07.09.2021

Urlaub und Freistellung während der Ausbildung

1. Der Urlaubsanspruch im Ausbildungsverhältnis

Wie jeder Arbeitnehmer haben auch Auszubildende Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Der Urlaubsanspruch ist im Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) und im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) geregelt.  Beide Gesetze bilden die  Rechtsgrundlage für die Gewährung des gesetzlichen Mindesturlaubs im Ausbildungsverhältnis. Das JArbSchG ist zu berücksichtigen, wenn der Auszubildende zu Beginn des jeweiligen Kalenderjahres das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Die gesetzlichen Regelungen gelten jedoch nur dann, wenn in Tarifverträgen keine anderen Regelungen getroffen wurden.
Gesetzlicher Mindesturlaub
mind. 30 Werktage
mind. 25 Arbeitstage
wenn der Jugendliche zu Beginn des Kalenderjahres noch nicht 16 Jahre alt ist (JArbSchG)
mind. 27 Werktage
mind. 23 Arbeitstage
wenn der Jugendliche zu Beginn des Kalenderjahres noch nicht 17 Jahre alt ist (JArbSchG)
mind. 25 Werktage
mind. 21 Arbeitstage
wenn der Jugendliche zu Beginn des Kalenderjahres noch nicht 18 Jahre alt ist (JArbSchG)
mind. 24 Werktage
mind. 20 Arbeitstage
wenn der Auszubildende 18 Jahre alt ist (BUrlG)
Tarifrechtliche Vereinbarungen sind zu beachten
Der gesetzliche Mindesturlaub wird sowohl im JArbSchG als auch im BUrlG in Werktagen angegeben. Werktage sind alle Kalendertage, die nicht Sonntage oder gesetzliche Feiertage sind. Werktage werden i.d.R. dann angegeben, wenn im Ausbildungsbetrieb eine 6-Tage Woche Anwendung findet (z.B. im Einzelhandel). Bei einer 5-Tage Woche ist die Angabe in Arbeitstagen üblich. Bruchteile von mindestens einem halben Tag  sind aufzurunden (§ 5 Abs. 2 BUrlG).
Der volle Urlaubsanspruch entsteht erstmalig nach einer Wartezeit von sechs Monaten ab Vertragsbeginn (§ 4 BUrlG), in den Folgejahren jeweils zu Beginn des Kalenderjahres. Der Betrieb kann auch schon in der Wartezeit Urlaub gewähren.
Folgende Grundsätze sind beim Urlaubsanspruch von Auszubildenden zu beachten:
  • Im Ausbildungsvertrag muss die konkrete Dauer des Urlaubs für die einzelnen  Ausbildungsjahre niedergelegt werden.
  • Die Festlegung des Urlaubszeitpunkts ist Sache des Ausbildungsbetriebes. Die Wünsche des Auszubildenden sollen berücksichtigt werden, außer dringende betriebliche Belange stehen dem entgegen.
  • Auszubildenden soll der Urlaub in der Zeit der Berufsschulferien gewährt werden.
  • Krankheitstage im Urlaub, für die der Auszubildende eine ärztliche Krankmeldung vorlegen kann, werden nicht auf den Jahresurlaub angerechnet.

2. Teilurlaubsanspruch

Wenn das Ausbildungsverhältnis im Kalenderjahr weniger als 6 Monate dauert, hat der Azubi nur Anspruch auf Teilurlaub (= für jeden vollen Ausbildungsmonat 1/12 des Jahresurlaubs). Das ist zum Beispiel im ersten Ausbildungsjahr der Fall, wenn dies am 1. August oder 1. September beginnt.
Bitte beachten Sie: Bei einem Ausbildungsende nach dem 30.06. hat der Auszubildende immer mindestens den vollen Urlaubsanspruch nach JArbSchG beziehungsweise BUrlG, (§§ 19 JArbSchG, §3, §5 Abs. 1 a, c BUrlG).
Bei einer Ausbildung, die nach dem 30. Juni endet  hat der Azubi im letzten Ausbildungsjahr somit  den vollen gesetzlichen Urlaubsanspruch. Der in dieser Zeit genommene Urlaub ist dann aber verbraucht, und kann bei einem neuen Arbeitgeber nicht mehr geltend gemacht werden (§ 6 BUrlG).
So hat z.B. ein Auszubildender, der am 15. Juli seine Prüfung besteht (Ausbildungsvertrag ist an diesem Tag beendet) und ausscheidet, dennoch den vollen gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch (24WT/20AT). Die Zeit, die er bis zum Jahresende nicht mehr im Unternehmen ist, wirkt sich somit nicht verkürzend auf den gesetzlichen Mindesturlaub aus. Bei einem neuen Arbeitgeber hat der Mitarbeiter dann aber keinen Anspruch mehr auf Teile des gesetzlichen Urlaubsanspruch.
Der Online-Azubi-Urlaubsrechner hilft, den richtigen Urlaubsanspruch zu ermitteln. Eine kurze Begründung zeigt an, wie sich der Anspruch berechnet.

3. Freistellung und Anrechnung für Berufsschule und Prüfung

Der Ausbildende hat den Auszubildenden vor Beginn der Berufsausbildung bei der zuständigen Berufsschule anzumelden und den Auszubildenden während der Ausbildung zur Teilnahme an der Schule anzuhalten und freizustellen.
Mit der Novellierung des § 15 BBiG ist die Freistellung und Anrechnung der Berufsschulzeiten für alle Auszubildenden – ohne Altersdifferenzierung – gesetzlich gleich geregelt.
Demnach gilt folgendes:
  1. Auszubildende dürfen vor einem vor 9 Uhr beginnenden Berufsschulunterricht nicht beschäftigt werden.
  2. Auszubildende sind für die Teilnahme am Berufsschulunterricht freizustellen. Dabei ist Unterrichtszeit einschließlich der Pausen auf die Ausbildungszeit anzurechnen.
  3. Auszubildenden sind einmal die Woche an einem Berufsschultag mit mehr als fünf Unterrichtsstunden von mindestens je 45 Minuten für den ganzen Schultag freizustellen, alternativ in Berufsschulwochen mit einem planmäßigen Blockunterricht von mindestens 25 Stunden an mindestens fünf Tagen für die ganze Berufsschulwoche. Während der Berufsschulwoche sind zusätzliche betriebliche Ausbildungsveranstaltungen bis zu zwei Stunden wöchentlich zulässig.
  4. Für den Zeitraum der Freistellung (Berufsschultag oder Berufsschulwoche) ist die durchschnittliche tägliche oder wöchentliche Ausbildungszeit anzurechnen.
  5. Auszubildende sind  an dem Arbeitstag freizustellen, der der schriftlichen Abschlussprüfung unmittelbar vorausgeht.
  6. Wenn sich die Abschlussprüfung nach der Ausbildungsordnung in zwei zeitlich auseinander fallende Teile gliedert, kann ein Anspruch auf insgesamt zwei freie Tage entstehen, jeweils vor der schriftlichen Prüfung im ersten Teil der Abschlussprüfung und vor der schriftlichen Prüfung im zweiten Teil. Voraussetzung ist jedoch, dass der jeweilige Prüfungsteil eine eigenständige schriftliche Prüfung enthält. Wenn der jeweiligen schriftlichen Prüfung kein Arbeitstag unmittelbar vorangeht (z. B. bei Prüfungsbeginn an einem Montag), besteht jedoch kein Freistellungsanspruch. Für den Zeitraum der Freistellung wird die durchschnittliche tägliche Ausbildungszeit angerechnet.
  7. Für die Anrechnung der Berufsschulzeiten ist es unerheblich ob diese deckungsgleich mit den betrieblichen Ausbildungszeiten sind.
  8. Die Berufsschulzeiten sind einschließlich der Pausen als Ausbildungszeiten anzurechnen, Wegezeiten müssen  jedoch nicht berücksichtigt werden
  9. Für Auszubildende unter 18 Jahren gilt das Jugendarbeitsschutzgesetz, was bezüglich der Anrechnung ebenfalls angepasst wurde.

4. Sie haben noch Fragen?

Wenn Sie hinsichtlich Urlaubsanspruch oder Freistellung unsicher sind oder andere Fragen hierzu haben, wenden Sie sich gerne an Ihren Ausbildungsberater.