19.03.2012

Kreislaufwirtschaftsgesetz

Das neue „Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen (Kreislaufwirtschaftsgesetz - KrWG)“ datiert vom 24.02.2012 und ist am 29. Februar 2012 verkündet worden. Es dient der Umsetzung der EU-Abfallrahmenrichtlinie von 2008 ins nationale Recht und löst das bisherige Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) ab.
Unterscheidung zwischen Produkten, Nebenprodukten und Abfällen
Mit § 4 wird der neue Begriff der Nebenprodukte aus dem EU-Recht übernommen. Sein Absatz 1 lautet wie folgt:
„Fällt ein Stoff oder Gegenstand bei einem Herstellungsverfahren an, dessen hauptsächlicher Zweck nicht auf die Herstellung dieses Stoffes oder Gegenstandes gerichtet ist, ist er als Nebenprodukt und nicht als Abfall anzusehen, wenn
  • sichergestellt ist, dass der Stoff oder Gegenstand weiter verwendet wird,
  • eine weitere, über ein normales industrielles Verfahren hinausgehende Vorbehandlung hierfür nicht erforderlich ist,
  • der Stoff oder Gegenstand als integraler Bestandteil eines Herstellungsprozesses erzeugt wird und
  • die weitere Verwendung rechtmäßig ist; dies ist der Fall, wenn der Stoff oder Gegenstand alle für seine jeweilige Verwendung anzuwendenden Produkt-, Umwelt- und Gesundheitsschutzanforderungen erfüllt und insgesamt nicht zu schädlichen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt führt.“
Mit § 4 Absatz 2 wird die Bundesregierung ermächtigt, in einer Rechtsverordnung weitere Kriterien zu bestimmen, nach denen bestimmte Stoffe oder Gegenstände als Nebenprodukt anzusehen sind. Solange es eine solche Verordnung nicht gibt, sind nur die o. g. Randbedingungen maßgebend. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass für Nebenprodukte das Produktrecht und auch die europäische Chemikalienverordnung REACH gelten. Würden bisherige Abfälle, z. B. Metallspäne, als Nebenprodukte bezeichnet und an Dritte abgegeben, dann würde der bisherige Abfallerzeuger in die Rolle eines „Herstellers“ von Metallen im Sinne von REACH geraten, was erhebliche Folgepflichten nach sich ziehen würde.
Ende der Abfalleigenschaft
Mit ähnlichen Formulierungen wie bei den Nebenprodukten wird in § 5 das Ende der Abfalleigenschaft definiert. Auch hier sind konkretisierende Verordnungen möglich, die aber primär auf EU-Ebene erlassen werden sollen. Eine erste derartige EU-Verordnung besteht seit 2011 für Eisen- und Aluminiumschrott. Sie enthält jedoch so strenge Anforderungen, dass sie für den Großteil des gehandelten Schrotts nicht zur Anwendung kommt bzw. kommen kann. Für Abfallerzeuger ändert sich nichts, d.h. sie müssen ihre Abfälle auch künftig als „Abfälle“ einer Entsorgung zuführen, selbst wenn in anschließenden Aufbereitungsschritten das „Ende der Abfalleigenschaft“ erreicht werden könnte.
5-stufige Abfallhierarchie und grundsätzlicher Vorrang der stofflichen Verwertung
Die bisherige 3-stufige Abfallhierarchie (Vermeiden, Verwerten, Beseitigen) wird durch eine fünfstufige Abfallhierarchie ersetzt:
  1. Vermeidung,
  2. Vorbereitung zur Wiederverwendung,
  3. Recycling (definiert als stoffliche Verwertung; keine Ersatzbrennstoff-Herstellung),
  4. sonstige Verwertung, insbesondere energetische Verwertung und Verfüllung,
  5. Beseitigung.
Damit erhält die stoffliche Verwertung grundsätzlich Vorrang vor der energetischen Verwertung, wobei dies im weiteren Gesetzestext mehrfach relativiert wird. Insbesondere sofern der zur Verwertung vorgesehene Abfall über einen Heizwert von mindestens 11.000 kJ/kg verfügt, soll seine energetische Verwertung als gleichrangig angesehen werden. Diese Regelung ist evtl. nicht EU-Rechtskonform und wird deshalb weiter diskutiert. Sie gilt auch nur, solange keine anderweitigen Rechtsverordnungen erlassen wurden, wozu der Bundestag die Bundesregierung ausdrücklich auffordert. Mittelfristig werden die Entsorgungsoptionen für „gemischte Gewerbeabfälle“ also evtl. eingeschränkt werden.
Neue Ziele für Abfallverwertung und Abfallvermeidung
Zur Förderung der Abfallverwertung werden u. a. Verwertungsquoten (allerdings auf Bundesebene, nicht auf der Ebene einzelner Betriebe) und ab 2015 eine Pflicht zur getrennten Bioabfallsammlung eingeführt. Außerdem wird die Einführung von Wertstofftonnen bei Privathaushalten forciert, wobei Details evtl. noch in diesem Jahr in einem eigenständigen „Wertstoffgesetz“ geregelt werden sollen. Die Instrumente zur Abfallvermeidung sollen besser genutzt werden, wozu der Gesetzgeber bis Ende 2013 erstmals ein bundesweites Abfallvermeidungsprogramm aufstellen muss. Daraus könnten sich auch neue Pflichten für Unternehmen ergeben.
Hohe Hürden für eine gewerbliche Sammlung bei Privathaushalten
§ 17 regelt weitgehend wie bisher die Zuständigkeiten der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger für die Sammlung aller Abfälle zur Beseitigung sowie fast aller Abfälle aus Privathaushalten. Eine gewerbliche Sammlung (ohne öffentlichen Auftrag) von Wertstoffen aus Privathaushalten wird - ebenso wie gemeinnützige Sammlungen - einer neuen Anzeigepflicht unterworfen.
Dabei muss ein gewerblicher Sammler nachweisen, dass er „wesentlich leistungsfähiger“ als die bisherige Sammlung ist, z. B. durch Einrichtung eines Holsystems anstelle eines Bringsystems. Diese Regelung war bis zum Schluss des Gesetzgebungsverfahrens sehr umstritten; sie wurde und wird von der privaten Entsorgungswirtschaft vehement kritisiert. Es bestehen Zweifel, ob sie mit den Vorgaben der EU-Abfallrahmenrichtlinie vereinbar ist, welche die Verwertung von Abfällen erleichtern und fördern will.
Neuregelungen für Sammler, Beförderer, Händler und Makler - auch bei seltenem Abfalltransport
Neu eingeführt wird mit § 54, dass alle Sammler, Beförderer, Händler und Makler von gefährlichen Abfällen eine behördliche Erlaubnis benötigen. Entsorgungsfachbetriebe sind davon befreit. Sie müssen jedoch, ebenso wie alle Sammler, Beförderer, Händler und Makler von nicht gefährlichen Abfällen, ihre Tätigkeit gemäß § 53 der unteren Abfallbehörde anzeigen. Im Rahmen der Erlaubnis bzw. Anzeige kann die Behörde Nachweise z. B. über die Fachkunde der Betriebsverantwortlichen verlangen.
Die genannten Regelungen gelten auch für Unternehmen, die Abfälle nicht gewerbsmäßig transportieren, handeln oder makeln, sondern dies nur im Rahmen anderweitiger Tätigkeiten tun. Für derartige („seltene“) Sammler und Beförderer gilt die Neuregelung erst ab Juni 2014. Bis dahin wird ggf. auf Verordnungsebene eine „Kleinmengenregelung“ eingeführt, die es im neuen Gesetz nicht gibt.
Im Vergleich zur bisherigen Rechtslage werden die Genehmigungspflicht für Makler (§ 50 im alten KrW-/AbfG) und die Transportgenehmigungspflicht (§ 49 im alten KrW-/AbfG) durch die neuen Anzeige- und Erlaubnispflichten ersetzt. Für Händler (also Unternehmen, die Abfälle an- und verkaufen) sind die genannten Anforderungen komplett neu. Gestrichen wird die bisherige Transportgenehmigungspflicht für nicht gefährliche Abfälle zur Beseitigung. Stattdessen gilt nun die Anzeigepflicht für nicht gefährliche Abfälle, unabhängig davon, ob sie beseitigt oder verwertet werden. Ausgeweitet werden die Pflichten zur Kennzeichnung der Abfalltransportfahrzeuge mit dem weißen, mit dem Buchstaben A beschrifteten, Schild. Dies ist nun für alle gewerbsmäßigen Abfalltransporte erforderlich, also auch für alle Abfälle zur Verwertung und auch für Entsorgungsfachbetriebe.
Änderungen in weiteren Gesetzen und Verordnungen
Das neue KrWG ist Bestandteil eines „Gesetzes zur Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts“, mit dem weitere Gesetze und eine Vielzahl von Verordnungen an das neue KrWG angepasst werden.
Außerdem werden einige inhaltliche Änderungen vorgenommen, vor allem in der Transportgenehmigungsverordnung, die nun Beförderungserlaubnisverordnung heißt. Darin wird u. a. eindeutiger als bisher formuliert, dass Subunternehmen jeweils eine eigenständige Beförderungserlaubnis benötigen.
Eine Klarstellung erfolgt auch im Elektro- und Elektronikgerätegesetz, in dem ein Satz aufgenommen wird, wonach die Erfassung der Altgeräte „ausschließlich“ durch Hersteller, Vertreiber und öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zulässig ist. Eine Annahme derartiger Geräte durch unabhängige Sammler oder auf Schrottplätzen wird damit untersagt. 
Quelle: IHK Südlicher Oberrhein