21.07.2018

REACH: Kommunikation in der Lieferkette

Die Reach-Verordnung zur Registrierung, Bewertung, und Zulassung von Chemikalien wird in der EU Kosten in Milliardenhöhe verursachen. Aufgrund der Registrierungskosten könnte zudem der Import oder die Herstellung in Einzelfällen unrentabel werden.
Vor diesem Hintergrund fühlen sich derzeit viele Unternehmen auf den Plan gerufen, sich bei ihren Lieferanten zu erkundigen, ob auch in Zukunft Liefersicherheit besteht. Firmen werden mit Standardschreiben zu Reach in Form von Fragebögen überschwemmt, in denen sie ihren Kunden darlegen sollen, dass sie relevante registrierungspflichtige chemische Stoffe nach Reach registrieren werden und damit auch in Zukunft noch liefern können.
Bis jedoch Fertigprodukte wie Möbel oder Elektrogeräte entstehen, werden in der Regel weit verzweigte Veredelungs- und Lieferketten durchlaufen. Daher erhalten in der Praxis längst nicht nur Chemikalienhersteller oder –importeure Fragebögen zu Reach. Auch Hersteller von Fertigprodukten werden mit Fragebögen überhäuft. Diese stellen im chemikalienrechtlichen Sinne so genannte Erzeugnisse her und unterliegen in aller Regel keiner Registrierungspflicht. Gegenstand der Abfragen ist jedoch in den meisten Fällen, ob der Lieferant genau dieser Pflicht nachkommt. Die Antwort an den Kunden fällt daher naturgemäß schwer.
Teilt der angeschriebene Lieferant die Sorgen seines Kunden, fängt der Aufwand erst richtig an: Der Lieferant wird gegebenenfalls wiederum zahlreiche seiner Vorlieferanten anschreiben. Dieses System pflanzt sich schneeballartig fort, bis die Vorlieferanten erreicht werden, die als Hersteller oder Importeur von chemischen Stoffen registrierungspflichtig sind und damit tatsächlich eine entsprechende Antwort über die Durchführung einer Registrierung geben können.
Enormer Aufwand
Nach Informationen der IHK haben in den vergangenen Wochen alleine einige wenige große Industriekonzerne mehrere zehntausend ihrer Zulieferer mit Fragebögen zu Reach angeschrieben. Es liegt auf der Hand, dass dies in der Praxis einen enormen Aufwand verursacht. Richtig schwierig wird es allerdings erst dann, wenn die Fragebögen Mängel aufweisen und fehlerhaft sind: So kursieren in der Praxis viele Anfragen, bei denen vom Lieferanten Aktivitäten gefordert werden, die überhaupt nicht verordnungskonform sind. In solchen Fällen erhöht sich der Aufwand beträchtlich: Der Lieferant muss gegebenenfalls Rücksprache mit seinem Kunden halten oder unter Umständen begründen, warum er den Fragebogen in dieser Form nicht unterschreiben kann.
In vielen Fällen vermeidbar
Nach Einschätzung der IHK wird in der Praxis ein beträchtlicher Aufwand durch Reach-Fragebögen verursacht, der in vielen Fällen vermeidbar wäre. Dies soll nicht heißen, dass Reach-Fragebögen generell überflüssig sind. Vielmehr haben solche Abfragen in vielen Fällen eine Berechtigung: Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um Abfragen zu Chemikalien handelt, die für ein Unternehmen essentiell wichtig sind und keine wirtschaftlichen Alternativen verfügbar sind. Positiver Nebeneffekt ist darüber hinaus, dass Betriebe, die womöglich die wichtige Vorregistrierungsfrist bis zum 1. Dezember 2008 versäumt hätten, durch solche Anschreiben sensibilisiert werden.
Um den Aufwand für die Unternehmen in der Praxis so gering wie möglich zu halten, gibt die Industrie- und Handelskammer folgende Empfehlungen:
  • Begrenzen Sie den Aufwand für Lieferanten und Kunden: Analysieren Sie zunächst, für welche Produkte ein Anschreiben an den Lieferanten sinnvoll ist (zum Beispiel für essentiell wichtige Chemikalien oder bei Lieferanten, bei denen Sie befürchten, dass die Reach-Pflichten noch unbekannt sind und deshalb versäumt werden könnten). Für gängige Chemikalien, für die es Alternativprodukte oder –lieferanten gibt, ist eine Reach-Fragebogenaktion gegebenenfalls nicht notwendig. 
  • Verwenden Sie fachlich korrekte und möglichst einheitliche Fragebögen. Es können zum Beispiel Standard-Fragebögen eingesetzt werden, die von Wirtschaftsverbänden zur Verfügung gestellt werden. 
  • Beachten Sie, dass die Antwort Ihres Lieferanten in aller Regel völlig unverbindlich ist. Daher kann – zum Beispiel für existenziell wichtige Chemikalien – auch in Erwägung gezogen werden, alternativ zu Reach-Fragebögen Lieferantengespräche zu führen oder vertragliche Vereinbarungen zu treffen. 
  • Beantworten Sie die Fragebögen korrekt und unterschreiben Sie nichts, was Sie nicht leisten oder einhalten können oder was nicht verordnungskonform ist. Geben Sie Ihrem Kunden gegebenenfalls einen Hinweis, warum bestimmte Forderungen des Fragebogens nicht von Ihnen bestätigt werden können. 
  • Informieren Sie gegebenenfalls intern den Einkauf beziehungsweise den Vertrieb zu dem Thema Reach, da an diesen Schlüsselpositionen die Anfragen von Kunden und Lieferanten im Unternehmen einlaufen.
Für Hersteller von Fertigprodukten sowie für Händler hat die Industrie- und Handelskammer Textbausteine erarbeitet, die als Anregung für eine Antwort auf Reach-Kundenanfragen dienen können.