Recht und Steuern
Die Bestellung eines Notgeschäftsführers bei führungsloser GmbH
Jede GmbH und UG (haftungsbeschränkt) hat nach dem GmbH-Gesetz zwei notwendige Organe. Die Gesamtheit der Gesellschafter, die sog. Gesellschafterversammlung und den oder die Geschäftsführer. Als juristische Person benötigt jede GmbH diese Organe um handlungsfähig zu sein. In der Praxis kommt es immer wieder aus unvorhergesehenen Gründen vor, dass eine GmbH nicht mehr über einen Geschäftsführer verfügt, weil ein Geschäftsführer fehlt oder der einzig vorhandene Geschäftsführer rechtlich bzw. tatsächlich an der Ausübung seiner Amtstätigkeit verhindert ist, z.B. aufgrund einer schwerwiegenden, andauernden Erkrankung. Häufig ist auch anzutreffen, dass gerade bei finanzieller Schieflage der GmbH, der einzige Geschäftsführer sein Amt niederlegt. Dies bereitet im Übrigen auch Probleme bei der Anmeldung des Ausscheidens im Handelsregister. Der Geschäftsführer ist notwendig zur Handlungsfähigkeit der Gesellschaft, die durch ihn nach außen vertreten wird. Um diese Handlungsfähigkeit auch bei Fehlen eines Geschäftsführers sicherzustellen, stellt sich die Frage, ob nicht die Bestellung eines Notgeschäftsführers gem. § 29 BGB analog durch das Gericht erreicht werden kann.
Wichtig: Möchten Sie als Unternehmer bereits im Vorfeld Vorkehrungen für den eigenen Ausfall treffen, setzen Sie sich bitte rechtszeitig damit auseinander. Unser Notfallhandbuch soll Ihnen dabei eine Anregung sowie Orientierung geben und als Werkzeug zugleich dienen, um die wichtigsten Regelungen konkret umzusetzen.
1. Voraussetzungen der Notgeschäftsführung
Zunächst ist es notwendig, dass der erforderliche Geschäftsführer fehlt. Dies ist möglich, wenn das Amt unbesetzt ist, etwa durch Tod, Abberufung oder Amtsniederlegung des bisherigen Geschäftsführers. Daneben kann auch aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ein Geschäftsführer auf Dauer an der Ausübung gehindert sein, z.B. bei schwerer Erkrankung. Allein das hohe Alter eines Geschäftsführers oder ein vorübergehender Auslandsaufenthalt genügen hierfür nicht. Daneben ist die Dringlichkeit der Bestellung erforderlich. Ein dringender Fall ist nur dann gegeben, wenn die hierzu berufenen Gesellschaftsorgane, selbst nicht in der Lage sind, den Mangel innerhalb einer angemessenen Frist zu beseitigen. Darüber hinaus liegt ein dringender Fall vor, wenn der GmbH ohne die Bestellung eines Notgeschäftsführers ein erheblicher Schaden oder Nachteil der GmbH drohen würde oder eine erforderliche Handlung nicht vorgenommen werden könnte. Hierzu kann zählen, dass erforderliche Handlungen, wie z.B. die Steuererklärung nicht vorgenommen werden kann. Ein Abwarten bis zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers durch das zuständige Organ, meist die Gesellschafterversammlung, darf darüber hinaus nicht zumutbar sein. Es genügt allerdings nicht dem Gericht mitzuteilen, dass der derzeit amtierende Geschäftsführer nicht mehr im Vollbesitz seiner geistigen Fähigkeiten und somit geschäftsunfähig sei, wenn nicht gleichzeitig dargelegt werden kann, welcher Schaden oder Nachteil der GmbH droht, wenn abgewartet wird, bis die Gesellschafter eine Entscheidung über die Bestellung einer Ersatzperson getroffen haben.
Exkurs: In verschiedenen Krisensituationen in einem Unternehmen kommt es vor, dass die Geschäftsführer sich zweck Vermeidung persönlicher Risiken dazu entschließen, die Geschäftsführung durch Abgabe einer öffentlich beglaubigten Erklärung gegenüber dem Handelsregister niederzulegen. Dies ist zwar grundsätzlich möglich. Sie ist allerdings an bestimmte Anträge und auf die Abgabe der eidesstattlichen Erklärung gebunden. Sind die Anträge gestellt, hat der niederlegende Geschäftsführer noch die nachvertragliche Pflicht zur Abgabe der beantragten eidesstattlichen Erklärung. Mit Eingang der Erklärung beim Handelsregister und der Eintragung in das Handelsregister wird zumindest für die Zukunft bewirkt, daß der das Amt niederlegende Geschäftsführer zumindest Dritten gegenüber nicht mehr in der Haftung steht. Im Innenverhältnis bedarf es allerdings der Überprüfung, ob die niederlegenden Geschäftsführer unter Abwägung seiner persönlichen und rechtlichen Verhältnisse einerseits und der rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen der Gesellschaft andererseits die Niederlegung der Geschäftsführung angemessen war.
Hinweis: Ein Geschäftsführer, der bereits wirksam sein Amt niedergelegt hat, ist nicht mehr befugt, selbst die entsprechende Eintragung zum Handelsregister anzumelden. Dieser Grundsatz führt insbesondere dann zu Problemen, wenn nur ein Geschäftsführer existiert. Dieses Problem kann in der Praxis einfach vermieden werden, in dem der Allein-Geschäftsführer sein Amt nicht mit sofortiger Wirkung niederlegen, sondern mit Wirkung zum Zeitpunkt der Eintragung seines Ausscheidens als Geschäftsführer im Handelsregister. In diesem Fall ist der Geschäftsführer bis zur entsprechenden Eintragung im Handelsregister noch im Amt, womit er die Handelsregisteranmeldung selbst vornehmen kann. Hierzu sollte Sie einen Notar Ihres Vertrauens aufsuchen, welcher Ihre Unterschrift unter der Anmeldung beglaubigt und die Anmeldung unverzüglich elektronisch beim Handelsregister einreicht.
2. Verfahren
Notwendig ist ein Antrag, berechtigt hierzu sind grundsätzlich die Gesellschafter. Daneben können alle, gegenüber denen die GmbH Verpflichtungen hat (z.B. Gesellschaftsgläubiger, Betriebsräte oder Behörden). Dieser ist an das Registergericht zu richten, an dem die GmbH ihren Sitz hat. Die Auswahl der Person steht im Ermessen des Gerichts. Vor der Bestellung sind die Gesellschafter anzuhören. Wirksam wird die Bestellung mit der Annahme des Amtes. Stirbt der alleinige Geschäftsführer und Gesellschafter einer Ein-Mann- GmbH, dann
bestimmte sich die Gesellschafterstellung nach dem Erbrecht. Der Erbe tritt in die Rechtsstellung des Verstobenen. Durch Vorsorgeverfügung kann der Alleingesellschafter- und Geschäftsführer einer Ein-Mann-GmbH bestimmen, wer im Notfall als Notgeschäftsführer eingesetzt werden soll.
Die Bestellung eines Notgeschäftsführers erfolgt für die Zeit bis zur ordentlichen Bestellung eines Geschäftsführers und dessen Eintragung ins Handelsregister.
3. Stellung des Notgeschäftsführers
Die Stellung eines Notgeschäftsführers entspricht derjenigen eines satzungsgemäß bestellten „normalen“ Geschäftsführers. Auch dieser ist zum Handelsregister anzumelden und einzutragen. Ihm steht ein Vergütungsanspruch zu.
4. Beendigung
Notgeschäftsführer können nicht durch die Gesellschafterversammlung oder das zuständige Organ nach § 38 GmbHG abberufen werden, auch nicht aus wichtigem Grund. Es muss hierfür ein Antrag auf Abberufung an das Registergericht gestellt werden. Das Registergericht kann auch ohne Antrag von sich aus eine Abbestellung aus wichtigem Grund vornehmen. Solange nach Beendigung der Notgeschäftsführerstellung noch die Voraussetzungen für die Bestellung eines Notgeschäftsführers vorliegen, muss mit der Abberufung ein anderer Notgeschäftsführer bestellt werden. Mit der Bestellung eines ordentlichen Geschäftsführers, der den Notgeschäftsführer ersetzt, endet die Notgeschäftsführung automatisch. Daneben kann der Notgeschäftsführer sein Amt jederzeit niederlegen.
Hinweis: Diese Informationen sollen Ihnen nur erste Hinweise geben und erheben daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl sie mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurden, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.
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