Aktuelle Konjunktur
Niedersachsen: Indikatoren leicht aufwärts, aber Unsicherheiten lähmen weiterhin
Die Konjunkturindikatoren für Niedersachsen haben sich im vierten Quartal leicht erholt. Die Investitionszurückhaltung hält allerdings an. Unternehmen rechnen aktuell nicht mit spürbaren Reformen. „Eine neue Bundesregierung ist nicht automatisch ein Signal für bessere Investitionsbedingungen und weniger Bürokratie. Die unterschiedlichsten Versprechungen im Wahlkampf bestärken eher die Skepsis der Unternehmen bezüglich schneller Fortschritte“, so Maike Bielfeldt, Hauptgeschäftsführerin der IHK Niedersachsen. Der IHK-Konjunkturklimaindikator für das vierte Quartal steigt um fünf auf 80 Punkte (Vorquartal: 75 Pkt.). Das ergab die Konjunkturumfrage der niedersächsischen Industrie- und Handelskammern bei knapp 2.000 Unternehmen.
Das Auf und Ab der Umfragewerte 2024 auf Krisenniveau zeigt die schlechte Stimmung in der niedersächsischen Wirtschaft aufgrund der anhaltenden Strukturprobleme. Eine wirksame Verbesserung für Unternehmen bei den wichtigsten Belastungsfaktoren (Bürokratie, Energiepreise, Arbeitskosten, Steuern, Fachkräfte) wird im Wahlkampf zwar von den meisten Parteien versprochen, ist konkret aber noch nicht erkennbar. Damit hält die Investitionszurückhaltung der Unternehmen an. Deutschland aber braucht sowohl konjunkturelle Wachstumsimpulse als auch Strukturreformen.
Die aktuelle Geschäftslage wird etwas besser eingeschätzt als im Stimmungstief im Herbst. 17 Prozent (Vorquartal: 16 %) der Unternehmen sehen die Lage als gut an, 55 Prozent (Vq. 51 %) sind zufrieden und 28 Prozent (Vq. 34 %) beurteilen ihre Lage als schlecht. Die Erwartungen an die kommenden Monate haben sich aufgrund der unveränderten Rahmenbedingungen nur minimal verbessert: Nur noch 8 Prozent der Unternehmen (Vq. 9 %) rechnen mit einer günstigeren Geschäftsentwicklung, 56 Prozent (Vq. 50 %) erwarten gleichbleibende Geschäfte und 36 Prozent (Vq. 41 %) rechnen mit einer ungünstigen Entwicklung.
Zentrale Ursache für die Krise ist nach Wahrnehmung der Unternehmen die Wirtschaftspolitik in Bund und EU. Auch von der schwachen Weltkonjunktur ist keine Entlastung zu erwarten. Vielmehr bedrohen die protektionistischen Bestrebungen das Exportland Deutschland. Der private Konsum bleibt zurückhaltend und nimmt nur mit größerer Zeitverzögerung gegenüber den Einkommen wieder zu.
Die Geschäftsentwicklung der Industrie bleibt kritisch. Kurzfristig ansteigende Auftragsstatistiken suggerieren Entspannung, der mittelfristig anhaltende Produktionsrückgang zeigt dagegen die Standortprobleme mit voller Schärfe. Die Umfrageergebnisse für die Auftragseingänge der niedersächsischen Industrie bleiben eher ungünstig, der Auftragsbestand wird von knapp jedem zweiten Unternehmen als zu klein beurteilt.
Die Geschäftsentwicklung der Bauwirtschaft bleibt ambivalent. Der Wohnungsbau hat nur noch das halbe Volumen früherer Jahre und ringt förmlich um Aufträge. Der Tiefbau/Infrastrukturbau hat dagegen anhaltend viel zu tun und braucht Fachkräfte für die Fülle an Aufträgen sowohl für den Neubau als auch für die Sanierung von Bauwerken.
Die Entwicklung im Einzelhandel hat nicht das gehalten, was die steigenden Einkommen versprochen haben. Die Konsumneigung ist zwar gestiegen, bleibt aber noch unter dem langjährigen Durchschnitt. Das Weihnachtsgeschäft hat die Erwartungen daher insgesamt nicht erfüllt. Gute Geschäfte meldeten der Lebensmitteleinzelhandel, die Geschäfte für Unterhaltungselektronik sowie Apotheken/Sanitätshäuser. Die Umsätze bei den Innenstadtsortimenten (Bekleidung, Schuhe/Lederwaren) als auch die Möbelhäuser und Baumärkte lagen dagegen unter den Erwartungen. Die Aussichten werden weiterhin ungünstig beurteilt. Der Großhandel hat das Stimmungstief vom Herbst zwar verlassen, sowohl Binnenhandel als auch Export/Import bleiben bezüglich der Entwicklung aber skeptisch.
Die Geschäftslage des Verkehrsgewerbes hat sich auf niedrigem Niveau etwas erholt. Das Beförderungsvolumen war im vierten Quartal höher als im Herbst erwartet. Trotzdem bleibt die Zahl der Optimisten klein, da der Fahrermangel unverändert die Geschäfte beeinträchtigt.
Das Gastgewerbe war im vierten Quartal mit den Übernachtungszahlen zufrieden. Schwieriger war die Entwicklung im Restaurationsbereich, da die Preiserhöhungen teilweise zu einem rückläufigen Geschäft führten. Mehr als die Hälfte der Betriebe rechnet mit weiter steigenden Preisen, da die Kostensteigerungen (Material, Löhne, Energie) noch nicht vollständig weitergegeben wurden.
Zufriedenstellende Geschäfte meldet dagegen der Finanzsektor. Bei den Kreditinstituten ist das Kreditgeschäft sowohl bei Privat- als auch bei Geschäftskunden expansiv. Bei den Versicherungen wird das mengenmäßig zufriedenstellende Geschäft allerdings durch hohe Schadenszahlungen getrübt.
Das vierte Quartal entwickelte sich für die meisten Dienstleistungsunternehmen zufriedenstellend. Unternehmensbezogene wie personenbezogene Dienstleistungen hatten zufriedenstellende Umsätze. Auch die Umsatzerwartungen sind positiv. Insgesamt zeigen sich die Dienstleister sehr robust.
Ausblick
„Angesichts der Ungewissheit nach dem vorzeitigen Ampel-Aus und vor dem Amtsantritt Donald Trumps ist sowohl die deutsche als auch die europäische Politik umso stärker gefragt, konjunkturelle Impulse zu setzen und vor allem die überfälligen Strukturreformen anzugehen. Beides fehlt – wie Wind und Sonne in einer Dunkelflaute“, sagte IHKN-Hauptgeschäftsführerin Maike Bielfeldt. Sie sprach daher von einer politischen Dunkelflaute, die man hinter sich lassen müsse. „Dazu brauchen wir Investitionen und Innovationen. Die nächste Bundesregierung wird unsere Strukturprobleme angehen und Impulse für die Transformation der Wirtschaft setzen müssen“, so die Einschätzung Bielfeldts.
Stand: 21.01.2025