Ausbildung

Konflikte in der Ausbildung


Abmahnung von Auszubildenden

Bei der Abmahnung von Auszubildenden müssen Unternehmen eine Vielzahl von Punkten beachten. Was genau dazu zählt, hat die IHK Hannover anhand typischer Beispiele hier für Sie zusammen gestellt:
1. Wann ist eine Abmahnung erforderlich?
Vor Ausspruch einer Kündigung wegen vertragswidrigen Verhaltens (sog. Verhaltensbedingte Kündigung)
  • z. B. wegen unentschuldigten Fehlens in der Berufsschule
  • oder mangelnder Bereitschaft zur Eingliederung in die betriebliche Ordnung
muss der Auszubildende abgemahnt werden. Der Ausbildungsbetrieb muss dem Auszubildenden also in diesen Fällen zuerst die "gelbe Karte" zeigen und ihm damit Gelegenheit geben, sein Verhalten zu ändern.
Nur bei schweren Vertrauensverstößen (z.B. bei Unterschlagung eines größeren Geldbetrages) kann eine Kündigung direkt ohne vorherige Abmahnung ausgesprochen werden.
2. Wie oft muss abgemahnt werden?
Die IHK Hannover empfiehlt: Vor Ausspruch einer Kündigung wegen vertragswidrigen Verhaltens sollte der Auszubildende grundsätzlich zwei einschlägige Abmahnungen erhalten haben, das heißt beide Abmahnungen und die Kündigung müssen sich auf dieselbe Art von vertragswidrigem Verhalten beziehen. Ansonsten ist die Kündigung unwirksam.
Beispiel für einschlägige Abmahnungen:
2 unentschuldigte Fehltage in der Berufsschule = 1. Abmahnung
weitere unentschuldigte Fehltage in der Berufsschule = 2. Abmahnung
unentschuldigte Fehltage im Betrieb = Kündigung einschlägig, weil gleichartiges vertragswidriges Verhalten (unentschuldigtes Fehlen) vorliegt. Kündigung ist wirksam.
Beispiel für nicht einschlägige Abmahnungen:
Nichtvorlage des Berichtsheftes = 1. Abmahnung
Wiederholt verspätete Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung = 2. Abmahnung
Unentschuldigter Fehltag im Betrieb = Kündigung nicht einschlägig, da das jeweilige vertragswidrige Verhalten verschiedenartig ist. Kündigung ist unwirksam.
3. Wie lange wirkt eine Abmahnung?
Die Rechtswirkungen einer Abmahnung sind zeitlich begrenzt. Hat der Auszubildende längere Zeit unbeanstandet seine Pflichten erfüllt, kann die Abmahnung daher gegenstandslos werden. Die Wirkungsdauer der Abmahnung ist abhängig von der Schwere des abgemahnten Vorfalles. Richtlinien, wann die Wirkungen der Abmahnung genau enden, gibt es nicht. Abmahnungen, die länger als ein Jahr zurückliegen, dürften aber in der Regel gegenstandslos geworden sein.
4. In welcher Form muss eine Abmahnung erteilt werden?
Die Abmahnung ist formfrei, das heißt sie kann grundsätzlich auch mündlich erfolgen. Sie sollte jedoch aus Beweisgründen ausschließlich schriftlich erteilt werden.
5. Welche Bestandteile muss eine Abmahnung unbedingt enthalten?
Eine Abmahnung muss folgende drei Teile unbedingt enthalten:
a. Eine genaue Beschreibung des vertragswidrigen Verhaltens, das abgemahnt werden soll.
Erforderlich sind hierbei Angaben über Zeit (Datum, Uhrzeit), Ort und Art des Vertragsverstoßes. Die Beschreibung muss so detailliert sein, dass kein Zweifel aufkommen kann, welcher Vorgang beanstandet werden soll.
Beispiel: „Sie haben am 15.03. und 27.03.2005 unentschuldigt in der Berufsschule gefehlt."
oder "Sie sind am 15.03 und 27.03.2005 erst um 10.30 Uhr bzw. 10.45 Uhr und damit verspätet in der Ausbildungsstätte erschienen."
Typische Fehler: Schlagwortartige Hinweise wie "Störung des Betriebsfriedens", "untragbares Verhalten" oder "häufiges Zuspätkommen" genügen nicht. Hierzu sind vielmehr die tatsächlichen Vorfälle genau zu schildern, die diese Vorwürfe rechtfertigen.
b. Die Aufforderung an den Auszubildenden, künftig den Pflichten aus dem Ausbildungsvertrag nachzukommen.
Beispiel: „Wir fordern Sie hiermit nachdrücklich auf, künftig Ihren Pflichten aus dem Ausbildungsverhältnis beanstandungsfrei nachzukommen, insbesondere pünktlich zur betrieblichen Ausbildung und zum Berufsschulunterricht zu erscheinen.“
c. Die Androhung weiterer arbeitsrechtlicher Maßnahmen bei erneutem Vertragsverstoß
Beispiel: „Sollten sich diese oder ähnliche Pflichtverletzungen wiederholen, müssen Sie mit der Kündigung Ihres Ausbildungsverhältnisses rechnen.“
Typische Fehler:
Die Androhung von „arbeitsrechtlichen Konsequenzen“ genügt nicht, da zu ungenau. Wirksam ist die Abmahnung nur, wenn in ihr ausdrücklich die Kündigung angedroht wird. Ansonsten handelt es sich bloß um eine Ermahnung.
Fehlt einer der drei Teile, ist die Abmahnung unwirksam, so dass auch eine Kündigung hierauf nicht gestützt werden kann!
6. Welche Fristen sind bei einer Abmahnung einzuhalten?
Anders als bei der Kündigung gibt es bei der Abmahnung keine einzuhaltende Frist. Wegen der pädagogischen Wirkung und aus Beweisgründen sollte die Abmahnung jedoch in möglichst engem Zusammenhang mit dem Vorfall erfolgen, der Anlass für die Abmahnung ist.
7. Wann wird die Abmahnung wirksam?
Die Abmahnung wird erst mit Zugang beim Auszubildenden wirksam (bzw. beim minderjährigen Auszubildenden: Zugang bei den Eltern).
8. Kann der Auszubildende gegen eine Abmahnung vorgehen?
Der Auszubildende kann verlangen und ggf. gerichtlich durchsetzen, dass eine zu Unrecht erfolgte Abmahnung aus der Personalakte entfernt wird. Vor einer gerichtlichen Klärung ist der Schlichtungsausschuss anzurufen.

Kündigung von Ausbildungsverhältnissen

Die Voraussetzungen für die Kündigung von Ausbildungsverhältnissen sind durch das Berufsbildungsgesetz und die Rechtsprechung streng reglementiert. Die Möglichkeiten sind je nach Fortschritt des Ausbildungsverhältnisses unterschiedlich:

Kündigung vor Ausbildungsbeginn

Das Bundesarbeitsgericht hat diese gesetzlich nicht direkt geregelte Frage dahingehend entschieden, dass ein Berufsausbildungsvertrag bereits vor Beginn der Berufsausbildung ohne Einhaltung von Fristen von beiden Seiten gekündigt werden kann, wenn die Parteien keine abweichende Regelung vereinbart haben.
Für den Fall, dass ein Auszubildender bei Ausbildungsbeginn einfach nicht erscheint, gibt es keine Sanktionen, da das Berufsbildungsgesetz eine Schadenersatzpflicht nur bei vorzeitiger Beendigung nach der Probezeit vorsieht.

Kündigung in der Probezeit

Die Probezeit wird im Berufsausbildungsvertrag vereinbart. Sie muss mindestens einen Monat und darf nicht mehr als vier Monate betragen. Wie der Name schon sagt, dient sie der Erprobung des Ausbildungsverhältnisses. Dementsprechend ist die Kündigungsmöglichkeit in der Probezeit stark erleichtert. Innerhalb der vereinbarten Probezeit kann jederzeit, ohne Einhaltung einer Frist und ohne besonderen Kündigungsgrund beiderseitig gekündigt werden. Zu beachten ist aber das Maßregelungsverbot: Danach darf seitens des Arbeitgebers nicht schon deshalb gekündigt werden, weil der Auszubildende die ihm zustehenden Rechte ausübt, also z.B. auf die Einhaltung des Jugendarbeitsschutzgesetzes hinweist.

Weiter ist zu beachten:
  • Die Kündigung muss schriftlich erfolgen. Sie muss dem Kündigungsempfänger noch vor Ende der Probezeit zugegangen sein.
  • Kündigt der minderjährige Auszubildende, so benötigt er die vorherige Einwilligung des gesetzlichen Vertreters. Kündigt der Betrieb einem minderjährigem Auszubildenden, so muss die Kündigungserklärung gegenüber dem gesetzlichen Vertreter abgegeben werden.
  • Die Kündigung während der Probezeit führt grundsätzlich nicht zu Schadenersatzansprüchen.
  • Auch die Kündigung während der Probezeit darf nicht gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen, z.B. gegen den besonderen Kündigungsschutz nach dem Mutterschutzgesetz, im Erziehungsurlaub, etc.
Kündigung nach der Probezeit

Kündigung nur aus einem wichtigen Grund

Nach Ablauf der Probezeit kann ein Ausbildungsverhältnis nur aus einem wichtigen Grund ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Ein wichtiger Grund ist immer dann gegeben, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien die Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses bis zum Ablauf der Ausbildungszeit nicht zuzumuten ist. Gründe im Leistungs- oder Verhaltensbereich lassen eine fristlose Kündigung nur zu, wenn die Erziehungsmittel des Ausbildenden nicht zum Erfolg geführt haben. Insbesondere muss rechtzeitig schriftlich abgemahnt und mit Kündigung gedroht worden sein - bei Minderjährigen gegenüber dem gesetzlichen Vertreter.
Zu beachten ist:
 
  • Die Kündigung muss schriftlich und unter Angabe der Kündigungsgründe erfolgen, sonst ist sie unwirksam.
  • Die Kündigung ist unwirksam, wenn die ihr zu Grunde liegenden Tatsachen dem zur Kündigung Berechtigten länger als zwei Wochen bekannt sind.
  • Kündigt der minderjährige Auszubildende, so benötigt er die vorherige Einwilligung des gesetzlichen Vertreters. Kündigt der Betrieb einem minderjährigem Auszubildenden, so muss die Kündigungserklärung gegenüber dem gesetzlichen Vertreter abgegeben werden.
  • Wird das Ausbildungsverhältnis nach der Probezeit gelöst, kann der Ausbildende oder der Auszubildende Ersatz des dadurch entstandenen Schadens verlangen. Der Anspruch muss innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses geltend gemacht werden.
Kündigung wegen Berufsaufgabe

Dem Auszubildenden räumt das Gesetz noch eine weitere Kündigungsmöglichkeit nach Ablauf der Probezeit ein: Wenn ein Auszubildender seine Berufsausbildung grundsätzlich aufgeben will oder sich in einem anderen Beruf ausbilden lassen will, kann er den Vertrag mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen kündigen. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen und der besondere Kündigungsgrund muss genannt werden. Eine Schadenersatzforderung ist in diesen Fällen ausgeschlossen.

Auflösung des Vertrages im gegenseitigen Einvernehmen

Besser als alle rechtlichen Möglichkeiten ist eine einvernehmliche Auflösung des Vertrages (siehe unten). Wenn die Vertragspartner einsehen, dass - aus welchen Gründen auch immer - eine erfolgreiche Fortsetzung der Ausbildung nicht möglich ist, sollte immer das Gespräch gesucht werden, um im Guten auseinander zu gehen. Die Ausbildungsberater der IHK helfen dabei, wenn erforderlich und gewünscht.
 
Für weitere Fragen zu diesem oder anderen Themen können Sie sich an unsere Ausbildungsberater wenden.
 

Schlichtungsausschuss bei Ausbildungsstreitigkeiten

Was tun bei Streitigkeiten während der Ausbildung? Bei der Industrie- und Handelskammer Hannover besteht gemäß § 111 Abs. 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes ein Ausschuss zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Ausbildenden und Auszubildenden. Dieser Schlichtungsausschuss kann nur Streitigkeiten aus bestehenden Berufsausbildungsverhältnissen verhandeln, bzw. wenn es Streitigkeiten um deren Beendigung gibt. Die Verhandlung ist Prozessvoraussetzung für eine Klage vor dem Arbeitsgericht.
Der Schlichtungsausschuss wird auf Antrag des Ausbildenden oder des Auszubildenden tätig. Der Antrag sollte in schriftlicher Form eingereicht und begründet werden. Er kann jedoch auch bei der Geschäftsstelle mündlich zu Protokoll gegeben werden. Eine Streitigkeit soll erst vor den Schlichtungsausschuss getragen werden, wenn die Bemühungen der Vertragspartner, selbst zu einer Verständigung zu kommen, ohne Erfolg geblieben sind. In der Verhandlung strebt der Schlichtungsausschuss die gütliche Einigung (Vergleich) der Vertragspartner an. Ist diese nicht möglich, hat der Schlichtungsausschuss einen Spruch zu fällen. Dieser Spruch wird nur dann wirksam, wenn er innerhalb einer Woche von den Vertragspartnern schriftlich oder mündlich zu Protokoll der Geschäftsstelle anerkannt wird. Erfolgt keine Anerkennung, so kann binnen zwei Wochen nach Zustellung des Spruches Klage vor dem Arbeitsgericht erhoben werden. Erscheint ein Vertragspartner nicht zum Verhandlungstermin, so kann der Schlichtungsausschuss einen Säumnisspruch fällen. Die Beteiligten erhalten eine Niederschrift über das Ergebnis der Verhandlung.
Die Anwesenheit des Ausbildenden und des Auszubildenden sowie dessen gesetzlichen Vertreters ist in der Regel erforderlich. Sie können die Verhandlung vor dem Schlichtungsausschuss selbst führen oder sich vertreten lassen. Eine Vertretung durch Vertreter von Gewerkschaften oder von Vereinigungen von Arbeitgebern ist zulässig, wenn diese Personen kraft Satzung oder Vollmacht befugt sind.
Die Verhandlung vor dem Schlichtungsausschuss ist nicht öffentlich. Das Verfahren ist gebührenfrei. Jeder Vertragspartner trägt die ihm durch das Verfahren entstandenen Kosten selbst. Zeugen und Sachverständige sind von demjenigen zu entschädigen, der sie zum Beweis seiner Behauptung angeboten hat.
Für Rückfragen stehen Ihnen die IHK-Ausbildungsberater zur Verfügung.

Suchtprobleme in der Ausbildung – Was können Betriebe tun?

Suchtprobleme - Alkohol oder illegaler Drogenkonsum - spielen in der Arbeitswelt eine größere Rolle als angenommen. Sie bedeuten für die Betroffenen und deren Angehörige individuelle Tragödien und verursachen für Wirtschaft und Gesellschaft hohe Kosten. Suchtprobleme sind häufig Ursache für Fehlzeiten, Leistungseinbußen und Arbeitsunfälle. Auch Auszubildende sind zunehmend betroffen. Schon bei 14- bis 24-jährigen liegt die Häufigkeit des Alkoholmissbrauchs bei 10 Prozent. Von den Berufsschülern konsumieren 16 Prozent illegale Drogen. 22 Prozent der 13- bis 25-jährigen benutzen sogar mehrere Suchtmittel. Die Jugendlichen greifen dabei immer früher zu Alkohol und Drogen. Dies sind die Kernaussagen einer Studie des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB), dessen Ergebnisse auf der CD-ROM „Im Fokus: Suchtverhalten in der Ausbildung“ dokumentiert sind.
Im Kapitel „Prävention und Best Practice“ kommen Experten für Suchtprävention und -intervention und betroffene Auszubildende zu Wort. Im Mittelpunkt stehen dabei bewährte Strategien und Besonderheiten im Umgang mit den Jugendlichen sowie die Frage, was Betriebe leisten können und sollten. Die Studie belegt, dass dem Ausbildungspersonal bei Suchtproblemen eine Schlüsselrolle zufällt und auch Betriebsvereinbarungen nicht minder wichtig sind.

Auf der CD-ROM befinden sich neben den Untersuchungsergebnissen und den Experteninterviews auch Berichte, Vorträge und Dokumente, wie zum Beispiel exemplarische Betriebsvereinbarungen.
Das BIBB stellt die CD-ROM über einen Partnerverlag kostenlos zur Verfügung:
Verlag Dr. Ing. Paul Christiani GmbH & Co. KG
Technisches Institut für Aus- und Weiterbildung
Hermann-Hesse-Weg 2
78464 Konstanz
Tel. (07531) 5801-26
Fax (07531) 5801-85
E-Mail: info@christiani.de
Internet: www.christiani.de

Für Rückfragen stehen Ihnen die IHK-Ausbildungsberater/-innen zur Verfügung.
 
Stand: 14.12.2022