Bundestagswahl

Resolution der Hamburger Wirtschaft zur Bundestagswahl

Für die Hamburger Wirtschaft ist es dringend an der Zeit, den Krisenmodus zu verlassen und wieder die entscheidenden wirtschaftspolitischen Ziele ins Visier zu nehmen. Wir wollen im internationalen Vergleich weiterhin mithalten. Wir müssen Höchstleistungen in Forschung und Entwicklung vollbringen, innovative Geschäftsmodelle entwickeln und Herausforderungen als Chancen begreifen. Wir müssen jetzt Antworten auf globale Treiber wie Klimawende, Digitalisierung und Globalisierung finden. Dafür bedarf es einer Zukunftsagenda für Deutschland und damit für den Wirtschaftsstandort Hamburg.
Hier geht´s zur gemeinsamen Resolution (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 188 KB) der Handelskammer Hamburg und des UVNord.
Nur wenn der neue Bundestag und die künftige Bundesregierung diese Herausforderungen mit Gestaltungswillen angehen, wird es gelingen, den Wohlstand und die hohe Lebensqualität in Deutschland mittel- und langfristig zu erhalten und im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Es gilt jetzt, die richtigen Rahmenbedingungen für eine umfassende Transformation von Wirtschaft und Verwaltung zu schaffen. Dazu müssen wir die soziale Marktwirtschaft mit ihrem Rollenverständnis von Markt und Staat wieder stärken. Auch die Themen Fachkräftesicherung und berufliche Orientierung dürfen wir nicht aus dem Fokus verlieren. Die Pandemie hat insbesondere den Übergang von Schule und Beruf deutlich erschwert. Die jungen Talente dürfen uns nicht verlorengehen.
Entscheidend für alle Zukunftsthemen ist und bleibt das Thema der norddeutschen Zusammenarbeit. Die Lehren der OECD-Studie zur Metropolregion Hamburg (MRH) gelten über die Grenzen Hamburgs und der MRH hinaus für den ganzen Norden. Daher sollte Kooperation in allen Fragen, die für den norddeutschen Raum relevant sind, auch im Bundestag seine Abbildung finden. Die Abgeordneten der norddeutschen Landesgruppen sind gefordert, die Zusammenarbeit der norddeutschen Bundesländer im parlamentarischen Raum in Berlin zu flankieren.
Vor diesem Hintergrund und ihrer Relevanz für ganz Norddeutschland fordert die Hamburger Wirtschaft:

Infrastruktur modernisieren – Planfeststellung beschleunigen

Ganz wesentlich wird die Zukunft der Wirtschaft der Freien und Hansestadt Hamburg von der Leistungsfähigkeit der Infrastruktur abhängen. Die Resilienz der Handelsströme wird ein immer wichtigeres Thema für Deutschland als Exportnation: Schifffahrt, Luftfahrt, Straßen- und Schienenverkehr sind die Lebensadern Hamburgs als Deutschlands Tor zur Welt. Umso problematischer wäre es, wenn wichtige Infrastrukturprojekte in Deutschland viel zu langsam vorankommen oder bereits beschlossene Vorhaben sogar von der neuen Bundesregierung wieder in Frage gestellt werden. Das ist für den gesamten Logistikstandort Norddeutschland nicht tragbar. So bedarf es der verstärkten Bereitstellung von Bundesmitteln, um die notwendigen Projekte schnell voranzutreiben. Die Antrags- und Genehmigungsverfahren müssen schneller, verlässlicher und unbürokratischer werden. Je nach Zuständigkeit müssen der Bund beziehungsweise die Länder ihre Verwaltungen durch eine Erhöhung der Planungskapazitäten und -mittel wieder in die Lage versetzen, Planverfahren zügig durchzuführen und abzuschließen.

Klimawende gestalten – Norddeutsche Standortvorteile nutzen

Ebenso entscheidend für künftigen Wohlstand wird das Gelingen der Energiewende sein. Mit dem bevorstehenden Ausstieg aus Kernenergie und Kohleverstromung ist absehbar, dass der Erfolg der Energiewende im windreichen Norden Deutschlands entschieden wird. Bereits heute gibt es viele Regionen in Norddeutschland, deren Strombedarf – zumindest rechnerisch – vollständig aus erneuerbaren Energien gedeckt werden kann. In diesem Kontext bietet die Wasserstoff-Technologie eine historische Doppel-Chance: Als CO2-freier Energiespeicher kann aus umweltfreundlichem Wind- und Solarstrom erzeugter „grüner“ Wasserstoff ein zentrales Instrument im Einsatz gegen den globalen Klimawandel werden. Es sind eine Vielzahl von Maßnahmen nötig, um den regulatorischen Rahmen zur Förderung der Wasserstoff-Technologie und ihrer wirtschaftlichen Anwendung zu verbessern. Erste Schritte wurden im Zuge der EEG-Novelle 2021 gemacht. Die Begrenzung der EEG-Umlage bei der Wasserstofferzeugung nach der Besonderen Ausgleichsregelung und die Vollbefreiung von der EEG-Umlage bei der reinen Erzeugung „grünen“ Wasserstoffs sind wichtige Signale in Richtung der norddeutschen Wirtschaft. Weitere bestehende Wettbewerbsnachteile sind unverzüglich durch die verantwortlichen Rechtsetzungsgeber abzubauen. Der notwendige Markthochlauf im Bereich der Mobilität ist zu forcieren durch Erleichterungen bei der öffentlichen Beschaffung von CO2-freien Antriebstechnologien in den Bereichen Fuhrparks und kommunale Fahrzeuge (Busse, Bahn, Schiff, Nutzfahrzeuge).

Ausbildung stärken – Fachkräftemangel lösen

An der wachsenden Fachkräftelücke hat auch die Corona-Pandemie nichts geändert. Allein in Hamburg werden im Jahr 2030 rund 130.000 Fachkräfte fehlen, wenn die Politik nicht an den richtigen Stellschrauben dreht. Insbesondere im Bereich der Bildungs-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik muss die Politik handeln. Eine ganzheitliche Fachkräftestrategie gilt es hierbei ebenso zu verfolgen, wie die Förderung des Lebenslangen Lernens und länderübergreifender Bildungsstandards. Die Zukunft ist digital, daher muss die Vermittlung digitaler Kompetenzen in allen Bildungsbereichen massiv vorangetrieben und ausgebaut werden.
Hamburg, den 20. September 2021