Vertragsrecht

Regeln der Verjährung

Im täglichen Geschäftsverkehr werden eine Vielzahl von Verträgen zwischen Privatpersonen und Kaufleuten, aber auch zwischen Kaufleuten untereinander abgeschlossen, zum Beispiel Kaufverträge, Mietverträge, Werkverträge. Aus diesen Verträgen entstehen Verpflichtungen, wie etwa die Zahlung des Kaufpreises. Der Geltendmachung solcher Ansprüche ist jedoch eine zeitliche Grenze gesetzt. Der Anspruch gegen den Schuldner bleibt bestehen. Der Schuldner muss ihn jedoch nicht erfüllen, sondern kann sich auf das Vorliegen der Verjährung berufen. Die Aufrechnung mit einer verjährten Forderung sowie die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts bleiben möglich, wenn der Anspruch zu dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, zu dem erstmals aufgerechnet oder verweigert werden konnte.
Das deutsche Recht sieht eine Regelverjährung, mit zahlreichen Ausnahmen vor. Die Verjährung kann ferner gehemmt werden oder neu zu laufen beginnen.

1. Verjährungsfrist

Die Regelverjährungsfrist beträgt 3 Jahre (§ 195 BGB). Sie beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangte oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
Sie gilt für alle ab dem 1. Januar 2002 entstandenen Ansprüche, sofern keine Sonderverjährungsregeln anzuwenden sind. Sonderverjährungsfristen finden sich in speziellen, den jeweiligen Anspruch regelnden Vorschriften, zum Beispiel  HGB, AG.
Achtung: Jährlich gehen Millionenbeträge durch außer Acht gelassene Verjährungsfristen von Zahlungsansprüchen verloren. Ein wichtiger Stichtag ist hierbei der 31. Dezember eines jeden Jahres. Mit Ablauf des 31. Dezember verjähren Zahlungsansprüche die der regelmäßigen Verjährungsfrist unterliegen, soweit der Gläubiger seinen Anspruch sowie den Schuldner kennt.

2. Sonderregelungen

30-jährige Verjährung (§ 197, § 199 Absatz 2 BGB) mit unterschiedlichem Beginn:
a) Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen:
Fristbeginn mit der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder einem sonstigen schadensauslösenden Ereignis
b) Herausgabeansprüche aus Eigentum und anderen dinglichen Rechten:
Fristbeginn mit Entstehung
c) rechtskräftig festgestellte Ansprüche:
Fristbeginn mit der Rechtskraft der Entscheidung
d) Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden:
Fristbeginn mit vollstreckbaren Titel
e) Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind:
Fristbeginn mit Feststellung
f) Ansprüche auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung
Fristbeginn mit Rechtskraft der zu vollstreckenden Entscheidung
Kaufverträge
Sonderregeln gelten für die Verjährung bei Vorliegen einer mangelhaften Kaufsache (§ 438 BGB):
a) grundsätzlich 2 Jahre. Fristbeginn mit Gefahrübergang (in der Regel Übergabe der Sache).
b) bei arglistig verschwiegenen Mängeln gilt die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren. Fristbeginn ist der Schluss des Jahres ab Kenntnis des Anspruchs und des Schuldners (§§195, 199 BGB).
c) 5 Jahre bei einem Bauwerk und bei einer Sache (Baustoffe), die die Mangelhaftigkeit eines Bauwerkes hervorgerufen haben
d) 30 Jahre wenn die Kaufsache aufgrund eines dinglichen Rechts (zum Beispiel Eigentum) eines Dritten von diesem herausverlangt werden kann
Werkverträge
Sonderverjährungsregeln gelten für Werkmängel (§ 634 a BGB):
a) grundsätzlich 2 Jahre ab Abnahme des Werkes.
b) bei arglistig verschwiegenen Mängeln gilt die Frist von 3 Jahren. Fristbeginn ist der Schluss des Jahres nach Kenntnis des Anspruchs und des Schuldners.
c) ebenfalls 3 Jahre bei unkörperlichen Arbeitsergebnissen (zum Beispiel Baupläne, Gutachten) Fristbeginn mit Schluss des Jahres nach Kenntnis von Anspruch und Schuldner .
d) 5 Jahre bei Bauwerken ab Abnahme des Bauwerks, wenn durch die Mangelhaftigkeit des Baumaterials die Mangelhaftigkeit des Bauwerks hervorgerufen wurde und die Sachen für ein Bauwerk verwendet wurden (zum Beispiel Baumaterial).
Ist die Sache mit dem Gebäude nicht fest verbunden, gilt die zweijährige Verjährungsfrist, ebenso, wenn der Mangel im Einbau liegt und nicht in der Mangelhaftigkeit des Materials.
Mietverträge
Ansprüche aus Mietverträgen verjähren grundsätzlich in 3 Jahren.
Im Mietvertragsrecht gilt eine 6-monatige Verjährung für folgende Ansprüche (§ 548 BGB):
  • Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderung oder Verschlechterung der Mietsache
  • Anspruch des Vermieters auf Vornahme von Schönheitsreparaturen bzw. auf Zahlung einer Quote der Schönheitsreparaturkosten bei einer Quotenhaftungsklausel
  • Ansprüche des Mieters auf Ersatz von Aufwendungen
Verjährungsbeginn ist der Zeitpunkt in dem der Vermieter die Sache zurückerhält. Mit der Verjährung des Rückgabeanspruchs verjähren auch seine Ersatzansprüche.
Handelsvertreterverträge
Für alle Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis zwischen Handelsvertreter und Unternehmer, die nach dem 14. Dezember 2004 entstanden oder fällig geworden sind, gilt die allgemeine 3-jährige Verjährung nach § 195 BGB.
Hilfsansprüche (§ 87 c HGB) wie der Anspruch auf Abrechnung, Buchauszug etc. verjähren entsprechend ihrem Zweck grundsätzlich selbstständig zum Beispiel werden Ansprüche auf Abrechnung mit der Verjährung der Provisionsansprüche gegenstandslos. Dies gilt auch für Auskunftsansprüche über verjährte Provisionsansprüche.

3. Hemmung der Verjährung

Hemmung der Verjährung bedeutet, dass mit Eintritt eines Hemmungsgrundes die Verjährung zum Stillstand kommt und nach Wegfall des Grundes weiterläuft.
Der Zeitraum, in dem die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet. Dies hat insbesondere Auswirkungen beim Mahnverfahren, da es häufig erst kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist eingeleitet wird. Es besteht die Gefahr, dass durch ein kurzes Fortlaufen der Frist nach Zustellung des Mahnbescheides die Verjährung eintritt. Die Hemmung endet gemäß § 204 Absatz 2 Satz 2 BGB sechs Monate nach der letzten Verfahrenshandlung. Ab diesem Zeitpunkt läuft die Verjährung weiter. Erst wenn das verfahren erneut betrieben wird, setzt die Hemmung erneut ein. Möglicherweise ist dies dann jedoch zu spät, da die Verjärhung bereits eingetreten ist. Das Mahnverfahren sollte daher stets in gang gehalten werden und nicht länger als sechs Monate ruhen. Ein Mahnverfahren bietet die Möglichkeit einen Mahnbescheid zu erwirken oder aber ein streitiges Verfahren einzuleiten.
Die Verjährung ist gehemmt bei:
  • einem vereinbartem Leistungsverweigerungsrecht
  • dem Schweben der Verhandlungen bis zur Verweigerung der Fortsetzung der Verhandlungen (die Verjährung tritt hier frühestens drei Monate nach Ende der Hemmung ein)
  • höherer Gewalt (zu der auch der Stillstand der Rechtspflege zählt)
  • Rechtsverfolgungsmaßnahmen zum Beispiel Klageerhebung, Zustellung des Mahnbescheides im Mahnverfahren, Güteantrag, sonstige Gütestellenverfahren, Antrag auf Prozesskostenhilfe, Aufrechnung, Streitverkündung, Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens, Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren etc. (siehe § 204 Absatz 1 Nummer 1-14 BGB)
    Eine Ausnahme hiervon bilden die Vollstreckungsmaßnahmen, die den Neubeginn der Verjährung auslösen. Die Hemmung endet sechs Monate nach rechtskräftiger Entscheidung oder anderweitiger Erledigung des eingeleiteten Verfahrens. Bei Nichtbetreiben des Verfahrens gilt die letzte Verfahrenshandlung als entscheidendes Datum für die sechsmonatige Frist. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.
Wichtig: Außergerichtliche Mahnungen, also private Zahlungsaufforderungen, hemmen die laufende Verjährung von Ansprüchen hingegen nicht, selbst wenn sie schriftlich und in Form eines eingeschriebenen Briefes erfolgen. Auch mehrfache schriftliche Mahnungen bewirken keine Verjährungshemmung.

4. Neubeginn der Verjährungsfrist

Neubeginn der Verjährung (§ 212 BGB) heißt, dass nach dem Ereignis, welches zu einer Unterbrechung der Verjährungsfrist führte, die volle Verjährungsfrist neu zu laufen beginnt.
Unterbrechende Ereignisse sind:
  • Anerkennung des Anspruchs durch den Schuldner gegenüber dem Gläubiger durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise
  • eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung, die vorgenommen oder beantragt wird. Wird die Vollstreckungshandlung aufgehoben oder dem Antrag auf Vollstreckung nicht stattgegeben oder vorher zurückgenommen, so gilt der erneute Beginn der Verjährung als nicht eingetreten.

5. Weitere Informationen

Unser Merkblatt kann nur einen zusammenfassenden Überblick geben. Sollten Sie weitergehende Informationen benötigen, steht Ihnen in unserer Commerzbibliothek die gängige Rechtsliteratur (Gesetzestexte, Kommentare, Entscheidungssammlungen, Periodika, Monographien) zur Verfügung. Die Commerzbibliothek finden Sie im Erdgeschoss unserer Handelskammer, Adolphsplatz 1, 20457 Hamburg. Sie ist von Montag bis Donnerstag von 10 bis 20 Uhr und Freitag bis Samstag von 10 bis 15 Uhr geöffnet. Sollten Sie weitere Fragen haben, wenden Sie sich bitte an die Abteilung Rechtsanwendung unserer Handelskammer.
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