Deutschlandtakt

Mit dem Deutschlandtakt soll der Schienenverkehr in Deutschland fit für die Zukunft gemacht werden. Ziel ist es, bis 2030 einen deutschlandweit abgestimmten Taktfahrplan zu erreichen und somit kürzere Reisezeiten für den Personenverkehr auf der Schiene erzielen zu können. Der Neu- und Ausbau von Infrastruktur soll in Abhängigkeit des für den Deutschlandtakt notwendigen Bedarfes erfolgen.

Hintergrund

Bislang ist es Standard in Deutschland, dass zunächst die Schieneninfrastruktur ausgebaut und daran anschließend ein Fahrplan festgelegt wird. Dies führt stellenweise dazu, dass die Reisezeiten von Direktzügen zwischen verschiedenen Metropolen zwar vergleichsweise kurz sind, die Verknüpfung mit anderen Fernverkehrszügen oder Regionalzügen jedoch oft zu langen Umsteigezeiten führt. Mit dem Deutschlandtakt soll sich das ändern, an allen großen Bahnhöfen in Deutschland soll es zu festen Zeiten Umsteigeverbindungen in alle Richtungen geben. Der Ausbau der Infrastruktur soll sich also nach dem Fahrplan richten.
Auch für den Güterverkehr können sich durch den Deutschlandtakt Vorteile ergeben:
  • Durch den Deutschlandtakt werden die Slots auf den Schienen stärker systematisiert. Von dieser besseren Planbarkeit profitiert der Güterverkehr, da so die Auslastung der Schiene erhöht werden kann. Damit kann insgesamt mehr Verkehr auf die Schiene verlagert werden.
  • Für Güterbahnen, Spediteure und Transportunternehmen wurden im Deutschlandtakt von vornherein zusätzliche Kapazitäten und Trassenkorridore mitgedacht.
Um den Schienenverkehr in Deutschland nachhaltig zu stärken, wurde bereits im Jahr 2008 die »Initiative Deutschlandtakt« gegründet. Nach dem Vorbild der Schweiz soll auch in Deutschland ein bundesweiter Taktfahrplan für den Schienenverkehr eingeführt werden. Im Jahr 2015 kam eine Studie des Bundesverkehrsministeriums zu dem Schluss: Ein Deutschlandtakt ist möglich und sinnvoll, er wird die Umsteigemöglichkeiten verbessern und die Reisezeit insgesamt verkürzen.
Im Jahr 2018 startete Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer das Zukunftsbündnis Schiene. Zudem wurde ein erster Gutachterentwurf für den Zielfahrplan des Deutschlandtakts vorgestellt. Man wolle damit „bis 2030 die Zahl der Fahrgäste verdoppeln“. Mitunter wird der Deutschlandtakt als „das größte Projekt im Eisenbahnbereich seit der Bahnreform von 1994“ betrachtet. Die Entwurfsfassung für einen finalen Abschlussbericht zum Deutschlandtakt wurde durch Gutachter erarbeitet und im August 2021 vorgelegt.

Infrastrukturelle Anpassungen

Dem Abschlussbericht der Gutachter ist eine sogenannte Infrastrukturliste beigefügt, in welcher diverse Schienenbauprojekte ausgelistet sind, die zur Umsetzung des Deutschland-Takts schnellstmöglich realisiert werden sollen. 181 Projekte wurden im Herbst 2021 nachträglich in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans eingestuft. Darunter sind diverse Projekte aus dem Schienenknoten Hamburg:
Abschnitt
Projektbeschreibung
Kalkulierte Kosten (Mio. €)
Knoten Hamburg
Durchgehende Zweigleisigkeit für Relation Hamburg - Büchen aus Strecken 6100 (Richtung Hamburg) und 1245 (Richtung Berlin), Kapazitätssteigerung bzw. Engpassauflösung im Knoten Hamburg bei gleichzeitiger Knoteneinbindung in Hamburg und Wittenberge // Beschreibung der Maßnahme: Hamburg Hbf – Hamburg-Bergedorf: Ertüchtigung der Strecke 1245 für zusätzliche Fahrmöglichkeit Hamburg – Berlin
37,9
Knoten Hamburg
Kapazitätssteigerung bzw. Engpassauflösung für den Fern- und Regionalverkehr zwischen Hamburg Hbf und Hamburg Altona Nord mit konsequenter Umsetzung des Halts Hamburg Dammtor // Beschreibung der Maßnahme: Hamburg Hbf: Umbau Gleise 3/4 für Fern- und Regionalverkehr und Tieflegung der S-Bahn von der Verbindungsbahn mit zwei zusätzlichen Bahnsteigkanten für die S-Bahn
> siehe auch unsere Projektseite zum Ausbau der Verbindungsbahn
2.659,3
Knoten Hamburg
Kapazitätssteigerung im Knoten Hamburg Hbf // Beschreibung der Maßnahme: Hamburg Hbf: neues Gleis 15 als Stumpfgleis
24,9
Knoten Hamburg
Durchgehende Zweigleisigkeit für Relation Hamburg - Büchen aus Strecken 6100 (Richtung Hamburg) und 1245 (Richtung Berlin) // Beschreibung der Maßnahme: Hamburg Hbf: Umbau Südkopf: Verkürzung Bahnsteig 7/8, Anbindung Gleise 6 und 7 in Richtung Abstellbahnhof/Strecke 1245
8,4
Knoten Hamburg
Wechsel der Betriebsführung zwischen Linien- und Richtungsbetrieb auf der Verbindungsbahn Hamburg // Beschreibung der Maßnahme: Hamburg-Altona – Hamburg Hbf: Überwerfungsbauwerk zwischen Dammtor und Altona
246,2
Knoten Hamburg
Kapazitätssteigerung bzw. Engpassauflösung für den Fern- und Regionalverkehr zwischen Hamburg Hbf und Hamburg Altona Nord mit konsequenter Umsetzung des Halts Hamburg Dammtor // Beschreibung der Maßnahme: Hamburg-Altona – Hamburg Hbf: Umbau der S-Bahn-Strecke auf der Verbindungsbahn für Nutzung durch Fern- und Regionalverkehr
> siehe auch unsere Projektseite zum Ausbau der Verbindungsbahn
336 
Knoten Hamburg
Kapazitätsausweitung aufgrund SGV-Prognose // Beschreibung der Maßnahme: Buchholz (Nordheide): Überwerfung zur niveaufreien Führung der Züge von Maschen Richtung Rotenburg
134,9
Knoten Hamburg
Kapazitätsausweitung aufgrund SGV-Prognose // Beschreibung der Maßnahme: Maschen – Stelle – Ashausen: Umbau des Knotens, so dass 2 Züge parallel und niveaufrei sowohl in das außenliegende Gleis als auch in das innenliegende Gleis der Strecke Hamburg – Lüneburg ein und ausfahren können
155,1
Maschen – Hannover
Erreichung der Zielfahrzeit 59 Minuten (ohne Halt in Harburg) bzw. 63 Minuten (mit Halt in Harburg) zwischen Hamburg Hbf – Hannover Hbf. Ziel: Kapazitätssteigerung des Korridors Hamburg – Hannover und Fahrzeitverkürzung für den SPFV // Beschreibung der Maßnahme: Hannover-Vinnhorst – Maschen Pbf: Bau einer Aus-/Neubaustrecke, Verlauf und Kilometrierung offen, Vmax mind. 250 – 300 km/h je nach Trassierung zur Erreichung der Zielfahrzeit 59 Minuten Hamburg Hbf – Hannover Hbf (ohne Halt in Harburg)
3.499,5

Neubaustrecke Hamburg – Hannover

Vor dem Hintergrund des geplanten Deutschlandtaktes wird aktuell erneut über eine Neubaustrecke von Maschen nach Hannover parallel zur Autobahn A7 diskutiert (siehe oben, Auszug aus der Projektliste). Damit könnte die Bestandsstrecke via Lüneburg und Uelzen entlastet und die Fahrtzeit zwischen Hannover und Hamburg auf unter eine Stunde reduziert werden. Seitens der Deutschen Bahn gibt es aktuell verschiedene Planungen im Korridor Hamburg-Bremen-Hannover. Diese werden ergebnisoffen diskutiert. Eine finale Entscheidung ist im Jahr 2023 zu erwarten. 
Die Planungen für eine komplette Neubaustrecke in Richtung Hannover steht in Konkurrenz zu den Planungen des Projekts Alpha E. Dort wurde im Rahmen eines breiten Dialogprozesses im Jahr 2015 ein Ausbau der Bestandsstrecke via Lüneburg und Uelzen favorisiert. Vor diesem Hintergrund gibt es in der Lüneburger Heide großen Protest gegen eine etwaige Neubaustrecke.

Regionalkonferenz Deutschlandtakt

Am 25. Oktober 2022 fand in Hamburg eine von vier Regionalkonferenzen zum Deutschlandtakt statt. Vertreter der Politik, der Deutschen Bahn, von Gewerkschaften, Wirtschaft und Fahrgastverbänden diskutierten über die Chancen und Perspektiven durch den Deutschlandtakt und die dafür notwendigen Weichenstellungen. Die IHKs im Norden nahmen zahlreich an der Regionalkonferenz teil und äußerten sich im Vorfeld positiv zum geplanten Deutschlandtakt. Jedoch machten die IHK-Vertreter deutlich, dass der Güterverkehr stärker berücksichtigt und insgesamt mehr Gelder zur Verfügung gestellt werden müssen (vgl. Pressestatement).

“Güter im Takt” – Gutachten der IHK Nord und des ZDS

In einem gemeinsamen Gutachten der IHK Nord und des Zentralverbands der Deutschen Seehafenbetriebe (ZDS), welches im Herbst 2022 veröffentlicht wurde, wurden die Auswirkungen des Deutschlandtaktes auf den Schienengüterverkehr untersucht. Das Gutachten “Güter im Takt” kam zum Ergebnis, das die 181 zusätzlichen Projekte der Infrastrukturliste nicht ausreichen dürfte, damit das zukünftige Wachstum im Schienenverkehr aufgenommen werden kann. Besonders südlich von Bremen und im Schienenkorridor zwischen Hamburg, Uelzen und Stendal dürfte es zu Engpässen kommen. Aus diesem Grund müssten zusätzliche infrastrukturelle Maßnahmen getätigt werden. Der Realisierungshorizont von 2030 wurde zudem als unrealistisch eingeschätzt. Dies wird im Gutachten “Güter im Takt” insbesondere durch folgende Herausforderungen begründet:
  • Erheblicher Zusatzbedarf an finanziellen Mitteln im hohen zweistelligen Milliardenbereich.
  • Unzureichende Zeitfenster zum Bauen, weil parallel der Bahnbetrieb weiterlaufen muss.
  • Fachkräftemangel der Bauindustrie, der in dieser Zeitspanne kaum behebbar ist.

Position der Handelskammer Hamburg

„Der Deutschlandtakt ist eine riesige Chance für den Schienenverkehr im Norden. Mit der Realisierung der geplanten Projekte können kürzere Fahrzeiten, verbesserte Umsteigemöglichkeiten und mehr Reiseziele ermöglicht werden. Der Deutschlandtakt wird somit zu einer Verkehrsverlagerung und zur Stärkung des klimafreundlichen Schienenverkehrs beitragen. Damit der Deutschlandtakt ein ganzheitlicher Erfolg werden kann, brauchen wir mehr Kapazitäten in einem digitalen und elektrifizierten Schienennetz. Dies kann nur erreicht werden, wenn Planungsverfahren massiv beschleunigt und deutlich mehr Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden, als der Bund bislang eingeplant hat. Die jüngst veröffentlichte Studie der IHK Nord und des Hafenverbandes ZDS hat zudem gezeigt, dass der Schienengüterverkehr in den Planungen des Deutschlandtakts noch stärker berücksichtigt werden muss. Durch gezielte Maßnahmen wie Flexi-Trassen sowie Effizienzsteigerungen im System müssen die Kapazitäten erhöht werden, um den Güterverkehr der Zukunft abzuwickeln. Mit Blick darauf ist nicht nachvollziehbar, warum im Bundeshaushalt 2023 die Ausgaben für die Bundesschienenwege im Vergleich mit dem Etat für 2022 massiv zurückgehen. Dies widerspricht den Absichten, mehr Menschen und Güter auf die Schiene zu bringen.“

Prof. Norbert Aust, Präses der Handelskammer Hamburg, in einem Pressestatement anlässlich der Regionalkonferenz Deutschlandtakt in Hamburg am 25. Oktober 2022.