Bauabzugsbesteuerung - Freistellungsverfahren

Mit dem Gesetz zur Eindämmung illegaler Betätigung im Baugewerbe vom 30. August 2001 (Bundesgesetzblatt I Seite 2267) wurde zur Sicherung von Steueransprüchen bei Bauleistungen ein Steuerabzug eingeführt. Danach haben ab dem 1. Januar 2002 bestimmte Auftraggeber von Bauleistungen im Inland einen Steuerabzug von 15 Prozent der Gegenleistung (in der Regel Geldzahlungen) vorzunehmen, wenn nicht eine vom zuständigen Finanzamt ausgestellte Freistellungsbescheinigung vorliegt.
Dieses Merkblatt informiert über das Freistellungsverfahren für Unternehmen, die Bauleistungen erbringen.
Informationen über die Einzelheiten zum Steuerabzug und der Anrechnung und gegebenenfalls Erstattung des Steuerabzugs entnehmen Sie bitte unserem Merkblatt „Bauabzugsbesteuerung”. und dem Merkblatt des Bundesfinanzministeriums zum Steuerabzug bei Bauleistungen. (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 420 KB)
Die Freistellungsanträge können grundsätzlich formlos gestellt werden. Es empfiehlt sich aber, den anliegenden Mustervordruck (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 58 KB) zu verwenden.

1. Erlangung einer Freistellung vom Steuerabzug

Auf Antrag des Unternehmers, der die Bauleistungen erbringt, wird von dem für ihn zuständigen Finanzamt die Freistellungsbescheinigung ausgestellt.
Bei Leistenden, die ihren Wohnsitz, Sitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Geschäftsleitung nicht im Inland oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union haben, ist Voraussetzung, dass ein inländischer Empfangsbevollmächtigter (§ 123 Abgabenordnung [AO], d.h. ein zum Empfang behördlicher Schriftstücke bestellter Bevollmächtigter) bestellt ist. Außerdem darf der zu sichernde Steueranspruch nicht gefährdet erscheinen. Der Gesetzgeber hat in § 48b Abs.1 Satz 2 Einkommensteuergesetz exemplarisch drei Fälle aufgezählt, wonach der Steueranspruch als gefährdet anzusehen ist:
  • Der Leistende erfüllt nicht seine Anzeigepflicht nach § 138 AO.
  • Der Leistende kommt seiner Auskunfts- und Mitwirkungspflicht nach § 90 AO nicht nach.
  • Der im Ausland ansässige Leistende erbringt nicht den Nachweis der steuerlichen Ansässigkeit durch Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde.
Außer in diesen gesetzlich geregelten Fällen ist auch dann von einer Gefährdung auszugehen, wenn:
  • nachhaltig Steuerrückstände bestehen
  • unzutreffende Angaben in Steueranmeldungen und Steuererklärungen festgestellt werden
  • der Leistende diese Angaben wiederholt nicht oder nicht rechtzeitig abgibt.
Ebenso wird die Freistellungsbescheinigung erteilt, wenn der Leistende schlüssig darlegt, dass keine zu sichernden Steueransprüche bestehen.

2. Dauer und Umfang der Freistellungsbescheinigung

Das Finanzamt erteilt eine Freistellungsbescheinigung mit einer Geltungsdauer von längstens 3 Jahren ab Antragstellung. Es kann aber auch ein kürzerer Gültigkeitszeitraum bestimmt werden, z.B. für die Dauer eines einzelnen Bauauftrags oder eines Bauprojekts. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat in seinem Schreiben vom 20. September 2004 (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 87 KB) erklärt, dass schon bis zu sechs Monate vor Ablauf der alten Freistellungsbescheinigung eine sogenannte Folgebescheinigung beim Finanzamt beantragt werden kann.

3. Widerruf und Rücknahme der Freistellungsbescheinigung

Die Bescheinigung wird grundsätzlich nur unter Widerrufsvorbehalt erteilt. Ein Widerruf erfolgt, wenn das Finanzamt Grund zu der Annahme hat, dass bei Fortgeltung der Freistellungsbescheinigung eine Gefährdung von Steueransprüchen eintritt.
War die Bescheinigung von vornherein auf eine bestimmte Bauleistung beschränkt, teilt das Finanzamt auch dem Empfänger der Bauleistung den Widerruf bzw. die Rücknahme und den Zeitpunkt mit, ab dem die Bescheinigung nicht mehr anzuwenden ist. Nach diesem Zeitpunkt zu erbringende Gegenleistungen (in der Regel Geldzahlungen) unterliegen dem Steuerabzug, wenn die maßgebliche Freigrenze überschritten ist.
Die Freigrenze beträgt je Leistungsempfänger im laufenden Kalenderjahr: Gegenleistungen bis 5.000,00 € bzw. bis 15.000,00 € bei ausschließlich nach § 4 Nr.12 Satz 1 Umsatzsteuergesetz steuerfreie Umsätze (Vermietungs-/Verpachtungsumsätze) ausführenden Unternehmen.
Ist die erteilte Bescheinigung rechtswidrig, hat das zuständige Finanzamt die Bescheinigung nach § 130 AO zurückzunehmen. Davon wird auch der Leistungsempfänger unterrichtet. Aufgrund der Rücknahme muss dieser dann den Steuerabzug für die vorher wegen der Bauleistung erbrachten Gegenleistungen nachholen. Den Steuereinbehalt hat der Leistungsempfänger bei der nächsten Gegenleistung vorzunehmen, die nach der Rücknahme erfolgt.

4. Haftung

Für einen nicht oder zu niedrig abgeführten Abzugsbetrag haftet der Empfänger der Bauleistung. Ein Verschulden ist hierfür nicht erforderlich. Er kann sich auch insbesondere nicht darauf berufen, dass die Gegenleistung beim Leistenden nach dem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) im Inland nicht besteuert werden kann, denn gemäß § 48d Abs.1 Einkommensteuergesetz ist das Steuerabzugsverfahren ungeachtet des DBA´s durchzuführen. Eine Haftungsinanspruchnahme kann auch erfolgen, wenn die Person des Steuerschuldners nicht feststeht.
Eine Haftung entfällt, wenn dem Leistungsempfänger im Zeitpunkt der Gegenleistung eine Freistellungsbescheinigung vorgelegen hat, auf deren Rechtmäßigkeit er vertrauen konnte. Er darf nicht auf die Bescheinigung vertrauen, wenn diese durch unlautere Mittel oder durch falsche Angaben erwirkt wurde und ihm dies bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war.
Ein Verstoß gegen die Steuerabzugsverpflichtung kann zudem mit einem Bußgeld in Höhe von 25.000,00 € ab 1. Januar 2002 geahndet werden (§ 380 AO).

5. Umgang mit der Bescheinigung

Damit der Leistungsempfänger vom Steuerabzug absehen kann, muss ihm der Leistende, noch bevor für die Bauleistung eine Gegenleistung erbracht wird, die Freistellungsbescheinigung vorlegen. Es genügt dabei grundsätzlich die Vorlage einer Kopie der Bescheinigung. Enthält die Bescheinigung eine Beschränkung auf eine bestimmte Bauleistung, hat der Leistende die Bescheinigung dem benannten Leistungsempfänger jedoch im Original zu überlassen.
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an die für Sie zuständige IHK. Welche IHK für Ihr Unternehmen zuständig ist, können Sie einfach über den IHK-Finder ermitteln.
Trotz sorgfältiger Prüfung können wir für die Richtigkeit der Angaben keine Gewähr übernehmen. Bitte wenden Sie sich im Zweifelsfall an das für Sie zuständige Finanzamt.
Stand: Februar 2023