Aktuelles und Positionierung

Bewohnerparken

Handelskammer warnt: Bewohnerparken führt zu massiven Einschränkungen für Unternehmen
Um den Parkdruck in besonders betroffenen Quartieren zu reduzieren, werden in Hamburg seit 2015 zunehmend Bewohnerparkzonen ausgewiesen. Diese sollen nach den Plänen des Hamburger Senats in den kommenden Jahren weiter ausgeweitet werden. Dies gilt insbesondere für Gebiete innerhalb des Rings 2 sowie in weiteren dicht besiedelten Gebieten. In diesem Bereich haben ca. 66.800 Unternehmen und damit 39 Prozent aller der Handelskammer Hamburg zugehörigen Unternehmen ihren Betriebssitz. Dabei erhalten aber derzeit nur Bewohnerinnen und Bewohner einen Parkausweis für diese Gebiete, die im entsprechenden Bereich meldebehördlich registriert sind.
In dem jeweiligen Quartier ansässige Unternehmen werden dabei nicht als „Bewohnende“ definiert und sind daher grundsätzlich auf die Beantragung einer Ausnahmegenehmigung beim Landesbetrieb für Verkehr (LBV) angewiesen.
In der jetzigen Praxis erfolgt die Erteilung dieser Ausnahmegenehmigungen für Unternehmen sehr restriktiv. Obwohl das Verfahren zur Beantragung einer Ausnahmegenehmigung mittlerweile digitalisiert ist, dauert die Bearbeitung noch immer teils mehrere Wochen oder teils Monate und kostet – auch im Falle einer Ablehnung – die drei- bis vierfache Gebühr eines „regulären“ Bewohnerparkausweises. Zudem sind die Kriterien, um eine Ausnahmegenehmigung zu erhalten, nicht vollständig transparent oder scheinen nicht konsistent angewendet zu werden. Insbesondere die Definition und Beurteilung der „Betriebsnotwendigkeit“ der Fahrzeuge, die Kern der Voraussetzung ist, um eine Ausnahmegenehmigung zu erhalten, ist oft nicht weder prognostizierbar noch nachvollziehbar.
Kurzum: Für viele Betriebe ist die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung unerreichbar – auch wenn das betriebseigene Fahrzeug dringend für die Ausübung der gewerblichen Tätigkeiten benötigt wird. 
Von den Reglungen sind insbesondere kleinst- und mittelständische Betriebe, sowie Handwerker sind betroffen. Diese Ungleichbehandlung zwischen ansässigen Unternehmen und Bewohnenden führt insbesondere für viele kleine und mittelgroße Betriebe innerhalb gemischt genutzter Quartiere zu teils existenzbedrohenden Einschränkungen. In beiden Fällen verlieren die innenstadtnahen Quartiere dadurch an Attraktivität und Lebensqualität, die genau durch das direkte Nebeneinander von Wohnen und ansässigen Unternehmen (Restaurants, Einzelhandel, sonstige Dienstleistungen, usw.) erst geschaffen wird. Ein Ziel, welches der Koalitionsvertrag des amtierenden Hamburger Senats ebenfalls explizit formuliert. Hinzu kommt, dass eine Verdrängung der Betriebe an die Stadtgrenze oder gar darüber hinaus nicht weniger, sondern sogar mehr Verkehr nach sich zieht, da Anfahrts- und Pendelwege weiter werden. Dem Ziel der weitgehenden Mischnutzung in den städtischen Quartieren wirkt die Ausweitung des Bewohnerparkens nach den derzeitigen Regelungen massiv entgegen.
Grundsätzlich unterstützt die Hamburger Wirtschaft wirkungsvolle Maßnahmen, auch um die angestrebten Klimaziele auch im Bereich des Verkehrssektors realisieren zu können. Dies wird von der Hamburger Wirtschaft nicht nur unterstützt – das Ziel der Klimaneutralität bis zum Jahr 2040, das im Rahmen der Standortstrategie „Hamburg 2040 – Wie wollen wir künftig leben, und wovon?“ seitens der Handelskammer Hamburg formuliert wurde, geht sogar über die politisch formulierten Ziele hinaus. Um die Klimaneutralität jedoch erreichen zu können, müssen aber praktikable, nutzerfreundliche, digitale und nachhaltige Mobilitätslösungen gefunden werden, um die Lebensqualität und die Wettbewerbsfähigkeit der Metropolen der Zukunft entscheidend zu erhalten und weiter zu steigern.  
Ein anforderungsgerechtes Parkraummanagement innerhalb der Stadt kann ein Baustein hierfür sein, das Bewohnerparken mit seiner jetzigen Praxis ist hierfür jedoch ungeeignet. Im Rahmen einer Mitgliederumfrage im November 2022 sahen 52 Prozent der befragten Unternehmen einen dringenden Anpassungsbedarf hinsichtlich dieser Thematik, 26 Prozent lehnen das Bewohnerparken ab, nur 21 Prozent befürworten die Praxis der Hamburger Senates. Damit sprechen sich mehr als Dreiviertel aller betroffenen Unternehmen für eine grundlegende Anpassungsnotwendigkeit aus.

Forderungen der Hamburger Wirtschaft

Im Falle der Bewohnerparkzonen muss das Miteinander entscheidend sein – Anwohnerinnen und Anwohner dürfen nicht gegen ansässige Unternehmen ausgespielt werden. Vor allem aber, darf das Parkraummanagement nicht zu einer einseitigen, existenzbedrohenden Benachteiligung von Unternehmen führen. Vor diesem Hintergrund fordert die Handelskammer Hamburg folgendes:
  • Die Freie und Hansestadt Hamburg muss in einer Bundesratsinitiative auf eine Novellierung der StVO hinwirken. Das Ziel muss sein, das „Bewohnerparken“ zum „Anliegerparken“ weiterzuentwickeln (Reform des § 45 Abs. 1 der (StVO)). Dies würde es Unternehmen ermöglichen, die notwendigen Parkplätze zu den gleichen Bedingungen nutzen zu können, wie die Bewohnerinnen und Bewohner. Das Ziel, das Abstellen ortsfremder Fahrzeuge zu reduzieren und den Parkdruck damit zu mindern, könnte auch auf diese Weise erreicht werden.
  • Bis dahin sollte der Ermessungsspielraum der Hamburger Verwaltung bei der Beantragung von Ausnahmegenehmigungen voll ausgeschöpft werden, sodass Unternehmen ihre betriebsnotwendigen Fahrzeuge am Betriebssitz parken dürfen. Dabei sollte sich bei den Kriterien nicht nur auf den täglichen Lieferverkehr und den Transport von schweren Waren beschränkt werden. Zudem wäre eine Deckelung der ausgebenden Parkausweise zielführend, um auch Besuchern das Finden eines Parkplatzes zu ermöglichen und so die Erreichbarkeit der Unternehmen zu verbessern.
  • Die Bearbeitung der Ausnahmegenehmigungen muss deutlich beschleunigt werden, hierfür muss der Landesbetrieb Verkehr (LBV) personell ausreichend ausgestattet werden. Zudem muss die Transparenz über die Kriterien zur Erlangung einer Ausnahmegenehmigung erhöht werden. Damit erhalten Unternehmen im Voraus Klarheit über die Erfolgsaussichten sowie die Möglichkeit, ihre Anträge entsprechend dieser Kriterien zu stellen. Dies verringert die Bearbeitungszeit und erhöht die Akzeptanz der getroffenen Entscheidung.
  • Eigentlich sieht die Hamburger Gebührenordnung ein Wochenticket für 30 € vor. Allerdings wird die Regelung in § 1 ParkGebOHA Absatz 1 Satz 6 nur an den Automaten angewendet, bei denen diese Option besteht. Jedoch gibt es bisher keinen Automaten, der diese Option bietet. Das soll zukünftig nur an ausgewählten Standorten erfolgen, insbesondere in Gebieten, die per städtebaulichen Vertrag oder B-Plan über keine Flächen für das Parken (außer Besucherparken) im öffentlichen Raum verfügen. Die Hamburger Wirtschaft fordert jedoch die Einführung eines flächendeckenden Wochentickets und einer entsprechenden Umrüstung der Parkscheinautomaten.
  • Bis zu einer Änderung der Straßenverkehrsordnung sollten keine weiteren Bewohnerparkgebiete mehr ausgewiesen werden.
  • Um den Parkdruck zu reduzieren, sollte die Politik grundsätzlich mehr Park- und Haltemöglichkeiten außerhalb des öffentlichen Raumes schaffen. Der Hamburger Senat sollte sich dafür einsetzen, das nächtliche Parken auf privaten (etwa von Supermärkten) oder städtischen Flächen (etwa von Behördenzentren, Schulen…) deutlich zu erleichtern. In Gebieten, in denen ein Parkraummanagement eingeführt wird, sollte der Neubau von Wohnungen wieder an die Schaffung von privaten Stellplätzen gekoppelt werden, die sich an dem aktuellen Schlüssel der HafenCity orientiert. Für die Erreichbarkeit zentraler Einzelhandelslagen in den Quartieren muss die Möglichkeit geschaffen werden, dort abschnittsweise ausschließlich Kurzzeitparkplätze vorzusehen.
  • Es muss Sorge dafür getragen werden, dass die Anzahl der Parkflächen in der Stadt nicht weiter signifikant abgesenkt wird. Gegenwärtig entfallen in Hamburg durch die Umsetzung neuer Verkehrsplanungen jährlich rund 1.000 Parkplätze, dies bei einem aufgrund des Bevölkerungswachstums weiterhin steigenden Pkw-Bestandes. Attraktive Alternativen zum Fahren eines eigenen PKWs (z.B. der Hamburg-Takt im ÖPNV) müssen  angebotsorientiert umgesetzt sein, bevor der Parkraum schrittweise verringert wird – nicht umgekehrt! Hier gilt es auch, die Tangentialverbindungen durch attraktive SPNV-Verbindungen so attraktiv zu gestalten, dass hier deutlich mehr Menschen als bisher ein attraktives ÖPNV-Angebot vorfinden, dass einen anforderungsgerechten Umstieg vom Pkw ermöglicht.
  • Zudem sollten deutlich mehr P+R-Parkplätze in der Nähe zu Autobahnabfahrten (z.B. in Niendorf, Horn oder Harburg) geschaffen werden, um einen Anreiz für ortsfremde Fahrzeuge zu schaffen, weit außerhalb der Innenstadt zu parken und sich innerhalb von Hamburg mit Bus und Bahn fortzubewegen. Durch attraktive Umsteigebeziehungen zum ÖPNV (hohe Taktung, kurze Fahrzeiten, Parkschein = Fahrschein) könnten mehr Menschen dazu bewegt werden, ihr Fahrzeug am Standrand zu parken und damit Parkplätze für vor Ort ansässige Unternehmen und Bewohnende freizuhalten.
  • Zudem sollte alle Parkflächen sowie Lade- und Lieferzonen innerhalb der Freien und Hansestadt Hamburg digital erfasst werden und im Geoprotal der Stadt öffentlich einsehbar sein. Hiermit ließe sich die Parkraumbewirtschaftung effizienter gestalten und die Planung für die kommenden Jahre könnte verbessert werden. Auch an dieser Stelle könnte Hamburg sich an der Stadt Wien orientieren – die österreichische Hauptstadt ist Vorreiter bei der Digitalisierung seiner Parkflächen. Gleiches gilt für das Kurzzeitparken: So stehen in Wien für kurzfristiges Parken kostenlose 15-Minuten-Parkscheine zur Verfügung, die im Hotel, in Trafiken, in der Touristeninformation oder auch via Handyparken erhältlich sind.
  • Weiterhin muss zunehmend der ruhende Verkehr in Zukunft in den urbanen Alltag integriert und smarter gemanagt werden kann. In den neuen Quartieren Grasbrook und Oberbillwerder sind diese Bestrebungen, in Form von sogenannten Mobility-Hubs, bereits klar erkennbar. Entsprechende Konzepte (Stichwort „Parkhaus der Zukunft“, Quartiersgarage) sollten auch für Bestandsquartiere geprüft und – wenn möglich – umgesetzt werden. Die Parkhäuser der P+R Betriebsgesellschaft könnten beispielsweise als Testfeld für Innovationen und smarte Lösungen dienen.