IHK-Konjunkturumfrage

Die Konjunktur im IHK-Bezirk Hannover hat sich im 3. Quartal 2025 erneut verschlechtert. Die Geschäftslage und die Erwartungen haben sich unter dem Eindruck ausbleibender durchgreifender Reformen in Deutschland abgeschwächt. Die Indikatoren fallen auf das Niveau früherer Krisenjahre zurück. Nach der zwischenzeitlichen, leichten Belebung im Frühjahr muss aufgrund rückläufiger Auftragseingänge in der Industrie und bei Dienstleistungen erneut eine Abschwächung hingenommen werden. Der Handel klagt wie im letzten Jahr über schleppenden Konsum.
Eine deutlich überdurchschnittliche Entwicklung im Vergleich zu Niedersachsen zeichnet sich im Export ab. Die Zollvereinbarungen mit den USA beenden nun die längere Zeit der Unsicherheit im wichtigen USA-Geschäft. Die Exporterwartungen sind im Saldo um 14 Punkte gestiegen (Niedersachsen: +1) und erreichen jetzt ein zumindest neutrales Niveau. Vor allem größere Unternehmen sehen hier wieder Wachstumschancen.
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Geschäftslage und Erwartungen sind fast im Gleichschritt rückläufig. Beide Indikatoren zeigen die schwierige Lage, in der sich die Wirtschaft im Herbst befindet. Nicht nur die Lage wird per Saldo von knapp jedem dritten Unternehmen schlecht eingeschätzt, auch die Erwartungen sind ungünstig.
Der Klimaindikator, der als geometrisches Mittel von Geschäftslage und Erwartungen berechnet wird, ist im 3. Quartal 2025 um sechs Punkte auf 85 Punkte (Vorquartal: 91 Pkt.) gefallen. Der langjährige Durchschnitt seit dem Jahr 2000 von 104 Punkten zeigt, dass sich die aktuelle Situation nach drei Anstiegen in Folge wieder markant abgeschwächt hat und weit von einer zufriedenstellenden oder guten Lage entfernt ist.
Die Geschäftslage hat sich im 3. Quartal nur im Bauhauptgewerbe und bei den Kreditinstituten verbessert. Industrie, Handel und Dienstleister hatten in den letzten Monaten wieder schwächere Geschäfte zu verzeichnen. In der Summe über alle Branchen liegt die Geschäftslage mit einem Saldo von positiven und negativen Antworten bei minus vierzehn.
Ähnlich haben sich die Erwartungen der Unternehmen entwickelt. In den meisten Branchen waren die Erwartungen rückläufig. Die Erholungstendenzen der letzten Quartale haben sich nicht fortgesetzt. Im Baubereich und bei den Banken sieht die Tendenz freundlich aus.
Die sich im Frühjahr andeutende Belebung des privaten Konsums hat sich nicht fortgesetzt. Der Einzelhandel ist damit wieder das „Schlusslicht“ in dieser Vergleichsgrafik der Wirtschaftsbereiche. Wirklich besser ist die Entwicklung der Industrie nicht, da sich an den strukturellen Problemen des Industriestandortes Deutschland aktuell nichts Wesentliches geändert hat und erkannte Probleme ungelöst bleiben. Der Einbruch bei den Dienstleistern kommt vergleichsweise spät und ist jetzt kräftiger als in anderen Branchen.
Die Investitionsschwäche der letzten Jahre hält an. Jedes dritte Unternehmen plant aktuell mit abnehmenden Investitionen. Ein Politikwechsel im Sinne der Unternehmen, der Investitionen am Standort fördert, ist in Teilen erkennbar. Der sogenannte Investitionsturbo und die Einführung des Industriestrompreises sind erste positive Signale für Unternehmen, deren Wirkung aber noch aussteht. Bevor Investitionen getätigt werden, müssen die Unternehmen wieder Vertrauen in die Politik finden.
Bei den Auftragseingängen der Industrie hat sich der Saldo der Antworten im 3. Quartal um 20 Punkte verschlechtert. Das ist ein deutlicher Einbruch, der sich auch durch die Daten der amtlichen Statistik zieht, soweit diese schon veröffentlicht sind (Berichtsmonate Juli und August). Auch die Auftragsbestände werden wieder schwächer beurteilt. Jedes zweite Industrieunternehmen (51 %; Vorjahr: 40 %) hält seinen Auftragsbestand für zu klein.
Die Exporterwartungen der Industrie haben sich auf niedrigem Niveau erholt. Dabei hat sich der Anteil der Pessimisten, die abnehmende Exporte erwarten (28 %, Vorq. 25 %) nur wenig verändert. Mit der Zollvereinbarung mit den USA hat sich nun der Anteil der Optimisten, die zunehmende Exporte erwarten, von 8 auf 25 Prozent deutlich erhöht. Damit ist insgesamt wieder mit einer leichten Belebung des Exports zu rechnen.

Längere Zeit hatte der Handel erwartet, dass sich die Lohnsteigerungen allmählich positiv auf den privaten Konsum auswirken würden. Doch der Hoffnung aus dem Frühjahr folgt nun ein jäher Rückschritt.
Die Grafik zur Konsumneigung gibt die Ausgabefreude der Kundschaft aus Sicht der Einzelhändler wieder. Die Handelsumsätze und die Einschätzung der Konsumneigung durch den Einzelhandel erleiden einen Rückschlag. Die Kundschaft ist sparsam und ein Ende der Zurückhaltung nicht erkennbar.
Umfragewerte wie auch harte Statistiken zeigen seit Jahren, dass die unternehmensnahen Dienstleistungsunternehmen (Beratung, Werbung, Medien/IT, Architektur- und Ingenieurbüros, Leasing, Zeitarbeit, Facility-Management etc.) besser abschneiden als der Durchschnitt. Gleichwohl sind die Dienstleister nicht unabhängig vom Rest der Wirtschaft, sondern vielmehr Spezialisten für Teilaufgaben, die Unternehmen nicht zu ihrer Kernkompetenz zählen.
Im Bezirk der IHK Hannover wird, wie in ganz Niedersachsen, unverändert das Problem der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (71 %; Vorjahr: 65 %) als Unternehmensrisiko Nummer eins wahrgenommen. Im Vorjahr hatte dieser Wert mit der Endphase der Ampel-Regierung bei maximal 69 % gelegen. Platz zwei in der Risikowahrnehmung bleibt mit der schwachen Konjunktur die Inlandsnachfrage (57 %; Vj. 61 %). Risiko Nummer drei stellen die Arbeitskosten (55 %; Vj. 53 %) dar. Die Lohnabschlüsse der jüngsten Vergangenheit, die steigenden Lohnnebenkosten sowie die bevorstehende Erhöhung des Mindestlohns zeigen die große und größer werdende Bedeutung für Unternehmen. Der Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel (47 %; Vj. 53 %; 2023: 67 %) ist mit der Konjunkturschwäche nur noch Risiko Nummer vier. Gegenüber 2023 liegt dieses „Risiko“ der Arbeitskräfte um 20 Punkte unter dem Wert von 2023. Rang fünf haben weiterhin die Risiken rund um die Energie- und Rohstoffpreise (44 %; Vj.: 38 %). Das Risiko der Auslandsnachfrage der Industrie (36 %; Vj. 45 %) liegt zwar insgesamt nur auf Rang fünf, hat für zentrale Branchen wie Automotive (70 %) und Maschinenbau (62 %) aber eine herausragende Bedeutung. Vergleichsweise gering bleiben Risiken aus der Finanzierung (13 %) oder aus den Wechselkursen (7 %).
Es wurden vier Zusatzfragen zum Fachkräftemangel gestellt:
38 % der Unternehmen (Vorjahr: 48 %; 2023: 60 %) können Stellen längerfristig nicht besetzen, 35 % der Unternehmen (Vorj. 32 %; 2023: 23 %) melden keinen Personalbedarf. Hier hat die konjunkturelle Schwäche für einen merklichen Rückgang beim Bedarf gesorgt.
Geändert hat sich das Anforderungsniveau der offenen Stellen. Der bestehende Bedarf erstreckt sich in erster Linie auf Personal mit abgeschlossener Berufsausbildung (53 %; Vj. 48 %) oder beruflich weiterqualifizierte Beschäftigte wie Fachwirte und Meisterinnen (41 %; Vj. 54 %). Ohne eine Berufsausbildung bleiben die Einstellungschancen deutlich geringer: 27 % der Unternehmen bieten solche Stellen an, im Vorjahr waren dies 22 %. Den geringsten Bedarf – und das ist eine neue Entwicklung – gibt es bei akademisch ausgebildeten Fachkräften. Nur jedes vierte Unternehmen (25 %) sucht noch Akademiker (Vorjahr: 41 %; 2023: 46 %).
Der Arbeits- und Fachkräftemangel wird aus Sicht der Unternehmen zukünftig nicht ohne Folgen bleiben. 70 Prozent der Unternehmen rechnen mit steigenden Arbeitskosten, etwas weniger (62 %) mit einer Mehrbelastung der vorhandenen Belegschaft. Diese beiden Faktoren wurden mit Abstand am meisten genannt. Jedes dritte Unternehmen (34 %) geht von einem Verlust von betriebsspezifischem Wissen aus. 29 Prozent halten eine Einschränkung des Angebots oder eine Ablehnung/Verlust von Aufträgen für möglich. Knapp jedes vierte Unternehmen (22 %) erwartet, dass der Fachkräftemangel einen Verlust von Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit nach sich zieht, wobei die Umfragewerte in der Industrie höher sind. Als weitere Folge des Arbeitskräftemangels wird ein Rückgang der Investitionstätigkeit im Inland (13 %) genannt. Nur 8 Prozent aller Unternehmen erwarten keine Folgen bzw. haben keinen Arbeitskräftemangel.
Eine neue Zusatzfrage geht der Frage nach, wie ältere Beschäftigte länger im Erwerbsleben gehalten werden können. Aus Sicht der Unternehmen kommen hier vor allem drei Dinge in Betracht. Steuerliche Vorteile für Beschäftigte im Rentenalter geben 68 Prozent an, eine Erleichterung der befristeten Weiterbeschäftigung gaben 62 Prozent der Unternehmen an und 58 Prozent halten den Wegfall der Beiträge zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung für wichtig. Mit Abstand folgen die Einschränkung/Wegfall der sogenannten „Rente mit 63“ (30 %), die Erhöhung des Renteneintrittsalters (22 %) und Sonstiges (4 %). 13 Prozent der Unternehmen halte solche Maßnahmen nicht für erforderlich.
699 Unternehmen wurden zum III. Quartal 2025 vom 16. September bis 6. Oktober befragt. 437 gewichtete Unternehmensantworten liegen vor. Der Rücklauf der Befragung lag bei 60 %.


Stand: 06.11.2025