachkraft Lagerlogistik und die Elektroniker in der Gebäudetechnik bis hin zu Kaufleuten für Büromanagement sucht das Logistikunternehmen Fachkräfte. Ausbilderin Gina Köhler erkennt ein „großes Interesse“ bei den jungen und auch älteren Besucherinnen und Besuchern des Matchings, sowohl „für Praktikum und Ausbildung als auch für unsere Berufe selbst“.
Heike Greczko, Stellvertretende Leiterin der Volkshochschule, hatte die Teilnehmenden ihrer A1- und A2 -Deutschkurse zum Matching vor dem IBZ geschickt. „Unsere Schülerinnen und Schüler sind sehr glücklich über diese Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen. Ich finde es gut, dass sie hier den Mut aufbringen müssen, ihre Sprachkenntnisse direkt anzuwenden und dabei sehr herzlich aufgenommen werden.“ Die Malaysierin Shian Li zum Beispiel findet es toll, dass die Unternehmen „uns hier wirklich kennen lernen und wir einen persönlichen Eindruck hinterlassen können.“ Die Handelsmanagement-Studentin erzählt: „Einige der Firmen waren für mich wirklich interessant, zum Beispiel VR Payment, ProServ oder Auch bei Media Lab könnte sie sich vorstellen, zu arbeiten.
Eine gefragte Ansprechpartnerin ist auch Petra Bender, Leiterin des Welcome Center  der TechnologieRegion Karlsruhe. Sie macht zwar keine Jobvermittlung im klassischen Sinn, kümmert sich aber um Fachkräfte aus dem Ausland und stellt gerne Kontakte zu den Unternehmen her, die auf der Suche sind. Auf der Suche ist auch Brigitte Herrbach-Schmidt, allerdings nicht für sich, sondern für einen Radiotechniker aus Afghanistan, um dessen Familie sie sich kümmert.  „Leider hat er Probleme mit der deutschen Sprache. Schulisches Lernen liegt ihm nicht und er möchte eher bei der Arbeit Deutsch lernen.“
Bei ProServ, Produktionsservice und Personaldienste GmbH, in Karlsruhe „bekommt jeder eine Chance“, erklärt  Niederlassungsleiter Niko Caleta. „Wenn jemand scheitert, dann scheitert er an sich selbst.“ Caleta schaut nicht so sehr auf Zeugnisse, sondern auf die Persönlichkeit. „Wir hatten schon Mitarbeitende, die am Anfang nicht viel vorzuweisen hatten, sich dann aber als High Performer entpuppt haben.“ Selbst wenn die Deutschkenntnisse kaum vorhanden sind, bekommen Bewerberinnen und Bewerber die Gelegenheit, innerhalb von einem Jahr Seite an Seite mit einem Mentor zu arbeiten und während der Arbeit Deutsch zu lernen.

Beratung per Mobil auf Abruf

Die Roadshow bestand aus drei Säulen, wie Simone Heinrich, Leiterin Kommunikation bei der IHK und Projektleiterin der Kampagne, erklärt. „Neben den Matching-Terminen und den Thementagen gab es auch noch das Mobil auf Abruf. Unternehmen haben ihr Interesse an bestimmten Themenbereichen signalisiert und zwei bis drei Expertinnen und Experten haben anschließend vor Ort im Betrieb zu Ausbildung, Arbeitgeberattraktivität, Wiedereinstieg oder Weiterbildung beraten.“   
Die BBBank in Karlsruhe erhoffte sich zum Beispiel neue Kanäle, um ihr Azubi-Projekt „Zeit für Veränderung“ zu bewerben. Seit zehn Jahren arbeitet Personalleiterin Sibylle König an ihrem Herzensprojekt, bei dem es darum geht, ältere Menschen, beispielsweise nach einer Familienzeit oder in einer Neuorientierungsphase, eine Chance auf eine Ausbildung zum Bankkaufmann/frau zu geben. „Unser Ziel ist es, qualifizierte Auszubildende zu finden, die mit einer entwickelten Persönlichkeit punkten können.“ Bisher wurden 30 Männer und Frauen im Alter zwischen 30 und 52 mit „Zeit für Veränderung“ ausgebildet. „Sie haben oft eine größere Loyalität, kommen bei den Kundinnen und Kunden gut an und bringen Ruhe in die Berufsschulklassen. Leider sind unsere Klassen nicht voll genug. Wir würden gerne viel mehr Azubis einstellen.“
Auch die Stadtwerke Bretten sehen sich selbst als durchaus attraktiven Arbeitgeber. Personalerin Katarina Schuler-Heck und der kaufmännische Leiter, Alexander Bassler, tun schon einiges in Sachen Flexibles Arbeiten und Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Trotzdem haben sie besonders in einem Bereich Probleme, Fachkräfte zu finden. „Wir suchen händeringend nach Bademeistern, bzw. Fachkräften für Bäderbetrieben. Hier können wir kaum mit Mobilem Arbeiten punkten.“ Peter Minrath, Leiter Fachkräftesicherung bei der IHK, Patricia Montbrun von der Arbeitsagentur und Claudia Nehm, zuständig für die Thematik Beruf und Familie bei der IHK empfahlen, auf die speziellen Vorzüge dieser Tätigkeit hinzuweisen und schon die Stellenanzeigen anders zu gestalten.“
Lena Ziroli von der IT-Firma Objektkultur in der Karlsruher Innenstadt, hat in ihrem Recruiting-Team auch Developer und Infomatiker, „die zu 30 bis 50 Prozent von ihrer eigentlichen Tätigkeit freigestellt sind.  Das hat sich bewährt bei der Suche nach Personal, weil sie direkt aus den Projekten erzählen können und aus ihrem Arbeitsalltag“. Ein Tipp für Objektkultur, für die vor allem die Chemie und der Charakter stimmen muss: Früher ansetzen. Nicht erst an der Hochschule, sondern schon in den Schulen auf sich aufmerksam machen.
Maria Schmidtheisler, Human Resources Administrator bei Ipetronik, ist extra aus Baden-Baden zum Thementag vor dem Hubwerk01 in Bruchsal gekommen, um sich beraten zu lassen. Auch ihr Unternehmen bietet schon einiges, vor allem in Sachen Betriebliches Gesundheitsmanagement. Trotzdem war sie dankbar, für zusätzliche Tipps in Sachen Rekrutierung.
Auch in Pfinztal bei Weiß & Müller Maschinenbau hat das Fachkräfte-Mobil Station gemacht. Der kleine Betrieb mit nur vier festen Mitarbeitenden tut viel für seine Leute. Peter Müller gibt auch mal Freizeittipps, erzählt von Festen und Badeseen, damit sich seine Fachkräfte aus Italien und Spanien wohlfühlen. Das Geschäft läuft gut, erzählt er, „aber ich muss oft Aufträge ablehnen, weil ich nicht genügend Personal habe. Viele die zu den Bewerbungsgesprächen kommen, sind schlecht vorbereitet, schlecht qualifiziert und haben oft nicht einmal Lust, zu arbeiten.“ Gerne würde er seine gesuchten Zerspanungsmechaniker selbst ausbilden, aber dazu bräuchte er mehr Personal. Die IHK will nun unterstützen bei der Suche nach Verbundpartnern. Das Welcome Center kann mit Kontakten zu ausländischen Fachkräften helfen.
Deutlich größer ist EDEKA Südwestfleisch in Rheinstetten. Der Fachkräftemangel ist der gleiche. Das Fleischwerk hat mit vielen Vorurteilen zu kämpfen. "Bei uns trifft Tradition auf Moderne. Wir stehen für Herzlichkeit, Frohsinn und Schaffensgeist“, erzählt Carina Kunz, Leiterin Personalentwicklung & Ausbildung. „Auch wenn es mal anstrengende Tage gibt, bewahren wir stets einen kühlen Kopf. Das hat nicht zuletzt mit unserem Arbeitsplatz im hochtechnologisierten Industriekühlschrank zu tun.“ Vielen ist gar nicht bewusst, dass in Rheinstetten Technik- und Handwerkfans voll auf ihre Kosten kommen und man sehr vielfältig arbeiten kann. „Dafür suchen wir natürlich auch die entsprechenden Fachkräfte."
Hochqualifizierte Software-Entwickler sucht die Emmtrix Technologies, die mit ihren zehn Mitarbeitenden in der Technologiefabrik sitzen. Sie ist die vorerst letzte Station  des Mobils auf Abruf. Aber auch wenn der geliehene Sprinter wieder zurückgegeben werden musste, die Expertinnen und Experten von IHK, Agentur für Arbeit und Welcome Center stehen auch weiterhin bei Fachkräftesorgen zu Verfügung.
„Seit Jahren schon stehen Fachkräftemangel und Fachkräftesicherung im Fokus unserer Arbeit. Der Fachkräftemangel ist nach wie vor eines der größten Geschäftsrisiken für die Betriebe. Unsere gemeinsame Fachkräfte-Roadshow ist die logische Konsequenz aus den Klagen der Unternehmen und zugleich auch das Signal, vor Ort aktiv zu sein.” (I. Vizepräsident der IHK Karlsruhe, Volker Hasbargen, zum Auftakt der Roadshow bei der Auftaktpressekonferenz)
Eine ganze Reihe von Bewerbungsunterlagen haben im Laufe der zehntägigen Roadshow die Besitzerinnen und Besitzer gewechselt, Vorstellungsgespräche und Praktikumstermine wurden vereinbart. Die Unternehmen im gesamten IHK-Bezirk, von Banken über Kliniken und IT-Unternehmen bis zu kleinen gewerblich-technischen Betrieben, alles suchen sie händeringend nach qualifiziertem Personal. Wobei qualifiziert vor allem drei Dinge bedeutet: zuverlässig, loyal und fleißig. Bei vielen Betrieben spielt nicht einmal mehr die Sprache eine Rolle. Deutschlernen bei der Arbeit ist inzwischen ein gängiges Prozedere.

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