IHK-Energiewendebarometer 2025 für Baden-Württemberg

Die Wirtschaft in Baden-Württemberg sieht nach wie vor deutlich mehr Risiken als Chancen für die eigene Wettbewerbsfähigkeit durch die Energiewende. Die Unternehmen blieben somit skeptisch. Das ist das zentrale Ergebnis des aktuellen IHK-Energiewende-Barometers fürs Land.
Auf einer Skala zu den Auswirkungen, die von -100 für „sehr negativ“ bis +100 für „sehr positiv“ reicht, ergibt sich ein Wert von -9 für alle Branchen, für Industrieunternehmen allerdings immer noch deutlich schlechter von -23. „Damit ist die Unternehmersicht auf die Energiewende zwar nicht mehr so skeptisch wie in den beiden Vorjahren. Die Einschätzungen verharren aber weiter im negativen Bereich. Entwarnung kann somit nicht gegeben werden. Vielmehr herrscht nach wie vor große Unsicherheit bei den Betrieben. Das Vertrauen in die Energiepolitik fehlt“, fasst Dr. Jan Stefan Roell, Präsident des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertages (BWIHK), den Kern der Ergebnisse zusammen.

Energiepreise belasten und drücken auf das Investitionsklima

Nach wie vor liegen die Preise für Gas und Strom höher als vor Beginn russischen Großinvasion in der Ukraine. Die Energiepreise verbleiben zudem auf einem im internationalen Vergleich hohen Niveau. Die hohen Energiepreise drücken dabei auch auf die Investitionsfähigkeit der Betriebe. So geben fast drei von zehn Unternehmen an, Investitionen in wichtige Kernprozesse zurückzustellen. Ein gutes Fünftel kann sich zudem nach eigenen Angaben mit weniger Mitteln im Klimaschutz engagieren. In der Industrie fallen die Werte teils spürbar höher aus. „Die Rückstellung von notwendigen Investitionen in die Aufrechterhaltung und Zukunftsgestaltung der Betriebe ist dabei besonders kritisch zu sehen. Diese Investitionen werden benötigt, um technologische Lösungen für Energiewende und Klimaschutz zu entwickeln. Dies zeigt, dass Entlastungen bei den Energiepreisen für die gesamte Wirtschaft – wie im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vorgesehen – dringend erforderlich sind“, führt der BWIHK-Präsident aus.

Immer häufiger Verlagerungen ins Ausland

Etwa jedes fünfte BW-Unternehmen erwägt mittlerweile auch die Verlagerung von Kapazitäten ins Ausland oder die Einschränkung der Produktion im Inland. Mehr als jeder zehnte Betrieb hat eine solche Maßnahme inzwischen bereits realisiert oder in Umsetzung. Besonders betroffen sind große Industrieunternehmen mit 500 und mehr Beschäftigten; die Tendenz ist zudem seit Jahren steigend. „Es geht nicht darum, den Standort Baden-Württemberg schlechtzureden. Mit Blick auf die Zahlen müssen wir aber daran appellieren, dass endlich ein Umdenken stattfindet. Die Wirtschaft benötigt dringend stabile Rahmenbedingungen mit einer verlässlichen Energieversorgung und wettbewerbsfähigen Preisen“, betont Roell.

Bürokratie und fehlende Planbarkeit bremsen

Dennoch gilt: Die Unternehmen erkennen ihre Schlüsselrolle zur Erreichung der Klimaneutralität an. Sie optimieren seit Jahren ihre Energieversorgung und den Energieverbrauch – insbesondere durch Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz. 71 Prozent der Südwestbetriebe bemängeln zu viel Bürokratie bei Energie- und Klimaschutzmaßnahmen – ein Anstieg um fast zehn Prozentpunkte zum Vorjahr. Fehlende Informationen und mangelnde Planbarkeit der Energiepolitik sind für 62 Prozent der Unternehmen, langsame Genehmigungsverfahren für 43 Prozent die größten Hemmnisse für mehr betriebliche Maßnahmen auf dem Weg zur Klimaneutralität. Die Politik ist deshalb dringend aufgefordert, hier endlich entschlossen zu handeln.

Jetzt gilt es: Politik muss zügig und umfassend reagieren

Die Haupthemmnisse für unternehmerische Transformationsbemühungen liegen nach wie vor in Handlungsfeldern, die vielfach von der Politik direkt geändert werden können und müssen. Nach Auffassung der Wirtschaft gibt es zudem auch bei den energiepolitischen Rahmenbedingungen für die Energiewende noch einiges zu tun, wie die Umfrage aufzeigt. Dies gilt vor allem für die Senkung von Steuern und Abgaben auf Energie, den Ausbau der Energieinfrastruktur inklusive Netzausbau und Wasserstoffzugang, Technologieoffenheit und Freiwilligkeit bei Energieeffizienzmaßnahmen und den Erhalt der einheitlichen Strompreiszone. „Die Wirtschaft im Land ist bereit für den Wandel. Sie erwartet von der Politik aber endlich bessere Rahmenbedingungen mit weniger Regulatorik und planbaren, wettbewerbsfähigen Energiemärkten“, so Roell abschließend.

Informationen zur BW-Auswertung zum IHK-Energiewende-Barometer

Der BWIHK veröffentlicht hier die Auswertung des Energiewende-Barometers für Baden-Württemberg. Dieses fasst verschiedene Ergebnisse einer Online-Unternehmensbefragung zusammen, an der sich IHK-Unternehmerinnen und -Unternehmer bundesweit beteiligt haben. Ziel des Barometers ist, jährlich eine umfassende Bewertung von Wirtschaftsakteuren hinsichtlich Fortschritte bei Energiewende und aktueller Klima- und Energiewendepolitik in Deutschland und Baden-Württemberg zu erhalten.
Die Befragung wurde seit dem Start 2012 nun zum 13. Mal durchgeführt; der Zeitraum für 2025 erstreckte sich vom 10. bis 30. Juni 2025. Deutschlandweit haben sich 4.588 Unternehmen an der Befragung beteiligt, wovon 569 Betriebe – davon 257 Industrieunternehmen – aus Baden-Württemberg stammen.
Der Baden-Württembergische Industrie- und Handelskammertag (BWIHK) ist eine Vereinigung der zwölf baden-württembergischen Industrie- und Handelskammern (IHKs). In Baden-Württemberg vertreten die zwölf IHKs die Interessen von mehr als 650.000 Mitgliedsunternehmen. Zweck des BWIHK ist es, in allen die baden-württembergische Wirtschaft und die Mitgliedskammern insgesamt betreffenden Belangen gemeinsame Auffassungen zu erzielen und diese gegenüber der Landes-, Bundes- und Europapolitik sowie der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) und anderen Institutionen zu vertreten.
Diese und weitere Pressemeldungen finden Sie hier – die komplette Auswertung des BW-Energiewendebarometers dort.
Quelle: BWIHK