Insolvenz des Ausbildungsbetriebs
Worauf müssen Ausbildungsbetrieb und Auszubildende achten, wenn das Unternehmen Insolvenz anmeldet?
Grundsätzlich gilt: Drohende Insolvenz oder der Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ohne vollständige Einstellung des Geschäftsbetriebes ist kein Kündigungsgrund!
Allein die Eröffnung des Verfahrens oder die Bestellung eines Insolvenzverwalters erweitern noch nicht die Kündigungsrechte. Allerdings steht dem Insolvenzverwalter dann ein "besonderes Kündigungsrecht" zu, wenn der Betrieb gänzlich stillgelegt und die Geschäftstätigkeit vollständig eingestellt wird. Keine Betriebsstilllegung liegt vor, wenn der Betrieb gem. § 613a BGB übergeht. In solchen Fällen übernimmt ein Dritter den Betrieb mit sämtlichen Forderungen und Verbindlichkeiten und tritt in die Rechtsstellung des ursprünglichen Geschäftsinhabers mit sämtlichen Rechten und Pflichten auch gegenüber der Belegschaft ein. Sofern Kündigungen ausgesprochen werden, jedoch der Betrieb nur unter eine neue Leitung gestellt wird, sollte anwaltlicher Rat eingeholt werden. Ob in diesen Fällen ein Betriebsübergang stattgefunden hat oder die Betriebsstilllegung vorliegt, kann in den meisten Fällen nur gerichtlich geklärt werden.
Sofern in der Folge eines Insolvenzverfahrens die Betriebsstilllegung eintritt, muss die Betriebsstilllegung im Kündigungsschreiben als Kündigungsgrund angegeben werden. Erfolgt im Betrieb keine Ausbildung mehr, so kann auch der Auszubildende oder - sofern dieser noch nicht volljährig ist - sein Erziehungsberechtigter kündigen. Wichtig: Auch wenn in der Folge des Insolvenzverfahrens keine Ausbildungs-vergütung mehr gezahlt wird, sollte der Auszubildende weiterhin seine Arbeitskraft anbieten und weiter die Berufsschule besuchen. Eventuell noch ausstehende Vergütungsansprüche sind beim Insolvenzverwalter anzumelden, wenn dieser bestellt worden ist. Der Insolvenzverwalter ist die Person, die vom Zeitpunkt der Bestellung an, an die Stelle des ursprünglichen Vertragspartners rückt, der im Ausbildungsvertrag als Ausbildender genannt ist. Er nimmt von seiner Bestellung an alle Rechtsgeschäfte wahr. Der Auszubildende sollte keine Vereinbarungen eingehen, durch die er auf die Zahlung seiner Ausbildungsvergütung verzichtet. Auch nicht, wenn ihm gesagt wird, er würde dadurch sein Ausbildungsverhältnis retten können. Ein solcher Verzicht hätte unter Umständen Auswirkungen auf einen Anspruch auf Insolvenzausfallgeld.
Der Auszubildende sollte sich umgehend mit der für ihn zuständigen Abteilung der Bundesagentur für Arbeit in Verbindung setzen, damit auch bei Wegfall der Ausbildungsvergütung die Kranken- und Rentenversicherung aufrecht erhalten wird. Soweit darauf ein Anspruch besteht, erfolgt eine Zahlung von Arbeitslosengeld erst nach persönlicher Meldung. Das zuständige Arbeitsamt prüft, ob der Auszubildende Anspruch auf Insolvenzausfallgeld hat.
Der Auszubildende sollte sich mit der Berufsschule in Verbindung setzen, inwieweit ein dortiger Unterricht fortgesetzt werden kann. Unter anderem sind dabei die Erfüllung der Berufsschulpflicht und die Unfallversicherung im Rahmen des Schulbesuches zu klären.
Auszubildende und insolventer Betrieb sollten bei der Suche nach einem neuen Ausbildungsplatz aktiv mitwirken. Ist die Einstellung des Geschäftsbetriebs absehbar, sollte das insolvente Unternehmen Kontakt mit dem Geschäftsbereich Berufsbildung der Industrie- und Handelskammer aufnehmen, um die Weiterführung der Berufsausbildungsverhältnisse abzuklären. Welchen Einfluss die Betriebsstilllegung auf das Prüfungsverfahren hat, kann dann auch im Einzelfall mit der IHK abgesprochen werden.
Für weitere Fragen wenden Sie sich bitte an den zuständigen Ausbildungsberater.
Stand: 21.02.2025