IHK-Konjunkturumfrage

Die Konjunkturerwartungen der Unternehmen im IHK-Bezirk Hannover haben sich auf niedrigem Niveau erhöht, aber die strukturellen Probleme bleiben. Die Geschäftserwartungen haben sich im 1. Quartal in Anbetracht der Schuldenpakete erholt. Das niedrige Niveau der Indikatoren und die unverändert schwachen Investitionsplanungen aber zeigen die Zurückhaltung der Unternehmen, die auf echte Reformen warten. Die konjunkturelle Entwicklung hängt jetzt wesentlich von der schnellen Umsetzung der Vorhaben der Bundesregierung ab und wie sich die Zollstreitigkeiten entwickeln.
Im Laufe der Umfrage führten die Zollankündigungen dazu, dass sich die Exporterwartungen weiter abschwächten. Zwischen dem 2. April, dem Tag der Ankündigung von US-Zöllen, und dem 7. April, dem letzten Tag der IHK-Umfrage, ging der Indikator der Exporterwartungen von minus 15 auf minus 22 zurück, obwohl am 2. April bereits 81 % der Antworten vorlagen. Ein Fünftel der Antworten hat damit den Exportindikator kräftig nach unten gezogen. Als Folge des Zollchaos droht der exportabhängigen deutschen Wirtschaft sogar eine Rezession.
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Während die kurzfristigen Stimmungsindikatoren wie die Beurteilung der Geschäftslage und die Erwartungen zulegen konnten, zeigen die konkreten Bestands- und Planungsindikatoren der IHK-Umfrage wie Auftragseingänge oder Investitionsplanungen die unverändert schwierige Situation.
Der Klimaindikator, der als geometrisches Mittel von Geschäftslage und Erwartungen berechnet wird, ist im 1. Quartal 2025 um sieben Punkte auf 88 Punkte (Vorquartal: 81 Pkt.) gestiegen. Der langjährige Durchschnitt seit dem Jahr 2000 von 104 Punkten zeigt, dass die aktuelle Situation aus Sicht der Unternehmen von einer zufriedenstellenden Geschäftsentwicklung noch weit entfernt ist.
Die Geschäftslage hat sich im 1. Quartal in einigen Wirtschaftsgruppen verbessert. Industrie, Baugewerbe, Groß- und Einzelhandel sowie der Finanzsektor melden eine bessere Lage. Die Dienstleistungen stagnieren dagegen. In der Tendenz schwächer ist die Entwicklung im Verkehrsgewerbe. Im letzten Quartal 2024 hatten die Umfragewerte zur Geschäftslage mit dem Ampel-Aus bereits zugelegt. Jetzt haben sich die Geschäftserwartungen mit den Wahlergebnissen zum Bundestag und den ersten angekündigten Politikvorhaben in allen Branchen etwas erhöht. Entscheidend könnte jedoch die Entwicklung des Außenhandels sein.
Die konjunkturelle Lage hat sich im 1. Quartal uneinheitlich entwickelt. Die Impulse vom privaten Konsum bleiben trotz steigender Einkommen schwach, der Einzelhandel hat sich auf sehr niedrigem Niveau erholt. Die Industrie schöpft Hoffnung auf bessere Geschäfte, wobei die strukturellen Probleme unverändert bestehen. Die Dienstleister stagnieren insgesamt.
Die Investitionsschwäche hält nun seit geraumer Zeit an. Ein Politikwechsel im Sinne der Unternehmen ist nach der Wahl noch nicht konkret. Insofern wird es auf die Reformen der neuen Bundesregierung und das Tempo der Maßnahmen ankommen. Die hohen Tarifsteigerungen haben dazu geführt, dass die Arbeitskosten wieder in den Mittelpunkt betriebswirtschaftlicher Entscheidungen gerückt sind. Eine stagnierende Wirtschaft führt so bei gestiegenen Kosten zu weniger Beschäftigung.
Bei den Auftragseingängen der Industrie zeigt der Trend vorsichtig nach oben. Von niedrigem Niveau aus erholt sich das Geschäft, die Auftragsbestände werden aber noch als zu gering beurteilt. Gut jedes zweite Unternehmen (53 %; Vorjahr: 41 %) hält seinen Auftragsbestand für zu klein.
Die Exporterwartungen der Industrie sind mit den Zoll-Ankündigungen kräftig gesunken. Unter dem Eindruck bevorstehender Handelsbeschränkungen mit den USA ist der Indikator der Exporterwartungen regelrecht abgestürzt. Mit Ausnahme der Finanzkrise 2008 und der Zeit des Corona-Ausbruchs 2020 hat der Wert im 1. Quartal 2025 mit minus 24 einen Tiefpunkt markiert. Zum Vergleich: Zwischen 2000 und 2019 lag der Exportindikator durchschnittlich bei plus 19 Punkten.
Die Hoffnungen auf einen stärker werdenden privaten Konsum haben sich bisher nicht erfüllt. Die Preissteigerungen nicht nur bei Lebensmitteln haben die Kundinnen und Kunden sparsam werden lassen. Eine Änderung dieses nun schon seit längerem zu beobachteten Trends ist nicht absehbar. Vor allem Innenstadtsortimente (Bekleidung, Schuhe etc.) laufen schlecht.
Die Grafik zur Konsumneigung gibt die Ausgabefreude der Kundschaft aus Sicht der Einzelhändler wieder. Der langjährige Durchschnitt von minus 26 zeigt, dass sich die Umfrageergebnisse trotz inzwischen wieder steigender Realeinkommen nicht durchgreifend erholt haben.
Die unternehmensnahen Dienstleistungsunternehmen (Beratung, Werbung, Medien/IT, Architektur- und Ingenieurbüros, Leasing, Zeitarbeit, Facility-Management etc.) haben sich leicht erholt. Die Umsatzerwartungen werden weiter positiv beurteilt. Ein kräftiger Aufschwung wird allerdings erst über eine wieder stärkere Industrie zu erwarten sein.
Im Bezirk der IHK Hannover wird, wie in ganz Niedersachsen, unverändert das Problem der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (67 %; Vorjahr: 62 %) als Unternehmensrisiko Nummer eins wahrgenommen. Das Thema Bürokratie, ein wichtiges Element der Rahmenbedingungen, ist mittlerweile allgegenwärtig. Platz zwei in der Risikowahrnehmung hat aufgrund der schwachen Konjunktur die Inlandsnachfrage (56 %; Vj. 61 %) auf. Risiko Nummer drei stellen die Arbeitskosten (51 %; Vj. 53 %) dar. Die hohen Lohnabschlüsse der jüngsten Vergangenheit haben die Lohnkosten, wieder in den Mittelpunkt betriebswirtschaftlicher Entscheidungen gerückt. Der Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel (46 %; Vj. 60 %) ist mit der Konjunkturschwäche nur noch Risiko Nummer vier. Allerdings wird, demographisch bedingt, das Problem Arbeitskräftemangel in den kommenden Jahren eher größer als kleiner werden.
Rang fünf haben weiterhin die Risiken rund um die Energie- und Rohstoffpreise (43 %; Vj.: 42 %). Erneut erheblich größer geworden ist hingegen aus den genannten Gründen das Risiko der Auslandsnachfrage der Industrie (45 %; Vj. 33 %). Im Bereich der Investitionsgüterindustrie liegt dieser Wert aufgrund der großen Exportorientierung sogar bei 59 %. Weiterhin vergleichsweise gering bleiben Risiken aus der Finanzierung (13 %) oder aus den Wechselkursen (6 %).
Es wurden Zusatzfragen zur finanziellen Lage der Unternehmen gestellt (Mehrfachantworten):
Die schwache Konjunktur führt bei Unternehmen immer wieder auch zu finanziellen Problemen. Gut zwei Drittel der Unternehmen (68 %; Vj. 70 %) bezeichnen ihre Finanzlage derzeit als unproblematisch. Umgekehrt bedeutet dies, dass etwa jedes dritte Unternehmen aktuell finanzielle Probleme hat. Dabei berichten 15 % der Unternehmen von einem Eigenkapitalrückgang und jedes neunte Unternehmen klagt über Liquiditätsengpässe. Besonders hohe Umfragewerte haben hier einige Dienstleistungsbereiche wie das Verkehrsgewerbe und unternehmensbezogene Dienstleistungen. 9 % aller Unternehmen berichten von einer hohen Fremdkapitalbelastung, 6 % von einem erschwerten Zugang zu Fremdkapital. Als Begleiterscheinung der schwachen Konjunktur melden immerhin 11 % der Unternehmen zunehmende Forderungsausfälle. Von einer Insolvenz bedroht fühlen sich derzeit 2 % der Unternehmen, wobei diese Antwortoption sehr vorsichtig zu interpretieren ist.
Unternehmenskredite haben sich verteuert. Mit den gestiegenen Zinsen ist auch die Finanzierung der Unternehmen schwieriger geworden. 70 % der Unternehmen (Vj: 75 %) sehen keine Beeinträchtigung bei ihren Finanzierungen. Ein Problem bei den Krediten/Kreditlinien ist öfter die Zinshöhe, die bei 18 % der Unternehmen die Finanzierung beeinträchtigt. Problem Nummer zwei bei der Finanzierung sind die Dokumentationspflichten, die von 12 % genannt werden. Im Vorjahr (2024) sahen hier 9 % ein Problem, 2023 waren es nur 7 %. Die Anforderungen an die Banken selbst und damit auch an die Unternehmen sind hier durch das Lieferkettengesetz und die Nachhaltigkeitsrichtlinie in den letzten Jahren merklich gewachsen. Der „Papierkrieg“, sprich die Bürokratie, bremst auch hier.
664 Unternehmen wurden zum I. Quartal 2025 vom 18. März bis 7. April befragt. 439 gewichtete Unternehmensantworten liegen vor. Der Rücklauf der Befragung lag bei 66 %.


Stand: 24.04.2025