Internationales Steuerrecht

Entsendung von Mitarbeitenden ins Ausland

Die fortschreitende Globalisierung der Märkte bringt einen wachsenden Strom von mobilen Arbeitskräften mit sich, sowohl von Deutschland ins Ausland als auch umgekehrt. Die Entsendung von Arbeitnehmern in das Ausland gewinnt somit immer mehr an Bedeutung. Dabei sind neben den arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten auch steuerrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Fragen zu berücksichtigen. Zu den steuerrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Aspekten soll im Folgenden ein kurzer Überblick gegeben werden.

Voraussetzungen für Arbeitnehmerentsendungen

Eine Arbeitnehmerentsendung liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland auf Weisung seines inländischen Arbeitgebers (dem entsendenden Unternehmen) im Ausland eine Beschäftigung für diesen ausübt. Auch wenn der Arbeitnehmer im Inland eigens für eine Arbeit im Ausland eingestellt wird, ist eine Entsendung gegeben. Wenn der Arbeitnehmer jedoch bereits im Ausland seinen Wohnsitz hat bzw. dort beschäftigt ist und von dort aus eine Beschäftigung für einen inländischen Arbeitgeber aufnimmt, ist dies kein Fall einer Entsendung.
Die Beschäftigung im Ausland muss zudem im Voraus zeitlich begrenzt sein. Die zeitliche Begrenzung kann sich aus der Eigenart der Beschäftigung (z.B. Abwicklung eines bestimmten Projektes) oder aus einer vertraglichen Vereinbarung ergeben. Für den Umfang der Befristung gilt keine bestimmte Zeitgrenze.

Beispiele für Arbeitnehmerentsendungen

Eine Arbeitnehmerentsendung liegt vor, wenn...
  • der Arbeitnehmer schon im Inland für das Unternehmen gearbeitet hat und ins Ausland entsandt wird, um dort weiterhin für das Unternehmen gegen Entgelt als Arbeitnehmer tätig zu sein.
  • der Arbeitnehmer vorher bei einem anderen Arbeitgeber im Inland beschäftigt war und im Inland extra vom neuen Arbeitgeber für die Entsendung ins Ausland eingestellt wird.
  • der inländische Arbeitnehmer noch gar nicht als Arbeitnehmer beschäftigt war und extra für die Beschäftigung im Ausland eingestellt wird.
Eine Arbeitnehmerentsendung liegt nicht vor, wenn...
  • der Arbeitnehmer schon vor Jahren ins Ausland ausgewandert ist und seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat und dann vom deutschen Unternehmen im Ausland eingestellt wird.
  • der Arbeitnehmer im Ausland bereits für einen anderen ausländischen Arbeitgeber tätig war und dort seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hatte und das deutsche Unternehmen den Arbeitnehmer nun extra für eine Tätigkeit in einem anderen Land einstellt.

Entsendeformen

Es wird zwischen unterschiedlichen Entsendeformen anhand der Dauer des Auslandsaufenthalts unterschieden. Diese Einteilung knüpft gedanklich an den steuerlichen Regelungen an, die steuerlichen Folgen sind aber stets separat zu überprüfen.
Auslandsentsendung
Aufenthaltsdauer
Dienstreise
bis 3 Monate
Verlängerte Dienstreise oder Delegation
3 – 6 Monate
Kurzfristige Entsendung
6 –12 Monate
Langfristige Entsendung
1 – 5 Jahre
Versetzung ins Ausland
länger als 5 Jahre
Wer in diesen Fällen den Wohnsitz im Inland hat, aber im Ausland tätig ist, ist im Inland unbeschränkt und im Ausland beschränkt steuerpflichtig. Es kann zu Konflikten bzw. zu Doppelbesteuerung auf verschiedene Weise kommen: 
  1. DBA (Doppelbesteuerungsabkommen), dann gilt die 183-Tage-Regel etc. 
  2. kein DBA, dann gibt es auf deutscher Seite zwei Entlastungsmöglichkeiten: 
  • Anrechnung der Steuer, die der Arbeitnehmer im Ausland gezahlt hat
oder 
  • der deutsche Staat verzichtet auf die Besteuerung, wenn Voraussetzungen des Auslandstätigkeitenerlasses erfüllt sind und Mindestzeitdauer in dem Staat, auf im Rahmen der Einkommensteuererklärung §34c EStG Anrechnung.

Dienstreise

Dienstreisen bis zu einer Dauer von 3 Monaten sind unproblematisch, da in steuerrechtlicher Hinsicht die Zahlung von entsprechenden Zulagen steuerfrei gewährt werden und der Mitarbeiter weiterhin nach den deutschen Bestimmungen sozialversichert bleiben kann.
Bei Dienstreisen ist insbesondere folgendes zu beachten:
Wenn kein DBA vorliegt (wie zum Beispiel mit Libyen), dann ist es unerheblich wie lange der Arbeitnehmer in Libyen tätig ist. Zunächst ist das DBA zu prüfen. Ist der Arbeitgeber im Inland und bezahlt den Arbeitnehmer im Ausland, dann handelt es sich bei einer Auswärtstätigkeit von bis zu 3 Monate um eine Dienstreise. Werden allerdings die Kosten des Arbeitnehmers von der Betriebsstätte im Ausland getragen, dann sind diese dort steuerpflichtig. Deshalb sollten Dienstreise-Kosten nicht (an Betriebsstätten) ins Ausland weiterbelastet werden, da sonst die Gefahr besteht, dass es zu Fehlern bei der steuerrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung kommt.

Verlängerte Dienstreise oder Delegation

Bei einer verlängerten Dienstreise oder Delegation ist zu prüfen, ob es zu einer Steuerpflicht im Gastland kommt. Dabei findet zumeist die 183-Tage-Regelung Anwendung. Wie auch bei einer kürzeren Dienstreise ist auf die Kostenweiterbelastung zu achten, damit nicht unbemerkt eine Steuerpflicht im Gastland ausgelöst wird.
Es ist zudem sinnvoll, dass das Unternehmen eine spezielle hausinterne Richtlinie („Delegation-Policy”) für derartige Vorgänge erlässt, um betriebsintern ein abgestimmtes Vorgehen zu ermöglichen und von vornherein Fehlerquellen zu vermeiden.
Diese Richtlinie sollte unter anderem folgende Fragen regeln:
  • Kostentragung der Delegation
  • Steuerliche Behandlung der Delegation
  • Sozialversicherungsrecht während der Delegation
  • Zulagenregelung
  • Mitwirkungspflichten des Arbeitnehmers
  • Leistungen, die die Gastgesellschaft gewährt
  • Amortisationsrecht des Arbeitgebers bei vorzeitigem Ausscheiden des Mitarbeiters.
Tritt eine solche Richtlinie in Kraft, kann ein spezieller Delegationsvertrag geschlossen werden, der die einzelnen Punkte für den Mitarbeiter regelt und einen Zusatz zum Arbeitsvertrag bildet.

Kurzfristige und langfristige Entsendungen

Bei Entsendungen mit einer Dauer von mehr als sechs Monaten entsteht in der Regel eine Steuerpflicht im Gastland. Dabei muss beachtet werden, ob ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit dem Gastland besteht und wie auf dessen Grundlage die 183-Tage-Grenze zu berechnen ist.
Sinnvoll ist es, auch bei kurzfristigen und langfristige Entsendungen mit einer Entsendungsrichtlinie ein Regelwerk zu erstellen, dass eine einheitliche Behandlung von Entsendungen sicherstellt.

Steuerrechtliche Aspekte

Wenn ein Arbeitnehmer für seinen inländischen Arbeitgeber im Ausland tätig wird, stellen sich aus steuerlicher Sicht im Wesentlichen folgende Fragen:
  1. Ist der Arbeitslohn weiterhin im Inland steuerpflichtig?
  2. Wenn der Arbeitslohn im Inland steuerpflichtig ist, wie wird die im Ausland erhobene Steuer bei der deutschen Einkommensteuer berücksichtigt?

Steuerpflicht im Inland

Ein Arbeitnehmer, der seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, unterliegt grundsätzlich als unbeschränkt Steuerpflichtiger mit seinem gesamten Welteinkommen der inländischen Besteuerung, vgl. § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG).
Im Rahmen von Arbeitnehmerentsendungen wird es in diesem Zusammenhang für die Frage der Steuerpflicht des Arbeitslohns in der Regel auf den Wohnsitz des Arbeitnehmers ankommen. Ist dieser weiterhin in Deutschland, bleibt er nach dem genannten Grundsatz mit seinem Arbeitslohn in Deutschland steuerpflichtig.
Hierfür gilt gem. § 8 Abgabenordnung (AO), dass jemand steuerlich seinen Wohnsitz dort hat, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.
Bei einem ins Ausland versetzten Arbeitnehmer ist ein inländischer Wohnsitz widerlegbar zu vermuten, wenn er seine Wohnung im Inland beibehält, deren Benutzung ihm möglich ist und die nach ihrer Ausstattung jederzeit als Bleibe dienen kann (BFH, BStBl II 1996, Seite 2). Wesentlich ist, dass der Wohnsitz als Mittelpunkt der Lebensinteressen anzusehen ist. Nicht erforderlich ist, dass sich der Steuerpflichtige eine bestimmte Mindestanzahl von Tagen im Jahr in der Wohnung aufhält.
Einen Wohnsitz im Inland hat auch der, der im Ausland einen Wohnsitz begründet, und seine Wohnung im Inland beibehält (BFH, BStBl. II 1975, Seite 708).
Bei Eheleuten gilt, dass ein Ehegatte - sofern die Ehegatten nicht dauernd getrennt leben - seinen Wohnsitz prinzipiell dort hat, wo seine Familie lebt. Ein regelmäßiger Aufenthalt in der Wohnung eines Angehörigen oder Bekannten reicht hingegen nicht aus.

Berücksichtigung der im Ausland erhobenen Steuer bei der deutschen Einkommensteuer

Bei Auslandstätigkeiten tritt bei der Besteuerung der Vergütungen regelmäßig als weiterer Berechtigter der Fiskus des Tätigkeitsstaats neben den deutschen Fiskus. Um in diesen Fällen eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, sieht das deutsche Einkommensteuerrecht verschiedene Möglichkeiten vor. Diese sind danach zu unterscheiden, ob mit dem Staat, in den der Arbeitnehmer entsandt wird, ein sogenanntes Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) besteht oder nicht.

Steuerfreistellung bei Staaten mit Doppelbesteuerungsabkommen (DBAs)

Zur Vermeidung der Doppelbesteuerung hat die Bundesrepublik Deutschland mit einer Vielzahl von Staaten DBAs abgeschlossen.
Tipp: Mit welchen Staaten die Bundesrepublik Deutschland Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat, fasst das Bundesfinanzministerium auf seiner Webseite zusammen.
In Bezug auf Einkünfte aus aktiver nicht selbstständiger Arbeit im privaten Sektor haben alle von Deutschland abgeschlossenen DBAs folgende Regelungen:
  • Wenn ein Arbeitnehmer, der in einem Vertragsstaat tätig ist, in diesem Vertragsstaat auch ansässig ist (Ansässigkeitsstaat „gleich” Tätigkeitsstaat), so ist er nur in diesem Staat zu besteuern.
  • Wenn ein Arbeitnehmer in einem Vertragsstaat ansässig ist und in einem anderen Vertragsstaat arbeitet (Ansässigkeitsstaat „ungleich” Tätigkeitsstaat), steht dem Tätigkeitsstaat das Besteuerungsrecht für die vom Arbeitnehmer dort ausgeübte unselbständige Arbeit zu, es sei denn
    • der Arbeitnehmer hält sich im Tätigkeitsstaat insgesamt nicht länger als 183 Tage während des im DBA genannten Zeitraums auf und
    • die Vergütungen werden von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt, der nicht im Tätigkeitsstaat ansässig ist, und
    • die Vergütungen werden nicht von einer Betriebsstätte oder einer festen Einrichtung getragen, die der Arbeitgeber im Tätigkeitsstaat hat.

a) Grundsatz

Nach den Regelungen der DBAs zu den Arbeitnehmereinkünften wird das Besteuerungsrecht in der Regel dem Staat zugewiesen, in dem der Arbeitnehmer seine Tätigkeit ausübt. Die entsprechenden Einkünfte werden in Deutschland von der Einkommensteuer regelmäßig freigestellt. Sie beeinflussen aber die Höhe des Steuersatzes, mit dem die inländischen Einkunftsanteile, wie zum Beispiel Kapitalerträge oder Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, besteuert werden (Progressionsvorbehalt).
Für die Höhe des frei zu stellenden Arbeitslohns gilt, dass der Arbeitslohn, der der Tätigkeit im Ausland direkt zuzuordnen ist, in vollem Umfang in Deutschland von der Besteuerung freigestellt ist. Arbeitslohn, der der Tätigkeit im Ausland nicht direkt zugeordnet werden kann, ist mit folgendem Schlüssel aufzuteilen: Verhältnis der vereinbarten Arbeitstage im Ausland zu den übrigen vereinbarten Arbeitstagen.

b) Ausnahme

Durch die sogenannte 183-Tage-Regelung werden die Einkünfte abweichend von dem in den Doppelbesteuerungsabkommen enthaltenen Grundsatz nicht im Tätigkeitsstaat, sondern im Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers besteuert, wenn die oben genannten drei Voraussetzungen zusammen vorliegen.
Zu beachten ist bei der Berechnung, dass es DBAs gibt, die nicht auf den Aufenthalt abstellen, was der Regelfall ist, sondern auf die Ausübung der Arbeit (zum Beispiel Dänemark; in Belgien wird auch der Urlaub im Anschluss an die Tätigkeit mitberücksichtigt ).
Als Tage des Aufenthalts werden im Grundsatz unter anderem mitgezählt:
  • Ankunfts- und Abreisetag
  • alle Tage der Anwesenheit vor, während und unmittelbar nach der Tätigkeit, z.B. Samstage, Sonntage, Feiertage
  • Tage der Anwesenheit während Arbeitsunterbrechungen, z.B. Streik, Aussperrung
  • Urlaubstage, die unmittelbar vor, während und unmittelbar nach der Tätigkeit im Tätigkeitsstaat verbracht werden
  • kurze Unterbrechungen infolge von Reisen in den Heimatstaat oder in Drittstaaten, soweit sie im Rahmen von bestehenden Arbeitsverhältnissen erfolgen und unter Berücksichtigung der Umstände des konkreten Sachverhalts nicht als Beendigung des vorübergehenden Aufenthalts angesehen werden können. Außer Betracht bleiben Wochenend-, Urlaubs- und Feiertage, sofern der Arbeitnehmer arbeitstäglich an seinen Wohnsitz zurückkehrt.
Beispiele zur 183-Tage-Regelung
Ausgangssituation 1: A ist für seinen deutschen Arbeitgeber in Österreich tätig. Mit Österreich besteht ein Doppelbesteuerungsabkommen. Eine Betriebsstätte des Arbeitgebers in Österreich besteht für die folgenden Alternativen nicht.
1. A ist vom 1. Januar bis 15. Juni des gleichen Jahres in Österreich tätig
  • Die 183-Tage-Grenze ist unterschritten. Österreich hat kein Besteuerungsrecht.
2. Direkt im Anschluss hieran verbringt er dort bis zum 15. Juli seinen Urlaub.
  • Österreich hat ein Besteuerungsrecht, weil sich A länger als 183 Tage in Österreich aufgehalten hat. Der Urlaub wird in die Aufenthaltsdauer eingerechnet.
3. A verbringt nicht direkt im Anschluss, sondern erst im Herbst seinen Urlaub in Österreich.
  • Der Urlaubsaufenthalt ist nicht mit in die Berechnung einzubeziehen, da der Urlaub nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Auslandstätigkeit steht.
Der Zeitraum für die Berechnung der 183 Tage kann sich je nach DBA auf das Kalenderjahr beziehen oder auf ein vom Kalenderjahr abweichendes Steuerjahr oder auf einen variablen Zeitraum von 12 Monaten.
Ausgangssituation 2: B ist für seinen deutschen Arbeitgeber vom 1. Januar bis zum 20. August des gleichen Jahres in Großbritannien tätig. Mit Großbritannien besteht ein DBA. Das Steuerjahr beginnt dort am 6. April und endet am 5. April.
  • B hält sich nicht länger als 183 Tage in Großbritannien auf, da die Aufenthaltstage für jedes Steuerjahr getrennt zu ermitteln sind.
Für die Ermittlung der jeweiligen Fristen sind aufgrund von Besonderheiten in einzelnen Doppelbesteuerungsabkommen und Vertragsstaaten die jeweils konkreten Regelungen zu beachten.
Wichtig! Eine Ausnahme von der 183-Tage-Regelung ist die “Grenzgängerregelung”. Grenzgängerregelungen sind zu finden im DBA mit der Schweiz, im DBA mit Frankreich und im DBA mit Österreich.
Grenzgänger ist ein Arbeitnehmer, der im Grenzgebiet eines Staates wohnt, aber im Grenzgebiet des angrenzenden Staates tätig ist und sich regelmäßig morgens über die Grenze zur Arbeitsstätte begibt und abends wieder zum Wohnsitz zurückkehrt.
Greift die Grenzgängerregelung, so verbleibt das Besteuerungsrecht auch dann im Wohnsitzstaat, wenn die Arbeit im ausländischen Tätigkeitsstaat nicht nur vorübergehend, sondern länger als 183 Tage ausgeübt wird.
Hinweis: Im Zuge der Corona-Pandemie wurden Konsultationsvereinbarungen zwischen Deutschland und seinen Nachbarstaaten Belgien, Frankreich, Luxemburg, Österreich und der Schweiz getroffen, die einer geänderten Aufteilung des Besteuerungsrechts begegnen soll. Erforderlich ist dies wegen der verminderten Pendelbewegung zwischen dem Wohnsitz- und dem Tätigkeitsstaat und der vermehrten Arbeitstätigkeit in der häuslichen Wohnung in Folge von Grenzschließungen und Einreiseverboten sowie behördliche Empfehlungen oder Anweisungen des Arbeitgebers. Beispielsweise sollen mittels Arbeitgeberbescheinigung die arbeitsgeberseitig angeordneten häuslichen Arbeitstage nachgewiesen werden, damit dem Verlust der Grenzgängereigenschaft im Verhältnis zur Schweiz und zu Frankreich aufgrund der höheren Anzahl von Tagen im Homeoffice entgegengewirkt werden kann.

c) Verfahrenshinweise

Für das Lohnsteuerabzugsverfahren sind die Regelungen des DBA zu beachten:
  • Sofern das einschlägige DBA für die Steuerfreistellung keine Antragspflicht vorsieht, kann der Arbeitgeber schon dann den Lohnsteuerabzug unterlassen, wenn die im DBA genannten Tatbestandsvoraussetzungen für die Steuerfreiheit vorliegen.
  • Der Arbeitgeber kann sich auch dann auf die Steuerfreiheit berufen, wenn das Betriebsstätten-Finanzamt z.B. wegen fehlender Beantragung keine Freistellungsbescheinigung ausgestellt hat (BFH, BStBl. 1989 II, Seite 755).
  • In Fällen, in denen ausnahmsweise eine Freistellung nur auf Antrag zulässig ist, darf der Arbeitgeber erst dann von einem Steuerabzug absehen, wenn das Betriebsstättenfinanzamt eine Freistellungsbescheinigung ausgestellt hat.
  • Die Freistellungsbescheinigung ist vom Arbeitnehmer oder in dessen Auftrag vom Arbeitgeber beim zuständigen Betriebsstättenfinanzamt des Arbeitgebers auf amtlichem Vordruck zu beantragen. Das Finanzamt muss in der Freistellungsbescheinigung die Geltungsdauer angeben. Die Geltung wird auf höchstens drei Jahre begrenzt. Die Bescheinigung ist vom Arbeitgeber als Beleg zum Lohnkonto aufzubewahren.
  • Der Arbeitslohn, der nach einem DBA steuerfrei ist, muss auf der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung gemeldet werden. Nicht zu bescheinigen sind dabei die Bezüge, die im Falle einer Erzielung im Inland nach deutschem Steuerrecht nicht steuerpflichtig wären. Ebenso ist der Arbeitnehmerpauschbetrag anzugeben, sofern er nicht bei inländischem Arbeitslohn berücksichtigt wurde.
  • Zu beachten ist ferner, dass es Spezialregelungen bspw. bei Organen von Kapitalgesellschaften und bei leitenden Angestellten, bei Berufskraftfahrern sowie bei Schiffs- und Flugpersonal gibt.
  • Das Bundesministerium der Finanzen hat am 27.06.2022 ein Schreiben zur Erstattung von zu Unrecht einbehaltener Lohnsteuer veröffentlicht, wenn das Besteuerungsrecht eigentlich dem Wohnsitzstaat und nicht dem Tätigkeitsstaat unterliegt. Es ist möglich, einen Erstattungsantrag gegen das Betriebsstättenfinanzamt des Arbeitgebers zu richten. Dabei sind ggf. Fristen zu beachten, die sich aus DBA ergeben. Die weiteren Einzelheiten entnehmen Sie gern dem BMF-Schreiben.

Steueranrechnung bei Staaten ohne Doppelbesteuerungsabkommen

Im Verhältnis zu Staaten, mit denen kein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, sind im Einkommensteuergesetz (EStG) vier Arten des einseitigen Steuerverzichts geregelt:
  • Steuerverzicht (§ 34 c Abs. 5 EStG), bei dem die auf ausländische Einkünfte entfallende deutsche Einkommenssteuer ganz oder zum Teil erlassen (siehe Auslandstätigkeitserlass vom 31. 10. 1983, abrufbar unter Downloads) oder in einem Pauschbetrag festgesetzt werden kann;
  • Anrechnung ausländischer Steuern auf die deutsche Steuer, soweit diese auf ausländische Einkünfte entfällt (§ 34 c Abs. 1 EStG);
  • Abzug ausländischer Steuern bei der Ermittlung der Einkünfte entweder auf Antrag (§ 34 c Abs. 2 EStG) oder von Amts wegen (§ 34 c Abs. 3 EStG);
  • Freistellungen bei beschränkter Steuerpflicht.
Hinweis: Mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2023 wird der Auslandstätigkeitserlass vom 31. Oktober 1983 (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 401 KB) durch eine Neufassung ersetzt. Der neue Auslandstätigkeitserlass datiert auf den 10. Juni 2022 und ist bereits jetzt auf der Webseite des BMF abrufbar.

Sozialversicherungsrechtliche Aspekte

Grundsätzlich gelten die Regelungen des Sozialgesetzbuches nur für Beschäftigung im Inland, vgl. § 3 viertes Sozialgesetzbuch (SGB IV). Von diesem Territorialprinzip gibt es allerdings folgende Ausnahmen:

Ausstrahlung

Ausstrahlung ist ein Begriff aus dem deutschen Sozialversicherungsrecht und bezeichnet den Tatbestand, dass bei einer vorübergehenden Verlagerung des Beschäftigungsortes eines Arbeitnehmers aus dem Inland in das Ausland weiterhin die deutschen Rechtsvorschriften über Versicherungspflicht und Versicherungsberechtigung gelten. Gesetzliche Grundlage ist § 4 SGB IV. Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften vor, so „strahlen” diese in das Ausland “aus”. Die Zeitdauer und Verlängerungsmöglichkeiten sind in den einzelnen Staaten unterschiedlich.
Liegen die Voraussetzungen der Ausstrahlung vor, bleibt der Mitarbeiter bei einer zeitlich begrenzten Entsendung in allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung weiterversichert. Das trifft Arbeitnehmer, die auf Weisung des deutschen Arbeitgebers zeitlich begrenzt im Ausland tätig werden.

Voraussetzungen

Voraussetzungen für die Sozialversicherungspflicht in Deutschland sind (vgl. § 4 SGB IV):
  • Aktive Beschäftigung im Inland
    Es müssen vertragliche Bindungen des Arbeitnehmers zu einem Arbeitgeber im Inland bestehen. Die Gehaltsabrechnung muss weiterhin in Deutschland durchgeführt werden und die Personalkosten müssen in der deutschen Lohnbuchhaltung verbucht werden. Damit liegt eine Entsendung nicht vor, wenn ein Arbeitnehmer im Ausland wohnt und dort von einem inländischen Arbeitgeber für eine Tätigkeit im Ausland angeworben wird. Wird ein Mitarbeiter eines Großunternehmens an eine selbständige Tochterfirma im Ausland abgeordnet, bleibt die deutsche Sozialversicherungspflicht nur dann bestehen, wenn das Entgelt des abgeordneten Arbeitnehmers weiter vom Mutterunternehmen gezahlt wird und dieses auch weisungsbefugt bleibt.
  • Entsendung ins Ausland
    Der Arbeitnehmer muss sich von seinem Beschäftigungsort in der Bundesrepublik in ein anderes Land begeben.
  • Zeitliche Begrenzung
    Die zeitliche Begrenzung muss im Voraus erfolgen. Sie kann sich aus dem Vertrag ergeben oder aus der Eigenart der Auslandstätigkeit. Des Weiteren muss gewährleistet sein, dass der Arbeitnehmer nach der Beendigung des Auslandsaufenthalts beim entsendenden Arbeitgeber weiterbeschäftigt wird. Besteht dagegen das Arbeitsverhältnis zu einer ausländischen Tochtergesellschaft oder liegt eine dauerhafte Auslandstätigkeit vor, so ist der Arbeitnehmer ausschließlich bei der ausländischen Sozialversicherung beitragspflichtig und leistungsberechtigt. Hier sind Höchstdauer und Verlängerungsmöglichkeiten zu beachten.

Verfahrenshinweise

Die Ausstrahlung ist über die zuständige Einzugsstelle (in der Regel die zuständige Krankenkasse) zu beantragen. Die Ausstrahlung endet nach Ablauf der Auslandstätigkeit oder bei Entfallen der Voraussetzungen der Ausstrahlung, z.B. wenn ein zunächst befristeter Auslandseinsatz in einen unbefristeten umgewandelt wird. Bei der Ausstrahlung handelt es sich um eine einseitige Regelung des Sozialgesetzbuches, so dass bei Entsendungen ins vertragslose Ausland zusätzlich eine Sozialversicherungspflicht im Gastland möglich ist. Es empfiehlt sich daher, im Entsendevertrag den Umgang mit der doppelten Beitragspflicht zu regeln.

Entsendung innerhalb der EU / des EWR

Bei einer Entsendung innerhalb der Europäischen Union (EU) bzw. des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) konnten gemäß einer EU-Verordnung (EWG-VO 1408/71) Sozialversicherungsabkommen Anwendung finden. Diese Verordnung trat am 1.5.2010 außer Kraft, soweit sie die Entsendung in Mitgliedstaaten betrifft (Art. 90 VO 883/04). Nach wie vor entfaltet sie jedoch Wirkung im Verhältnis zu den Staaten des EWR und zu Drittstaaten. Die Verordnung 1408/71 regelt die Voraussetzungen, welche erfüllt sein müssen, damit ein Mitarbeiter eines deutschen Unternehmens, der in ein Abkommensland oder Drittstaat entsandt wurde, in seinem Heimatland versichert bleiben kann. Die Weiterversicherung ist grundsätzlich in allen Zweigen möglich.

Voraussetzungen

  • Versichert nach dieser Verordnung sind nur Personen, die Staatsangehörige des Mitgliedsstaates sind oder als Flüchtling oder als Staatenloser ihren Wohnsitz in einem Mitgliedsstaat haben. Dies gilt auch für familienversicherte Angehörige.
  • Der Mitarbeiter muss im Gebiet eines Mitgliedsstaates von einem Unternehmen, dem er gewöhnlich angehört, abhängig beschäftigt sein und
  • von diesem Unternehmen zur Ausführung einer Arbeit für dessen Rechnung in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates entsandt werden.
  • Der Mitarbeiter darf nicht einen bereits in den Mitgliedsstaat entsandten Mitarbeiter ablösen.

Verfahrenshinweise

Bei der zuständigen Krankenkasse ist der Antrag auf Anwendung der EWG-VO 1408/71 für die ersten 12 Monate zu stellen. In einem umfassenden Schreiben ist dafür das Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen darzulegen. Nach einer Überprüfung bestätigt die Krankenkasse die Entsendung nach EWG-VO 1408/71 mittels Übersendung des Vordrucks E 101. Das Original muss der Mitarbeiter stets bei sich führen, eine Kopie ist in der Personalakte aufzubewahren.
Wenn die ersten 12 Monate des Entsendezeitraums für die Ausübung der Beschäftigung nicht ausreichen ist es möglich, einen Verlängerungsantrag zu stellen,. Dieser muss vom Arbeitgeber bei den zuständigen ausländischen Sozialversicherungsträgern gestellt werden (Internetseite des GKV-Spitzenverband Bund der Krankenkassen).
In jedem Sozialversicherungsabkommen ist die Möglichkeit einer Ausnahmevereinbarung vorgesehen. Diese Vereinbarungen werden zwischen den beteiligten Sozialversicherungsträgern abgestimmt und vom aufnehmenden Mitgliedsstaat befürwortet. Der entsprechende Antrag ist auf deutscher Seite über die DVKA (Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland, Pennefeldsweg 12 c, 53177 Bonn) zu stellen. Der Mitarbeiter muss dafür persönlich erklären, dass er die Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften will und den Grund für den Verbleib in der deutschen Sozialversicherung darlegen.
Als Gründe kommen in Betracht:
  • Verbleib in der deutschen Sozialversicherung, weil der Lebensmittelpunkt in Deutschland ist;
  • Wieder- Integration des Mitarbeiters nach der Entsendung in Deutschland;
  • Wunsch nach einem lückenlosen Versicherungsverlauf.
Mit dem Inkrafttreten der Verordnung 883/04, die die Verordnung 1408/71 hinsichtlich der Entsendungen von Arbeitnehmern in andere EU-Mitgliedstaaten abgelöst hat, wurden keine radikalen Veränderungen bewirkt. Vielmehr ergänzt sie das anwendbare Sozialversicherungsrecht in der EU. Insbesondere regelt sie, dass für einen im Voraus begrenzten Zeitraum von maximal 24 Monaten weiterhin die Rechtsvorschriften des entsendenden Mitgliedstaats Anwendung finden, wenn der Arbeitgeber für gewöhnlich in diesem Staat tätig ist. Für eine Verlängerung des Entsendezeitraums über 24 Monate hinaus bedarf es – wie auch unter der früheren Verordnung - einer Vereinbarung zwischen den zuständigen Trägern der Sozialversicherung der beteiligten Mitgliedstaaten.  
Hinweis: Durch die Verordnung 987/09 wurde der Nachweis über die fortbestehende Sozialversicherung neu geregelt. Die E101-Bescheinigung wurde durch die A1-Bescheinigung ersetzt. Viele Aspekte der EuGH-Rechtsprechung in Bezug auf die E101-Bescheinigung wurden in der Verordnung normiert. Insbesondere ist nun geregelt, dass die Prüfungspflicht für das Vorliegen einer Entsendung ausschließlich in die Verantwortung des Entsendestaats fällt. In Deutschland wird die A1-Bescheinigung ebenfalls von den gesetzlichen Krankenkassen ausgestellt. Sollte eine gesetzliche Krankenversicherung nicht bestehen, so ist hierfür die Deutsche Rentenversicherung zuständig
Zu beachten ist auch die sogenannte „Einstrahlung”, wenn Arbeitnehmer ins Inland reinkommen. Es ist mit den Versicherungsträgern zu klären, ab wann der Arbeitnehmer wieder sozialversicherungspflichtig wird.

Sozialversicherungsabkommen

Für Entsendungen außerhalb der EU /des EWR stellt sich die Frage, ob bilaterale Sozialversicherungsabkommen zum entsprechenden Land bestehen. Zwischen Deutschland und einigen Ländern bestehen diese Abkommen, welche vorsehen, dass aus Deutschland entsandte Arbeitnehmer nicht der ausländischen, sondern nur der deutschen Sozialversicherung unterliegen.
Die bilateralen Abkommen finden für alle Staatsangehörigen Anwendung; der Mitarbeiter muss nicht die Staatsangehörigkeit des Abkommenslandes haben.
Grundsätzlich wird von den Abkommen der Verbleib des Arbeitnehmers in der deutschen Rentenversicherung geregelt. Allerdings sind in einigen Schlussprotokollen weitergehende Versicherungszweige mit aufgenommen. Daher ist es empfehlenswert, sich über die Reichweite der einzelnen Abkommen genau zu informieren.
Im Juli 2016 haben Deutschland und Argentinien eine Gemeinsame Absichtserklärung über die Wiederaufnahme der Verhandlungen zu einem bilateralen Abkommen über Soziale Sicherheit unterzeichnet.  
Darüber hinaus haben am 7. November 2018 Deutschland und die Ukraine ein Abkommen über Soziale Sicherheit unterzeichnet. Zum endgültigen Inkrafttreten bedarf es noch der Zustimmung der parlamentarischen Gremien beider Staaten. 
Der Antrag sollte vor der Entsendung gestellt werden. Nach einer Bewilligung durch den ausländischen Sozialversicherungsträger verschickt die DVKA ein Bewilligungsschreiben, das an die zuständige Einzugsstelle (Krankenkasse des Mitarbeiters bzw. bei privat versicherten Mitarbeitern die Deutsche Rentenversicherung - Bund) weiterzuleiten ist. Von dieser wird dann der Vordruck über die Anerkennung des Abkommens zugesandt, die der Mitarbeiter bei sich tragen muss.

Entsendung ins vertragslose Ausland

Wird ein Mitarbeiter in ein Land geschickt, mit dem keine vertraglichen Regelungen zur Sozialversicherung bestehen (“vertragsloses Ausland”), wird es im Regelfall zu einer doppelten Beitragszahlung kommen.

Alternative Weiterversicherungsformen

Untersteht der Arbeitnehmer nach den oben dargestellten Voraussetzungen nicht der deutschen Sozialversicherungspflicht, bestehen dennoch oft Möglichkeiten, den Versicherungsschutz in Deutschland aufrechtzuerhalten. Weitere Informationen dazu gibt es bei den jeweiligen Sozialversicherungsträgern.
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an die für Sie zuständige IHK. Welche IHK für Ihr Unternehmen zuständig ist, können Sie über den IHK-Finder ermitteln.
Trotz sorgfältiger Prüfung können wir für die Richtigkeit der Angaben keine Gewähr übernehmen. Bitte wenden Sie sich im Zweifelsfall an das für Sie zuständige Finanzamt oder den zuständigen Sozialversicherungsträger.
Stand: Juni 2022