Gewerberecht

Abgrenzungsfragen zum Handwerk (FAQ)

Was ist ein zulassungspflichtiges Handwerk?

Durch die Handwerksordnung (HwO) wird gesetzlich geregelt, was ein Handwerksbetrieb ist. Die HwO enthält in einer Anlage A ein Verzeichnis derjenigen 53 Gewerbe, die als zulassungspflichtiges Handwerk betrieben werden können. Wird also ein Gewerbe der Anlage A vollständig oder wesentliche Tätigkeiten daraus als stehendes Gewerbe handwerksmäßig betrieben, ist eine vorgeschriebene Befähigung (z. B. Meisterprüfung) erforderlich.

Welche Tätigkeiten zählen nicht zum Handwerk?

Wer ein zulassungspflichtiges Handwerk (Anlage A der HwO) als stehendes Gewerbe handwerksmäßig betreibt, benötigt dazu eine Befähigung (z. B. Meisterprüfung). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes sind nicht alle in handwerklichen Berufsbildern aufgeführten Arbeiten von vornherein den Vorschriften der HwO zu unterwerfen, sondern nur solche, die den Kernbereich des entsprechenden Handwerks ausmachen und ihm sein essentielles Gepräge geben. Es muss sich um Tätigkeiten handeln, die für dieses Gewerbe wesentlich sind (wesentliche Tätigkeiten).
Keine wesentlichen Tätigkeiten (§ 1 Abs. 2 HwO) sind insbesondere solche, die
  • in einem Zeitraum von bis zu drei Monaten erlernt werden können, oder
  • zwar eine längere Anlernzeit verlangen, aber für das Gesamtbild des betreffenden zulassungspflichtigen Handwerks nebensächlich sind und deswegen nicht die Fertigkeiten und Kenntnisse erfordern, auf die die Ausbildung in diesem Handwerk hauptsächlich ausgerichtet ist, oder
  • nicht aus einem zulassungspflichtigen Handwerk entstanden sind.
Auch wenn unwesentliche handwerkliche Tätigkeiten ausgeübt werden, kann eine Zugehörigkeit zur Handwerkskammer begründet sein. Das ist der Fall, sofern der Gewerbetreibende in dem betreffenden zulassungspflichtigen Handwerk seine Ausbildung über die Handwerkskammer absolviert hat oder der Gewerbetreibende an einer den Ausbildungsinhalten gleichenden ausbildungsvorbereitenden Maßnahme teilgenommen hat und die unwesentliche Tätigkeit den überwiegenden Teil der gewerblichen Tätigkeit ausmacht (§90 Abs. 2 HwO).
Diese Regelungen gelten aber nur für Gewerbetreibende, die nach dem 30.12.2003 ihr Gewerbe angemeldet haben.

Kann ich auch ohne Meisterprüfung handwerksmäßig tätig werden?

Grundsätzlich wird in die Handwerksrolle nur eingetragen, wer in dem zu betreibenden Handwerk die Meisterprüfung bestanden hat. Es werden aber auch andere Prüfungen anerkannt. Industriemeister nach §46 Abs. 2 Berufsbildungsgesetz – BBiG – werden direkt in die Handwerksrolle eingetragen, wenn ihre Prüfung gleichwertig mit der jeweiligen Handwerksmeisterprüfung ist (§7 Abs. 2 HwO). Eingetragen werden auch Personen, die eine Abschlussprüfung einer deutschen Hochschule oder ein Diplom eines anderen EU-Mitgliedsstaates vorweisen können, sofern diese Abschlüsse gleichwertig sind. Altgesellen können ein zulassungspflichtiges Handwerk als stehendes Gewerbe ausüben, wenn sie eine entsprechende Gesellenprüfung und eine sechsjährige Tätigkeit, davon vier Jahre in leitender Stellung, nachweisen können.
Ausgenommen von dieser Regelung sind Schornsteinfeger, Augenoptiker, Hörgeräteakustiker, Orthopädiemechaniker, Orthopädieschuhmacher sowie Zahntechniker (§ 7 b HwO). In besonders gelagerten Fällen kann die Eintragung in die Handwerksrolle auch über eine Ausnahmebewilligung (§ 8 HwO) erfolgen, die von der Handwerkskammer erteilt wird. Voraussetzung hierfür ist der Nachweis entsprechender Kenntnisse und Fertigkeiten sowie das Vorliegen eines Ausnahmefalls. Dieser setzt voraus, dass die Ablegung der Meisterprüfung eine unzumutbare Belastung bedeuten würde. Ausnahmefälle können beispielsweise sein: andere Prüfungen, Outsourcing, lange Wartezeiten, gesundheitliche Gründe oder körperliche Behinderung, Gelegenheit zur Betriebsübernahme, Ausübung einer Spezialtätigkeit, fortgeschrittenes Alter.
Werden Leistungen nicht für Dritte, sondern für das Hauptunternehmen erbracht, ist keine Befähigung erforderlich. Diese so genannten Hilfsbetriebe müssen aber der wirtschaftlichen Zweckbestimmung des Hauptbetriebes dienen. Hersteller und Importeure können die bei ihnen produzierten bzw. von ihnen eingeführten Produkte bei Dritten installieren, ohne dass eine Eintragung in der Handwerksrolle erfolgen muss (§ 3 Abs. 3 Ziffer 2 HwO).
Beispiel:
Der Aufbau von Einbauküchen sowie die Installation der Einbaugeräte (Herd, Spüle usw.) ist ohne Handwerksrolleneintrag möglich, wenn
  • es sich bei dem Betrieb selbst um den Hersteller handelt oder
  • der Betrieb durch Anbringen seines Namens, seiner Marke oder eines anderen unterscheidungskräftigen Kennzeichens sich als Hersteller ausgibt oder
  • der Betrieb selbst das Produkt in den europäischen Wirtschaftsraum eingeführt hat (Importeur) oder
  • der Hersteller des Produkts nicht mehr festgestellt werden kann (z. B. importierte Ware aus Fernost).

Neben den nichthandwerklichen bzw. Handelstätigkeiten sollen auch handwerkliche Tätigkeiten ausgeführt werden. Ist das ohne Meister möglich?

Gemäß § 1 der HwO ist die selbständige Ausübung eines Handwerks bzw. wesentlicher Teiltätigkeiten eines Handwerks als stehendes Gewerbe nur den in der Handwerksrolle eingetragenen Personen gestattet.
Eine Eintragung bzw. ein Meister ist nicht erforderlich, wenn handwerkliche Tätigkeiten im Rahmen eines handwerklichen Nebenbetriebes (§3 Abs. 2 HwO) ausgeführt werden. Ausschlaggebend ist, ob die zulassungspflichtigen handwerklichen Tätigkeiten einen jährlichen Arbeitszeitraum von ca. 1.664 Stunden überschreiten.
Diese Regelung findet aber nur dann Anwendung, sofern die Voraussetzungen für einen handwerklichen Nebenbetrieb vorliegen. Ein Nebenbetrieb muss dem Zweck des Hauptbetriebes dienen und vom Umsatz her von untergeordneter Bedeutung sein. Andernfalls muss der Inhaber oder ein Betriebsleiter die handwerksrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Für Reparaturarbeiten, die im Rahmen eines handwerklichen Nebenbetriebes ausgeführt werden, darf aber nicht geworben werden. Solche Verstöße werden regelmäßig wettbewerbsrechtlich abgemahnt.

Kann ich einen Meister einstellen?

Wer einen Handwerksbetrieb eröffnen will und die Voraussetzungen zur Eintragung in die Handwerksrolle selbst nicht erfüllt, kann, unabhängig von der Rechtsform seines Unternehmens, einen Betriebsleiter mit den erforderlichen handwerklichen Voraussetzungen einstellen (§ 7 Abs. 1 HwO).

Was sind handwerksähnliche Tätigkeiten? Was sind zulassungsfreie Handwerke?

Die Anlage B der HwO ist in zwei Abschnitte unterteilt. In Abschnitt 1 sind 42 Gewerbe aufgeführt, die als zulassungsfreie Handwerke betrieben werden können, in Abschnitt 2 sind 52 Gewerbe aufgeführt die als handwerksähnliche Gewerbe betrieben werden können. Weder für die in Abschnitt 1 noch in Abschnitt 2 aufgeführten Gewerbe bedarf es einer Qualifikation. Ein Eintrag in das Verzeichnis der zulassungsfreien Handwerke bzw. der handwerksähnlichen Gewerbe ist ausreichend. Kein Eintrag ist erforderlich, sofern die Tätigkeiten einen Umsatzanteil von weniger als 50 % des Gesamtumsatzes ausmachen und eine fachliche Verbundenheit zum Hauptbetrieb gegeben ist.
Beispiele:
  • In einem Kosmetikfachgeschäft werden neben Kosmetikprodukten auch kosmetische Behandlungen angeboten. Der Umsatz der handwerksähnlichen Leistung des Kosmetikers liegt aber unter 50 %
  • In einem gastronomischen Betrieb wird Bier selbst hergestellt und über die Ladentheke verkauft. Der Umsatzanteil des zulassungsfreien Handwerks "Brauer und Mälzer" liegt aber unter 50%. Der Umsatzschwerpunkt liegt bei Speisen und anderen Getränken.
Werbung ist in jedem Fall erlaubt.

Zugehörig zur Industrie- und Handelskammer oder zur Handwerkskammer?

Ob ein Unternehmen der Industrie- und Handelskammer, der Handwerkskammer oder sogar beiden Kammern angehört, ist vom Unternehmensgegenstand abhängig.
Werden neben nichthandwerklichen Tätigkeiten (z. B. Handel, industrielle Fertigung) auch handwerkliche, zulassungsfreie Handwerke oder handwerksähnliche Tätigkeiten (z. B. Maurer- und Betonbauer, Maler- und Lackierer, Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, Gebäudereiniger, Bodenleger, Änderungsschneider) erbracht, gehört das Unternehmen beiden Kammerorganisationen an. Solche Betriebe werden als Mischbetriebe bezeichnet.
Eine Beitragspflicht zur Industrie- und Handelskammer besteht in diesen Fällen aber nur dann, wenn der Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert und der nichthandwerkliche Umsatz 130.000 Euro übersteigt.
Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, wird ein Teilungsverhältnis zwischen Industrie- und Handelskammer und Handwerkskammer vereinbart. Zur Prüfung der Beitragspflicht und ggf. Vereinbarung eines Teilungsverhältnisses, erhalten Sie auf Anfrage einen speziellen Fragebogen.


Hinweis

Dieses Merkblatt soll – als Service Ihrer Industrie- und Handelskammer Hannover – nur erste Hinweise geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung auf die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.
 
Stand: 17.02.2023