Sanktionsumgehungen - was müssen Sie beachten?
Die EU hat als Reaktion auf den völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zahlreiche Sanktionen verhängt, um Russlands militärische und wirtschaftliche Kapazitäten zu schwächen. Damit diese Maßnahmen nachhaltig wirken, ist eine einheitliche Umsetzung in der gesamten EU unabdingbar. Allerdings gelangen sanktionierte Güter – oft über undurchsichtige Netzwerke in Drittländern – weiterhin nach Russland, was den Erfolg der Sanktionen, insbesondere im Rüstungsbereich, stark beeinträchtigt. Um diesem Umgehungsverhalten entgegenzuwirken, müssen sowohl nationale Behörden als auch Unternehmen gemeinsam handeln und verstärkt auf individuelle Sorgfaltspflichten setzen.
Wir haben alle wichtigen Quellen und Hinweise für Sie zusammengestellt!
1. Die G7 (Gruppe der Sieben)
Der Leitfaden der G 7 stellt präzise Richtlinien bereit, um zu verhindern, dass kontrollierte Güter – auch über Drittländer – nach Russland umgeleitet werden. Zudem soll die Wirtschaft unterstützt werden, russische Umgehungsstrategien frühzeitig zu erkennen.
Der Leitfaden enthält: eine Liste von betroffenen Gütern, aktualisierte „Red Flags“, Best-Practice-Empfehlungen für Unternehmen sowie Hinweise auf öffentlich zugängliche Screening-Instrumente und Ressourcen, die bei der Erfüllung der Sorgfaltspflichten unterstützen.
2. Europäische Kommission
Empfehlungen
Die Europäische Kommission empfiehlt den Wirtschaftsakteuren in der EU angemessene Schritte zur Erfüllung ihrer Sorgfaltspflicht einzuleiten. Damit soll verhindert werden, dass die Sanktionsmaßnahmen umgangen werden durch die Ausfuhr in Drittländer, aus denen diese Waren leicht nach Russland und Belarus umgeleitet werden können. Dies gilt besonders bei der Ausfuhr von sanktionierten Waren in die Länder der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU, bestehend aus Russland, Belarus, Armenien, Kasachstan sowie Kirgisistan), da innerhalb der EAWU freier Warenverkehr gilt; und durch die Einfuhr aus Drittländern, aus denen sanktionierte Waren leicht in die EU umgeleitet werden können, insbesondere wenn keine Beschränkungen für Einfuhren aus Russland und Belarus gelten; dies ist bei Waren der Fall, die aus anderen EAWU-Ländern eingeführt werden.
Leitfaden
Der Leitfaden der Europäischen Kommission beschreibt detailliert die Schritte zur Durchführung von Risikobewertungen, um mögliche Umgehungsversuche frühzeitig zu erkennen. Außerdem bietet der Leitfaden eine umfassende Liste von „Red Flags“, die auf mögliche Umgehungsversuche von Sanktionen hinweisen können. Dazu gehören beispielsweise ungewöhnliche Zahlungskonditionen, wie Zahlungen aus oder in Länder, die nicht direkt mit dem Geschäftspartner verbunden sind. Auch komplexe oder verschleierte Eigentümerstrukturen sind Warnhinweise. Gleiches gilt für unkonventionelle Transportwege.
Zusätzlich enthält der Leitfaden eine Liste von Gütern, bei denen ein erhöhtes Risiko besteht, dass sie nach Russland umgeleitet werden.
Factsheet
Das Factsheet befasst sich insbesondere mit der Incoterms-Regel "Ex Works" (EXW). Es wird aufgezeigt, wie diese Regelung im Zusammenhang mit den EU-Sanktionen steht und welche Pflichten Käufer und Verkäufer bei EXW-Lieferungen übernehmen müssen.
Richtlinien
Die Europäische Union hat Richtlinien zu Art. 12gb der Verordnung (EU) 833/2014 veröffentlicht.
Diese Bestimmung verlangt von allen EU-Unternehmen, die sogenannte Common High Priority items (CHP) in Drittländer exportieren, eine Due-Diligence-Prüfung durchzuführen. CHP items umfassen Güter, die auf den Schlachtfeldern der Ukraine gefunden wurden oder für die Entwicklung, Produktion oder Verwendung von Militärsystemen geeignet sind. Diese Regelung betrifft eine Vielzahl von Unternehmen innerhalb der EU.
Die Artikel 12g und 12ga der Verordnung (EU) 833/2014 bleiben ebenfalls von großer Bedeutung. Diese Bestimmungen verpflichten Unternehmen, bei Lieferungen in Drittländer bestimmte Vertragsklauseln zu integrieren, um Umgehungslieferungen zu verhindern. Diese Regelungen betreffen alle Unternehmen in der EU, einschließlich solcher, die noch nie in Russland tätig waren oder ihre Aktivitäten dort inzwischen eingestellt haben.
3. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie
Sanktionsumgehung – Hinweise zu unternehmerischen Sorgfaltspflichten betreffend warenbezogener Sanktionen
Das Merkblatt bietet einen praxisnahen Leitfaden für den Umgang mit warenverkehrsbezogenen Sanktionen. Es legt besonderen Fokus auf die Risiken der Sanktionsumgehung, die häufig über Drittstaaten oder ausländische Tochterunternehmen erfolgen können.
Dabei werden relevante Risikofaktoren bei Kunden, Produkten, Transaktionen sowie geografischen Aspekten detailliert herausgearbeitet, sodass Unternehmen ihre geschäftsspezifischen Risiken erkennen und gezielt Maßnahmen ergreifen können.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Betonung der umfangreichen Sorgfaltspflichten sowie der Notwendigkeit, differenzierte Compliance-Prozesse zu etablieren.
Insgesamt hebt sich das Merkblatt durch seinen praxisbezogenen und individuell anpassbaren Ansatz hervor, der es Unternehmen ermöglicht, präventiv auf Sanktionsbedrohungen zu reagieren.
Sanktionsumgehung durch ausländische Tochterunternehmen
In diesem Hinweispapier wird die Konstellation der Beschaffung von sanktionierten Gütern durch Russland bei ausländischen Tochterunternehmen beleuchtet.
Kriegsrelevante Güter gelangen vermehrt von ausländischen Tochtergesellschaften von EU-Unternehmen nach Russland.
Insbesondere Unternehmen, die selbst oder über Tochterunternehmen in Drittstaaten kriegswichtige Güter der „Common High Priority List“ herstellen, haben angemessen Sorge dafür zu tragen, dass ihre Produkte nicht sanktionswidrig für die Fortsetzung des widerrechtlichen Angriffskriegs durch Russland verwendet werden können.
Mit dem Hinweispapier sollen das Problembewusstsein der betroffenen deutschen Unternehmen und zielgerichtete interne Kontroll- und Compliance-Maßnahmen gestärkt werden.
Sanktionsumgehung betreffend CNC- Fräs- und Drehmaschinen
Das Hinweispapier des BMWK (jetzt: BMWE) weist auf russische Beschaffungsbemühung bei Werkzeugmaschinen hin und erläutert anhand von Best Practice-Beispielen, wie Prävention zielgerichtet umgesetzt werden kann. Das Hinweispapier richtet sich explizit an Wirtschaftsakteure, die in der Herstellung oder dem Handel mit CNC- Fräs- und Drehmaschinen tätig sind.
Sanktionsumgehung – Aktuelles aus der strafrechtlichen Praxis der Sanktionen gegen Russland
Die Broschüre informiert über die aktuelle strafrechtliche Praxis im Zusammenhang mit den EU-Sanktionen gegen Russland.
Russland versucht, über internationale Beschaffungsnetzwerke und Verschleierungsmethoden an sanktionierte Güter zu gelangen. Die Ermittlungsbehörden spielen eine zentrale Rolle bei der Aufklärung und Verfolgung solcher Sanktionsumgehungen. Verletzungen der Sanktionsvorschriften werden als Ordnungswidrigkeit oder Straftat bestraft – mit Geldstrafen von 30.000 bis 500.000 Euro und Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren.
Es wird auf die Pflicht hingewiesen, potenzielle Sanktionsverstöße umgehend zu melden.
Ziel ist es, durch klare Sorgfaltspflichten und Transparenz die Umgehung von Sanktionen wirksam zu verhindern.
4. Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA)
Merkblatt zur Verhinderung von Sanktionsumgehung
Das Merkblatt richtet sich an Wirtschaftsteilnehmer, um sie bei der Einhaltung der EU-Sanktionen und bei der Erkennung sowie Abwehr von Beschaffungsversuchen zu unterstützen.
Es bündelt die Sorgfaltspflichten aus der Russland-Embargoverordnung, darunter indirekte Ausfuhrverbote, die Bemühensklausel (Art. 8a) und die No-Russia-Clause (Art. 12g). Ergänzend stellt es Exportkontrollpflichten (ICP) und allgemeine Sorgfaltsanforderungen im Außenwirtschaftsverkehr dar.
Zusätzlich beinhaltet es umfangreiche Checklisten.