16.12.2022

Die Schlichtungsverhandlung

1. Chance zur Vermeidung gerichtlicher Auseinandersetzungen

Trotz intensiver Beratung von Ausbildungsbetrieb und Auszubildenden kommt es immer wieder vor, dass beide Parteien nicht mehr in der Lage sind, ihre Probleme in der Ausbildung vertrauensvoll zu lösen. Häufig kommt es in der Folge zu einer Eskalation der Situation und nicht zuletzt auch zu Abmahnungen oder sogar Kündigungen.
Die Schlichtung unter Leitung kompetenter Fachleute bietet die Möglichkeit, einen Streit außerhalb einer gerichtlichen Auseinandersetzung beizulegen. Ziel hierbei ist es immer, den Sachverhalt neutral zu überprüfen und falls möglich eine Lösung für die Problemlage zu finden.
Hierdurch kann evtl. noch die Fortsetzung der Ausbildung bis zum Ende sichergestellt oder aber auch eine gerechtfertigte Kündigung bestätigt werden. Aus diesem Grund sieht die Prozessordnung des Arbeitsgerichtes bei Ausbildungsverträgen zunächst eine entsprechende Schlichtung zwingend vor.

2. Wie kann eine Schlichtung durchgeführt werden?

Gemäß der Schlichtungsordnung der IHK Heilbronn-Franken kann eine Schlichtung beantragt und durchgeführt werden, wenn es um Streitigkeiten aus einem bestehenden Ausbildungsverhältnis geht oder wenn strittig ist, ob das Ausbildungsverhältnis tatsächlich noch besteht.
Hierbei geht es in der Praxis zum Beispiel um die Verletzung von Ausbildungspflichten, mangelnde Ausbildungsqualität, Fehlverhalten, Abmahnungen bis hin zu ausgesprochenen Kündigungen. In diesen Fällen sieht der Ausbildungsvertrag vor dem Gang zum Arbeitsgericht die Durchführung einer Schlichtung vor. Besteht jedoch das Ausbildungsverhältnis nicht mehr und geht es nur noch um mögliche Forderungen aus dem bereits beendeten Ausbildungsverhältnis, ist eine Schlichtung nicht möglich. Auch bei Umschulungsverhältnissen oder dualen Studienverträgen besitzt der Schlichtungsausschuss der IHK keine Zuständigkeit. In diesen Fällen muss direkt das Arbeitsgericht entscheiden.

3. Wie wird eine Schlichtung in Gang gesetzt?

Eine Schlichtung muss beantragt werden. Dies kann sowohl durch den Azubi als auch durch den Ausbildungsbetrieb erfolgen. Auch ggf. beauftragte Rechtsanwälte können dies im Auftrag ihrer Mandanten in die Wege leiten. Der Antrag ist in der Regel schriftlich, auch gern per E-Mail schlichtung@heilbronn.ihk.de, bei der IHK Heilbronn zu stellen und muss neben den Beteiligten ein entsprechendes Antragsbegehren und eine entsprechende Begründung beinhalten. Die IHK überprüft den Antrag und legt bei entsprechender Zuständigkeit einen Termin für die Verhandlung fest. Grundlage für das entsprechende Vorgehen ist hierbei wiederum die Schlichtungsordnung der IHK Heilbronn-Franken.

4. Aus welchen Personen besteht der Schlichtungsausschuss?

Die Mitglieder des Schlichtungsausschusses sind erfahrene Praktiker aus den Ausbildungsbetrieben bzw. Gewerkschaften der Region Heilbronn-Franken mit langjähriger Erfahrung in der Berufsausbildung bzw. in der Personalführung.
Die Schlichtungsverhandlung wird jeweils durch vier Schlichter (zwei Arbeitgeber- und zwei Arbeitnehmervertreter) durchgeführt. Ergänzend dazu nehmen der für die Organisation zuständige Mitarbeiter der IHK und eine Protokollführerin an der Sitzung teil.

5. Wie läuft eine Schlichtung ab?

Eine Schlichtungsverhandlung ist keine streitige Gerichtsverhandlung, sondern eine von der IHK moderierte, sachbezogene und neutrale Überprüfung des entsprechenden Sachverhaltes. Die Schlichtung ist immer nichtöffentlich, so dass nur direkt von dem Fall betroffene Personen an der Schlichtung teilnehmen können. Dies schließt jedoch auch ggf. beauftragte Rechtsanwälte, Ausbilder, Zeugen und nahe Familienangehörige mit ein.
In der Regel ist für eine Schlichtung eine Verhandlungsdauer von ca. einer bis eineinhalb Stunden vorgesehen. Zunächst erhalten beide Parteien die Gelegenheit, ihre Sicht der Dinge darzulegen und die Ereignisse, die zum Streitfall geführt haben, näher zu erläutern. Anschließend werden die Schlichter entsprechende Fragen zum Sachverhalt stellen, um sich ein eigenes Bild zu machen. Möglicherweise werden auch entsprechende Unterlagen näher begutachtet (Berichtsheft, Abmahnungen, Gesprächsprotokolle etc.).
In der anschließenden Erörterung bemüht sich der Ausschuss darum, eine tragfähige Lösung für den Konflikt zu finden, wobei immer die Möglichkeit für eine Beilegung der Streitigkeit im Vordergrund steht. In der Regel wird ein gemeinsamer Vergleich vorgeschlagen.
Sollte eine gemeinsame Einigung nicht möglich sein, entscheidet der Ausschuss über den Antrag mit einem abschließenden Spruch und beendet die Schlichtungsverhandlung. Über den Spruch wird in Abwesenheit der Beteiligten vorher beraten. Die Parteien können dem Spruch innerhalb einer Woche widersprechen, um den weiteren Weg zum Arbeitsgericht einzuschlagen. Dieses kann mit dem Hinweis auf eine bereits erfolgte Schlichtung innerhalb der zulässigen Fristen angerufen werden. Wird kein Widerspruch eingelegt, ist der Spruch rechtlich bindend und der Streitfall damit beendet.

6. Welche Kosten entstehen?

Die Durchführung der Schlichtung durch die IHK ist für beide Seiten kostenfrei. Jede Partei trägt jedoch ggf. individuell verursachte Kosten, wie die Beauftragung eines Rechtsanwaltes selbst.

7. Sie haben noch Fragen?

Ihr Ausbildungsberater hilft Ihnen gerne weiter.