26.07.2024

No-Russia-Klausel in Verkaufsverträgen: Was ist neu?

Die sogenannte „No-Russia-Klausel“ gilt für Verkäufer bestimmter Güter ab dem 20. März 2024. Das 14. Sanktionspaket hat einige Neuerungen für den Anwendungsbereich der Klausel mit sich gebracht. Die wichtigsten davon sind in unserem überarbeiteten Artikel aufgeführt. Zusätzlich zum Gesetzestext der EU-Verordnung 833/2014  hat die EU-Kommission am 15. Juli 2024 in ihren FAQ einige Erläuterungen zur Anwendung der No-Russia-Klausel bekannt gegeben.
Mit Artikel 12g der EU-Verordnung 833/2014 werden Unternehmen verpflichtet, in ihren Verträgen über den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr von Gütern und Technologien in Drittländer eine Klausel aufzunehmen, die die Wiederausfuhr nach Russland und die Wiederausfuhr zur Verwendung in Russland vertraglich untersagt.
Hierdurch soll die Sanktionsumgehung über Drittländer unterbunden werden, da zwar viele Unternehmen keine direkten Verkäufe nach Russland tätigen, über Umwege ihre Güter aber trotzdem nach Russland gelangen.
Entsprechende Klauseln müssen jedoch nur beim Verkauf von folgenden Gütern und Technologien aufgenommen werden:
  1. Güter und Technologien der Anhänge XI, XX, XXXV der Verordnung 833/2014
  2. Gemeinsame Güter mit hoher Priorität gemäß der Liste in Anhang XL der Verordnung 833/2014
  3. Feuerwaffen und Munition gemäß der Liste in Anhang I der EU-Verordnung 258/201.
Entsprechende Klauseln sind darüber hinaus nicht notwendig, sofern der Verkauf in eines der in Anhang VIII der Verordnung 833/2014 aufgeführten Partnerländer erfolgt, die nun um zwei weitere Länder – Liechtenstein und Island – ergänzt wurden:
  • USA
  • Japan
  • Vereinigtes Königreich/Großbritannien
  • Südkorea
  • Australien
  • Kanada
  • Neuseeland
  • Norwegen
  • Schweiz
  • Liechtenstein
  • Island
Gut zu wissen:
Um Ihre Betroffenheit zu überprüfen, sollten Sie die in Artikel 12g der EU-Verordnung 833/2014 erwähnten Güterlisten durchgehen.

Die Anhänge umfassen insbesondere folgende Güter: 
  • Anhang XI: insbesondere Güter zur Verwendung in der Luft- und Raumfahrtindustrie
  • Anhang XX: insbesondere Flugturbinenkraftstoffe und Kraftstoffadditive
  • Anhang XXXV: Feuerwaffen und andere Waffen
  • Anhang XL: unter anderem Schaltungen, Halbleiterbauelemente, bestimmte elektrische Geräte.
Artikel 12g sieht darüber hinaus eine Altvertragsklausel vor.
Danach gilt die No-Russia-Klausel nicht für Verträge, die vor dem 19. Dezember 2023 geschlossen wurden, bis zum 1. Januar 2025, oder bis zum Ablauf der Geltungsdauer, je nachdem, welcher Zeitpunkt früher liegt. Zuvor war der 20. Dezember 2024 als Stichtag genannt worden. Ausgenommen von der Anwendung der Klausel sind laut Art. 12g Buchst. a Verträge, die in Anhang CL aufgeführte Güter der KN-Codes 8457 10, 8458 11, 8458 91, 8459 61 und 8466 93 betreffen.
Die vertragliche Vereinbarung muss außerdem für den Fall eines Verstoßes „angemessene“ Abhilfemaßnahmen enthalten. Hierzu hat die EU in ihren FAQs Folgendes veröffentlicht:
What does “adequate remedies” mean, in the context of paragraph 3 of Article 12g?  
To ensure its effectiveness, the "no re-export to Russia” clause must contain adequate remedies to be activated in case of its breach. These remedies should be reasonably strong and aim to deter non-EU operators from any breaches. They can include, for instance, termination of the contract and the payment of a penalty.
 
Außerdem sind Verstöße gegen die Wiederausfuhr nach Russland, den zuständigen Behörden (in Deutschland dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle – BAFA) zu melden.
Musterklausel und Leitlinien der EU-Kommission
Die EU-Kommission hat ursprünglich am 22. Februar 2024 in den FAQs zu den Russland-Sanktionen Erläuterungen zur No-Russia-Klausel veröffentlicht. Diese umfassen den nachfolgenden Formulierungsvorschlag, der wesentlicher Bestandteil des Vertrags sein muss und mit dessen Verwendung die Vorgaben des Art. 12g erfüllt sein sollen. Abweichende Formulierungen sind möglich.
Formulierungsvorschlag der EU-Kommission (nur auf Englisch verfügbar): 
“(1) The [Importer/Buyer] shall not sell, export or re-export, directly or indirectly, to the Russian Federation or for use in the Russian Federation any goods supplied under or in connection with this agreement that fall under the scope of Article 12g of Council Regulation (EU) No 833/2014.
(2) The [Importer/Buyer] shall undertake its best efforts to ensure that the purpose of paragraph (1) is not frustrated by any third parties further down the commercial chain, including by possible resellers.
(3) The [Importer/Buyer] shall set up and maintain an adequate monitoring mechanism to detect conduct by any third parties further down the commercial chain, including by possible resellers, that would frustrate the purpose of paragraph (1).
(4) Any violation of paragraphs (1), (2) or (3) shall constitute a material breach of an essential element of this Agreement, and the [Exporter/Seller] shall be entitled to seek appropriate remedies, including, but not limited to:
(i) termination of this Agreement; and
(ii) a penalty of [XX]% of the total value of this Agreement or price of the goods exported, whichever is higher.
(5) The [Importer/Buyer] shall immediately inform the [Exporter/Seller] about any problems in applying paragraphs (1), (2) or (3), including any relevant activities by third parties that could frustrate the purpose of paragraph (1). The [Importer/Buyer] shall make available to the [Exporter/Seller] information concerning compliance with the obligations under paragraph (1), (2) and (3) within two weeks of the simple request of such information.”
Öffentliche Ausschreibungen
Am 24. Juni 2024 hat der Rat der EU mit dem 14. Sanktionspaket eine neue Regelung eingeführt, die die Exporteure von der Anwendung der „No-Russia-Klausel“ bei öffentlichen Aufträgen, die mit einer Behörde eines Drittstaates oder einer internationalen Organisation geschlossen werden, befreit. Die Exporteure sind jedoch verpflichtet, die nationalen Behörden an dem Ort, an dem sie niedergelassen oder ansässig sind, über den Abschluss eines solchen Vertrags zu informieren und ihnen mitzuteilen, dass sie in den Genuss der oben genannten Befreiung kommen.
Übermittlung von technischem Wissen und von Rechten des geistigen Eigentums
Ab dem 26. Dezember 2024 muss die No-Russia-Klausel gemäß Artikel 12ga der EU-Verordnung 833/2014 auch beim Verkauf, der Lizenzierung oder der anderweitigen Übertragung von Rechten an geistigem Eigentum oder von Geschäftsgeheimnissen sowie bei der Einräumung von Zugangs- oder Nutzungsrechten für Material oder Informationen im Zusammenhang mit Gütern des Anhangs XL verwendet werden.
Für die Erfüllung von Verträgen, die vor dem 25. Juni 2024 geschlossen wurden, gilt die Klausel nicht vor dem 26. Juni 2025 bzw. vor ihrem Ablaufdatum, je nachdem, welcher Zeitpunkt früher liegt.
Einführung eines Sorgfaltspflichtmechanismus ab 26. Dezember 2024
Gemäß Artikel 12gb der EU-Verordnung 833/2014 müssen natürliche und juristische Personen, Organisationen und Einrichtungen, die in Anhang XL dieser Verordnung aufgeführte gemeinsame vorrangige Güter verkaufen, liefern, verbringen oder ausführen, ab dem 26. Dezember 2024 wie folgt vorgehen:
a) Sie unternehmen zur Ermittlung und Bewertung der Risiken der Ausfuhr nach Russland und der Ausfuhr zur Verwendung in Russland von solchen Gütern oder Technologien geeignete Schritte, die im Verhältnis zur Art und Größe dieser Risiken stehen, und stellen sicher, dass diese Risikobewertungen dokumentiert und auf dem neuesten Stand gehalten werden.
b) Sie setzen zur Minderung und zum wirksamen Management der Risiken der Ausfuhr nach Russland und der Ausfuhr zur Verwendung in Russland von solchen Gütern oder Technologien geeignete Strategien, Kontrollen und Verfahren um, die im Verhältnis zur Art und Größe dieser Risiken stehen, unabhängig davon, ob diese Risiken auf ihrer Ebene oder auf Ebene des Mitgliedstaats oder der Union festgestellt wurden.
Von dieser Regelung ausgenommen sind natürliche und juristische Personen, Organisationen und Einrichtungen, die in Anhang XL aufgeführte gemeinsame vorrangige Güter nur innerhalb der Union oder an in Anhang VIII der vorliegenden Verordnung aufgeführte Partnerländer verkaufen, liefern oder verbringen.