Aktuelle Konjunktur

Niedersachsen: Wenig Impulse, aber viele ungelöste Probleme

Durch leicht gestiegene Geschäftserwartungen hat sich das Konjunkturklima der niedersächsischen Wirtschaft etwas verbessert, obwohl die aktuelle Geschäftslage im ersten Quartal 2024 noch etwas schlechter ist als im Winter. Die ungelösten Strukturprobleme lassen für das laufende Jahr aber weiterhin keine große Erholung erwarten. „Die Wirtschaft in Niedersachsen tritt auf der Stelle, Investitionen werden zurückgestellt und der Konsum bleibt schwach. Unternehmen kritisieren bürokratische Lasten und haben wenig Vertrauen in eine unstete Wirtschaftspolitik“, so Mirko-Daniel Hoppe, Sprecher Konjunktur und Volkswirtschaft der IHK Niedersachsen. Der IHK-Konjunkturklimaindikator für das erste Quartal steigt zwar um sieben auf 84 Punkte (Vorquartal: 77 Pkt.), aber das Gesamtbild zeigt stagnierende Geschäfte. Das ist das Ergebnis der Konjunkturumfrage der niedersächsischen Industrie- und Handelskammern mit knapp 1.800 Unternehmensantworten. 
Die aktuelle Geschäftslage wird erneut schlechter beurteilt, 18 Prozent (Vorquartal: 20 %) der Unternehmen sehen die Lage als gut an, 56 Prozent (Vq. 55 %) sind zufrieden und 27 Prozent (Vq. 25 %) beurteilen ihre Lage als schlecht. Immerhin sehen die Unternehmen nicht mehr ganz so schwarz wie zum Jahresbeginn, womit sich die Erwartungen an die kommenden Monate auf niedrigem Niveau verbessert haben: Nur 11 Prozent der Unternehmen (Vq. 8 %) rechnen mit einer günstigeren Geschäftsentwicklung, 56 Prozent (Vq. 46 %) erwarten gleichbleibende Geschäfte und 34 Prozent (Vq. 46 %) rechnen mit einer ungünstigen Entwicklung. Trotz robuster Beschäftigung, sinkender Inflation und teilweise rückläufiger Energiepreise klagen die Unternehmen laut über eine unzuverlässige Wirtschaftspolitik und eine überbordende Bürokratie. Gut jedes dritte Unternehmen hat deswegen im letzten Jahr Investitionen zurückgestellt. Eine verlässliche Politik, eine signifikante Reduzierung bürokratischer Lasten sowie niedrigere Energiepreise, Steuererleichterungen und kürzere Genehmigungsverfahren könnten den Investitionsstau auflösen. Hier sind derzeit allerdings nur ansatzweise Lösungen zu erkennen. 
Die Geschäftsentwicklung der Industrie stagniert. Die Auftragseingänge haben sich kaum verändert und bleiben schwach, der Auftragsbestand wird von 41 Prozent der Unternehmen als zu klein beurteilt. Die ausbleibenden Wachstumsimpulse des Welthandels machen sich zunehmend bei den Investitionsgüterherstellern bemerkbar und sorgen dort für stagnierende Geschäfte. Bei den energieintensiven Industrien (Chemie, Metallerzeugung, Glas, Baustoffe, Papier) haben die nachlassenden Energie¬preise zwar für ein wenig Entspannung gesorgt, für die Mehrzahl der Betriebe stellt sich mittelfristig jedoch unverändert die Standortfrage. 
Die aktuelle Geschäftslage der Bauwirtschaft ist aufgrund des Auftragsbestands ins-gesamt noch befriedigend, im Hochbau ist die Lage aber zunehmend kritisch. Trotz des großen Bedarfs an Wohnungen wird von privaten wie öffentlichen Bauherren zu wenig gebaut. Deutliche Kostensteigerungen, hohe Baustandards sowie Zinsen brem-sen viele Projekte. Eine Belebung ist im Wohnungsbau nicht zu erkennen. Tiefbau und Ausbaugewerbe laufen dagegen weiter gut. 
Im Einzelhandel hat sich die Entwicklung kaum entspannt, in vielen Bereichen gehen die Umsätze zwar nicht mehr zurück, aber stagnieren. Die Konsumneigung der Verbraucherinnen und Verbraucher hat sich leicht erholt, bleibt aber (noch) im negativen Bereich. Dieser Trend zeigt sich bei Bekleidungs- und Schuhgeschäften sowie Baumärkten, während Möbelhäuser unverändert unter Kaufzurückhaltung leiden. Im Großhandel ist eine Belebung weder bei Konsum- noch bei Industriegütern erkennbar. 
Das Tagesgeschäft des Verkehrsgewerbes stagniert. Im Güterverkehr ist die Stimmung aufgrund der drastischen Erhöhung der LKW-Maut allerdings schlecht. Spediteure sehen sich als Steuereintreiber und müssen erhebliche Beträge vorfinanzieren. Zumindest scheint das Beförderungsvolumen nicht mehr rückläufig. 
Das Gastgewerbe war mit dem ersten Quartal nicht zufrieden. Nach der üblichen Durststrecke in den ersten Monaten des Jahres wird wieder mit stabilen Umsätzen gerechnet, wobei die Sparsamkeit der Gäste nach der Wiederanhebung der Umsatzsteuer auf Speisen anhält. 
Die Geschäftslage im ersten Quartal wird von den Kreditinstituten als gut beurteilt. Das Kreditgeschäft hat seine Schwächephase zwar überwunden, eine Belebung wird von den Instituten aber auch nicht gemeldet. Die Versicherungen waren mit ihren Geschäften erstmals seit 2007 nicht zufrieden, was an hohen Schadenszahlungen lag. Für die kommenden Monaten wird zumindest mit steigenden Beitragseinnahmen und wachsendem Neugeschäft gerechnet. 
Die Geschäftslage der Dienstleistungsunternehmen bleibt überwiegend positiv. Die Auftragseingänge sind auch bei den Dienstleistern rückläufig. Insgesamt bleibt die Entwicklung jedoch robust. 

Ausblick 

„Der Wirtschaftsstandort erodiert durch hohe Energiepreise, marode Infrastruktur, hohe Unternehmenssteuern und einen zunehmenden Fachkräftemangel. Die Unter-nehmen sehen als größte Hindernisse für Investitionen aber insbesondere die unstete Wirtschaftspolitik und eine stetig anwachsende Belastung durch immer neue Vor-schriften und Vorgaben“, so die Einschätzung des IHKN-Sprechers Konjunktur Mirko-Daniel Hoppe.
„Die Wirtschaftspolitik muss jetzt einen investitionsfreundlichen Kurs einschlagen und an diesem festhalten. Die Probleme sind klar benannt, die Wirtschaftspolitik muss diese Strukturprobleme angehen“, kommentierte Hoppe.
 
Stand: 22.04.2024