Recht - Gerichtsurteile
Im Folgenden finden Sie einige Gerichtsurteile aus dem Bereich Ausbildung zur Information:
Elterngeld und Elternzeit für Auszubildende
Ein Rechtsanspruch auf Elterngeld (maximal 14 Monate) und Elternzeit (maximal 36 Monate) besteht auch für Auszubildende. Beides ist im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) geregelt:
Auszubildende sind nach § 1 Abs. 6 BEEG als nicht voll erwerbstätig definiert. Daher haben Auszubildende einen Anspruch auf Elterngeld, auch wenn sie ihre Ausbildung nicht für die Elternzeit unterbrechen.
Ein Anspruch auf Elternzeit besteht bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes (§ 15 BEEG). Elternzeit muss spätestens sieben Wochen vor Beginn schriftlich vom Ausbildenden (Betrieb), unter Angabe der Zeiten, verlangt werden. Elternzeit wird, im Gegensatz zur Mutterschutzfrist (§ 6 Abs. 1 MuSchG), nicht auf die Ausbildungszeit angerechnet. Damit verlängert sich das Berufsausbildungsverhältnis um die Zeit der Elternzeit. Ab dem Zeitpunkt des Verlangens der Elternzeit, höchstens jedoch acht Wochen vor Beginn der Elternzeit und während der Elternzeit besteht absoluter Kündigungsschutz. Für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit kann der Jahresurlaub um ein Zwölftel gekürzt werden.
Schwangerschaft bei Auszubildenden und die voraussichtliche Dauer der Elternzeit (falls schon bekannt) sind der Industrie und Handelskammer schriftlich anzuzeigen.
Tipp: Falls Auszubildende auf Inanspruchnahme von Elternzeit verzichten wollen, damit sich das Ausbildungsverhältnis nicht um die Elternzeit verlängert, besteht die Möglichkeit, mit dem Ausbildenden (Betrieb) einvernehmlich die Fortsetzung der Ausbildung in Teilzeit (aufgrund der Kinderbetreuung) zu vereinbaren. Ein Rechtsanspruch auf Teilzeitausbildung besteht nicht. Teilzeitausbildung ist der Industrie- und Handelskammer schriftlich mitzuteilen.
Für evtl. Rückfragen stehen Ihnen die Ausbildungsberater der IHK zur Verfügung.
Täuschungshandlungen bei Prüfungen
Unternimmt es ein Prüfling, das Prüfungsergebnis durch Täuschung oder Benutzung nicht zugelassener Hilfsmittel zu beeinflussen oder leistet er Beihilfe zu einer Täuschung oder einem Täuschungsversuch, liegt eine Täuschungshandlung vor. Wird hier der Prüfling nicht auf frischer Tat ertappt, ist der Beweis allerdings schwierig.
Wie können aber aufmerksame Prüferinnen und Prüfer bei der Korrektur schriftliche Prüfungsarbeiten Täuschungshandlungen feststellen? Aktuell ist hier immer noch eine Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschluss vom 20. Februar 1984 – 7 B 109.83). Darin stellen die Richter klar: Die Beweislage verschiebt sich zu lasten des Prüflings, wenn die einzelnen Umstände bei lebensnaher Betrachtung den Anschein wecken, dass er getäuscht hat. Dieser so genannte „Beweis des Anscheins“ kann vorliegen, wenn die Prüfungsarbeiten mit denen der anderen Prüflinge oder einem Lösungsmuster teilweise wörtlich und ansonsten in Gliederung sowie Gedankenführung übereinstimmen.
Entdecken Prüfer derart verblüffende Ähnlichkeiten, sollten sie sofort die prüfende Stelle informieren. Der Prüfungsausschuss wird den Prüfungsteilnehmer mit dem Täuschungsversuch konfrontieren und dazu anhören. Dabei kann der Prüfling die Vermutung einer Täuschung widerlegen. Gelingt das nicht, entscheidet der Prüfungsausschuss, wie die Täuschung zu sanktionieren ist.
Die Maßnahmen können mit einer Verwarnung bei leichten Verstößen beginnen und bei schwerwiegenden Täuschungen mit dem Nichtbestehen eines Prüfungsteils oder der gesamten Prüfung enden. Entscheidend sind immer die Umstände des Einzelfalls.
Für weitere Details erfahren Sie bei den Ausbildungsberatern der IHK Hannover; die richtigen Ansprechpartner finden Sie hier.
Probezeit auch bei vorheriger Beschäftigung möglich
Obwohl ein Auszubildender vor seiner Ausbildung in einem Betrieb als ungelernter Mitarbeiter tätig war, darf bei Abschluss eines Ausbildungsvertrages eine Probezeit eingetragen werden. Somit ist dann eine fristlose Kündigung in dieser Probezeit von beiden Vertragsparteien zulässig.
Das Bundesarbeitsgericht begründete sein Urteil vom 16. Dezember 2004 (AZ: 6 AZR 127/04) damit, dass die Probezeit bei Ausbildungsverhältnissen nicht dem Zweck dient, die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft zu überprüfen, wie dies in Arbeitsverhältnissen erfolgt. Vielmehr soll durch die Probezeit in einem Ausbildungsverhältnis festgestellt werden, ob der gewählte Beruf den Vorstellungen des Auszubildenden entspricht bzw. ob der Auszubildende für den Beruf geeignet ist.
Überstunden Auszubildender rechtfertigen keinen Facharbeiterlohn
Leistet ein Auszubildender Überstunden, ist eine finanzielle Abfindung der Mehrarbeit grundsätzlich auf Basis der angemessenen Ausbildungsvergütung zu berechnen. Ein Vergütungsanspruch als Fach- oder Hilfsarbeiter besteht nicht, entschied das Landesarbeitsgericht Sachsen am 16. Januar 2008 (Aktenzeichen 9 Sa 269/07).
Der Fall: Ein Auszubildender Koch wurde im Verlaufe seines 3jährigen Ausbildungsverhältnisses im Umfang von insgesamt 144 Stunden über die vereinbarte regelmäßige tägliche Ausbildungszeit hinaus beschäftigt. Dabei war er mit der Zubereitung von Speisen und kalten Büfetts betraut. Der ausbildende Betrieb vergütete diese Mehrarbeit auf der Grundlage der vereinbarten Ausbildungsvergütung mit einem Stundenlohn von 2,77 Euro. Der Auszubildende verlangte hingegen, wie ein Facharbeiter, mindestens aber wie ein Küchenhelfer mit 6,83 Euro pro Stunde vergütet zu werden. Nach seiner Auffassung ist die Mehrarbeit nicht Bestandteil des Ausbildungsverhältnisses gewesen.
Die Richter teilten diese Auffassung nicht. Sie stellten fest, dass das Zubereiten von Speisen und das Zubereiten von kalten Büfetts Teil des Ausbildungsberufsbildes Koch/Köchin ist. Es ging nicht etwa um das Abdecken zusätzlichen oder sachfremden Beschäftigungsbedarfs im Betrieb. Die in diesem Rahmen geleisteten Überstunden (hier: eine pro Woche) sind natürlich "besonders zu vergüten". Ein Arbeitslohn im Rechtssinne wird hingegen nicht geschuldet. Dafür fehlt es an einer Anspruchsgrundlage.
Der Anspruch auf die besondere Vergütung der Mehrarbeit ergibt sich allein aus dem Berufsbildungsgesetz (BBiG). Gemäß § 17 Abs. 3 BBiG ist eine besondere Vergütung zu bezahlen, wenn der Auszubildende über die vereinbarte regelmäßige tägliche Ausbildungszeit hinausgehend beschäftigt wird. Im vorliegenden Fall hatte der ausbildende Betrieb die besondere Vergütung korrekt entrichtet. Das war für die Stunde der Betrag, der sich bei Teilung der monatlichen Gesamtvergütung durch die Zahl der Beschäftigungsstunden ergibt. Da die zugrunde gelegte Ausbildungsvergütung auch angemessen im Sinne des § 17 Abs. 1 BBiG war, hat der Auszubildende keine weitergehenden Ansprüche auf eine höhere Vergütung.
Hinweis: Das LAG Sachsen bestätigt mit dem Urteil die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Charakter der Ausbildungsvergütung. Danach ist die Ausbildungsvergütung weniger eine Arbeitsvergütung, sondern eher eine Art Unterhaltsbeitrag für den Auszubildenden.
Wettbewerbsverbot auch für Auszubildende
Das Wettbewerbsverbot für Arbeitnehmer gilt auch für Auszubildende. Dem stehen weder der Berufsausbildungsvertrag noch das Berufsbildungsgesetz entgegen. Auch im Ausbildungsverhältnis besteht demnach eine Pflicht, sich jeder Konkurrenztätigkeit zum Nachteil des Ausbildungsbetriebs zu enthalten.
Dies bestätigte das Bundesarbeitsgericht bereits in einer Entscheidung vom 20. September 2006 (AZ: 10 AZR 439/05): Ein Auszubildender zum Kaufmann für Versicherungen und Finanzen eines Finanzdienstleistungsunternehmens vermittelte während seiner Ausbildung Versicherungsverträge für Versicherungsunternehmen, mit denen sein Ausbildungsbetrieb in keiner Geschäftsbeziehung stand. Dadurch entgingen dem Betrieb Provisionen.
Da das Berufsbildungsgesetz das wettbewerbsrechtliche Verhalten von Auszubildenden nur unvollständig regelt, greifen hier die allgemeinen wettbewerbsrechtlichen Grundsätze. Daher können auch Auszubildende schadenersatzpflichtig sein, wenn sie Wettbewerb zum Nachteil ihres Ausbildungsbetriebes betreiben.
Stand: 23.04.2025