Vergaberecht

Allgemeine Gesetze und Verordnungen

Das Vergaberecht umfasst alle Regeln und Vorschriften, die das Verfahren für die öffentliche Hand beim Einkauf von Gütern und Leistungen vorschreiben. Immer dann, wenn die öffentliche Hand zum Beispiel Büromöbel beschaffen oder ein neues Bürogebäude errichten lassen will, muss es diese Regeln beachten. Dabei ist zu unterscheiden, ob die Vergabe ober- oder unterhalb der EU-Schwellenwerte erfolgen soll.

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) – Teil 4

Bei Vergaben oberhalb der Schwellenwerte findet das sogenannte GWB-Vergaberecht Anwendung, das auf der Umsetzung entsprechender Vorgaben in folgenden EU-Richtlinien beruht:
  • die Richtlinie über die öffentliche Auftragsvergabe (Richtlinie 2014/24/EU),
  • die Richtlinie über die Vergabe von Aufträgen in den Bereichen Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (Richtlinie 2014/25/EU),
  • die Richtlinie über die Vergabe von Konzessionen (Richtlinie 2014/23/EU) und
  • die Richtlinie über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe bestimmter Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit (Richtlinie 2009/81/EG).
Die Grundlagen des Vergaberechts oberhalb der Schwelle sind in Teil 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) enthalten. Dieser Teil besteht aus zwei Kapiteln mit Vorschriften zum Vergabeverfahren (Kapitel 1) und zum Nachprüfungsverfahren (Kapitel 2). Abschnitt 1 des ersten Kapitels umfasst Regelungen zum Anwendungsbereich, Grundsätze und Definitionen; Abschnitt 2 trifft die wesentlichen Regelungen zur "klassischen" Vergabe durch öffentliche Auftraggeber. Dabei zeichnet er Regelungen zum gesamten Ablauf des Vergabeverfahrens − etwa zu den Verfahrensarten, der Gestaltung der Leistungsbeschreibung, der Eignung, den Ausschlussgründen, dem Zuschlag bis hin zu den Ausführungsbedingungen und der Auftragsänderung − vor. Darauf folgt Abschnitt 3 zur Vergabe in besonderen Bereichen und von Konzessionen. Kapitel 2 enthält Vorschriften für das Nachprüfungsverfahren vor den Vergabekammern sowie für das Verfahren vor den Vergabesenaten der Oberlandesgerichte.

Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung - VgV)

Die VgV konkretisiert die Bestimmungen zur Vergabe öffentlicher Aufträge in Teil 4 des GWB. Die VOL/A, 2. Abschnitt und die VOF sind seit April 2016 entfallen und nicht mehr anwendbar. Bezüglich dieser Auftragsbereiche gilt ausschließlich die neue VgV.
Die VgV gliedert sich in sieben Abschnitte, zum Teil mit Unterabschnitten. Der Abschnitt 1 betrifft allgemeine Bestimmungen und Querschnittsregelungen zur Kommunikation, insbesondere zur elektronischen Kommunikation.
Der Abschnitt 1 enthält auch eine Verweisung auf die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (2. Abschnitt der VOB/A). Abschnitt 2 der VgV regelt das Vergabeverfahren. Er umfasst die Zulassungsvoraussetzungen für die Wahl einer Verfahrensart und darüber hinaus Regeln zum genauen Ablauf der einzelnen Verfahrensarten. Ein besonderer Schwerpunkt des Abschnitts liegt auf der Eignung und auf sonstigen Anforderungen an Unternehmen. Dieser Regelungsbereich umfasst auch den rechtlichen Rahmen für die Einheitliche Europäische Eigenerklärung (EEE). Schließlich finden sich in dem Abschnitt 2 Regelungen zur Einreichung und zur Form von sowie zum Umgang mit Angeboten, Teilnahmeanträgen, Interessensbekundungen und Interessensbestätigungen sowie zur Prüfung und Wertung der Angebote.
Der Abschnitt 3 widmet sich den besonderen Vorschriften für die Vergabe sozialer und anderer besonderer Dienstleistungen. Neben die Erleichterungen, die bereits im GWB geregelt sind (insbesondere die freie Wahl der wettbewerblichen Verfahrensart), treten weitere Erleichterungen etwa im Hinblick auf die Dauer von Rahmenvereinbarungen, die Zuschlagskriterien und die Mindestfristen. Abschnitt 4 geht auf die besonderen Vorschriften zur Beschaffung von energieverbrauchsrelevanten Leistungen ein. Abschnitt 5 enthält grundlegende Vorschriften zur Durchführung von Planungswettbewerben, und zwar nicht nur solchen im Bereich der Bauplanung. Abschnitt 6 trägt den Besonderheiten der Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen Rechnung. Der Abschnitt nennt insbesondere das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb und den wettbewerblichen Dialog als Regelverfahren. Der Abschnitt geht zudem auf Besonderheiten bei Bauplanungswettbewerben ein. Abschnitt 7 schließlich trifft Übergangs- und Schlussbestimmungen. Bei der Vergabe von Bauleistungen ist neben bestimmten Teilen der VgV weiterhin die VOB/A EU anzuwenden (vgl. § 2 VgV).

Sektorenverordnung (SektVO)

Die SektVO regelt die Vergabe von Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen im Bereich des Verkehrs, der Trinkwasserversorgung und der Energieversorgung durch Sektorenauftraggeber (zum Beispiel kommunale Versorgungswirtschaft). Dies können neben öffentlichen Auftraggebern auch private Unternehmen sein (zum Beispiel Stadtwerke). Hierzu stellt die SektVO ein entsprechend flexibles Regelwerk zur Verfügung. Der Aufbau der Sektorenverordnung entspricht in weiten Teilen dem der Vergabeverordnung, trägt aber den Besonderheiten des Sektorenbereichs Rechnung. Ein wesentlicher struktureller Unterschied zur Vergabeverordnung ergibt sich aus der Tatsache, dass die Sektorenverordnung in ihrer Gesamtheit für alle Arten von Leistungen gilt, also auch für Bauleistungen.

Konzessionsvergabeverordnung (KonzVgV)

In der Verordnung über die Vergabe von Konzessionen (Konzessionsvergabeverordnung - KonzVgV) finden sich Vorschriften zur Vergabe von Bau- und Dienstleistungskonzessionen. Der Anwendungsbereich umfasst dabei auch die Sektorenauftraggeber. Konzessionen sind in der Regel langfristige und komplexe Vereinbarungen, bei denen der Konzessionsnehmer Verantwortlichkeiten und Risiken übernimmt, die üblicherweise vom Konzessionsgeber getragen werden und normalerweise in dessen Zuständigkeit fallen.

Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit (VSVgV)

Die EU-Richtlinie 2009/81/EG setzt für die Beschaffung im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich ebenfalls EU-weite, wettbewerbliche Vergabeverfahren voraus. Durch diese EU-Richtlinie soll schrittweise ein europäischer Markt für Verteidigungs- und Sicherheitsausrüstungen mit gleichen Wettbewerbsbedingungen für Anbieter aus den EU-Mitgliedstaaten aufgebaut und nationale Beschaffungsmärkte zugunsten von Anbietern aus anderen EU-Mitgliedstaaten geöffnet werden.
Die Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit (VSVgV) trägt den bereichsspezifischen Besonderheiten der Beschaffung verteidigungs- und sicherheitsrelevanter Leistungen Rechnung.

Vergabe unterhalb der EU-Schwellenwerte

Bei Vergaben unterhalb der Schwellenwerte findet traditionell Haushaltsrecht Anwendung. Über entsprechende Verweise in der Bundeshaushaltsordnung sowie in den Landeshaushaltsverordnungen/Landesvergabegesetzen finden folgende Regelungen Anwendung.
Für die Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen:
  • Bei Vergaben des Bundes und seiner Behörden: Verfahrensordnung für die Vergabe öffentlicher Liefer- und Dienstleistungsaufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte (Unterschwellenvergabeordnung – UVgO)
  • Bei Vergaben auf Landes- und Kommunalebene: Unterschwellenvergabeordnung – UVgO) (in der für das Land geltenden Fassung) bzw. entsprechende Landesvergabegesetze; ansonsten: Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen, Teil A, Abschnitt 1: Bestimmungen für die Vergabe von Leistungen (VOL/A) (PDF: 269 KB). In einigen Bundesländern wird den Kommunen die Anwendung der UVgO nicht verbindlich vorgeschrieben, sondern nur empfohlen.
Für die Vergabe von Bauleistungen:
  • Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil A, Abschnitt 1: Basisparagraphen, Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen (VOB/A)

Schwellenwerte

Ab dem 1. Januar 2024 gelten folgende Schwellenwerte (vgl. BAnz AT 12.12.2023 B1):
Leistungen Schwellenwert
Liefer- und Dienstleistungsaufträge für oberste,
obere Bundesbehörden und
vergleichbare Bundeseinrichtungen
143.000 Euro
Liefer- und Dienstleistungsaufträge für alle
anderen Auftraggeber
221.000 Euro
Liefer- und Dienstleistungsaufträge von
Sektorenauftraggebern
443.000 Euro
Verteidigungs- und sicherheitsrelevante
Liefer- und Dienstleistungsaufträge
443.000 Euro
Bauaufträge, Bauaufträge von Sektorenauftraggebern,
Verteidigungs- und sicherheitsrelevante Bauaufträge
5.538.000 Euro
Konzessionen 5.538.000 Euro
Soziale und andere besondere Dienstleistungen 750.000 Euro
Soziale und andere besondere Dienstleistungen
von Sektorenauftraggebern
1.000.000 Euro


Niedersächsische Regelungen

In Niedersachsen gilt für alle öffentlichen Auftraggeber ab einem Auftragswert von 20.000 Euro (Netto) das Niedersächsische Tariftreue – und Vergabegesetz (NTVergG).
Mit Änderung zum 1. Januar 2020 werden in Niedersachsen die Vorschriften der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) sowie der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A 2019) umgesetzt. Das Gesetz soll einen fairen Wettbewerb bei der Vergabe öffentlicher Aufträge gewährleisten sowie die umwelt- und sozialverträgliche Beschaffung durch die öffentliche Hand fördern. Mit der Änderung des NTVergG wird bei Vergaben von Bauleistungen, Liefer- und Dienstleistungen im Unterschwellenbereich eine Informations- und Wartepflicht vor Auftragserteilung eingeführt. Der Auftraggeber hat gemäß NTVergG § 16 die Unternehmen, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über die Gründe der Nichtberücksichtigung, über den Namen des Unternehmen, auf dessen Angebot der Zuschlag erteilt werden soll, und über die Wartefrist zu informieren.

Wertgrenzen in Niedersachsen

VOB/A Wertgrenze
Beschränkte Ausschreibung bis 1.000.000 €
Freihändige Vergabe bis 150.000 €
Direktauftrag bis 20.000 €
UVgO Wertgrenze
Beschränkte Ausschreibung bis 100.000 €
Verhandlungsvergabe bis 100.000 €
Direktauftrag für Schulen bis 100.000 €
Direktauftrag bis 20.000 €
Stand: 24.11.2025