Verbindliche Auskünfte der Finanzverwaltung
Die Finanzämter und das Bundeszentralamt für Steuern können verbindliche Auskünfte über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten, noch nicht verwirklichten Sachverhalten erteilen, wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht, vgl. § 89 Abs. 2 S. 1 AO. Eine verbindliche Auskunft kann auch gegenüber mehreren Beteiligten einheitlich abgegeben werden (z.B. Organgesellschaften). Verbindliche Auskünfte werden auf Antrag erteilt und sind grundsätzlich gebührenpflichtig. Über den Antrag soll innerhalb von 6 Monaten ab Eingang bei der zuständigen Finanzbehörde entschieden werden; eine Überschreitung dieser Frist ist dem Antragsteller unter Angabe der Gründe mitzuteilen. Ob ein Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft im konkreten Fall angezeigt sein kann, sollte stets mit Hilfe steuerlicher Expertise geklärt werden.
- Welchen Inhalt muss ein Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft haben?
- Welches Finanzamt ist für die verbindliche Auskunft zuständig?
- In welcher Form muss der Antrag gestellt werden?
- Welche Gebühren entstehen durch eine verbindliche Auskunft?
- Inwieweit ist die Auskunft bindend?
- Gibt es Rechtsbehelfe gegen eine erteilte verbindliche Auskunft?
In diesem Merkblatt wollen wir Ihnen die Voraussetzungen einer verbindlichen Auskunft und weitere Aspekte kurz darstellen. Weitere Details finden Sie in dem BMF-Schreiben vom 11. Dezember 2007 (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 84 KB) und unter § 89 AEAO.
Welchen Inhalt muss ein Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft haben?
Welchen Inhalt ein solcher Antrag haben muss, ergibt sich grundsätzlich bereits aus § 89 Abs. 2 S. 1 AO. Weiter konkretisiert wird der erforderliche Inhalt durch die Steuer-Auskunftsverordnung (StAuskV). Der Antrag muss demnach folgenden Inhalt haben:
- die genaue Bezeichnung des Antragstellers (Name, bei natürlichen Personen Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt, bei Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen Sitz oder Ort der Geschäftsleitung, soweit vorhanden Steuernummer),
- eine umfassende und in sich abgeschlossene Darstellung des zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht verwirklichten Sachverhalts,
- die Darlegung des besonderen steuerlichen Interesses des Antragstellers,
- eine ausführliche Darlegung des Rechtsproblems mit eingehender Begründung des eigenen Rechtsstandpunktes des Antragstellers,
- die Formulierung konkreter Rechtsfragen,
- die Erklärung, dass über den zur Beurteilung gestellten Sachverhalt bei keiner anderen der in § 89 Abs. 2 Satz 2 und 3 der Abgabenordnung genannten Finanzbehörden (Finanzämter oder Bundeszentralamt für Steuern) eine verbindliche Auskunft beantragt wurde, sowie
- die Versicherung, dass alle für die Erteilung der Auskunft und für die Beurteilung erforderlichen Angaben gemacht wurden und der Wahrheit entsprechen.
- Zusätzlich soll der Antragsteller in dem Antrag den Gegenstandswert und die für seine Bestimmung erheblichen Umstände darlegen, vgl. § 89 Abs. 4 S. 2 AO (s.a. Ziff. 5).
Hinweis: Die verbindliche Auskunft erfolgt auf Grundlage des vom Antragsteller vorgetragenen Sachverhaltes. Das Finanzamt ist nicht verpflichtet, eigens für die zu erteilende Auskunft Ermittlungen anzustellen. Dem Antragsteller soll jedoch Gelegenheit gegeben werden seinen Sachvortrag zu ergänzen, wenn dadurch eine Entscheidung in der Sache ermöglicht werden kann.
Regelmäßig werden keine Auskünfte bei Angelegenheiten erteilt, bei denen die Erzielung eines Steuervorteils im Vordergrund steht. Nicht zulässig ist auch eine Auskunft über alternative Gestaltungsvarianten. Die Erteilung einer verbindlichen Auskunft ist ausgeschlossen, wenn der Sachverhalt im Wesentlichen bereits verwirklicht ist, AEAO zu § 89 Abschn. 3.5.2. Sie gilt auch nicht für Anträge auf verbindliche Zusagen auf Grund einer Außenprüfung oder für Lohnsteueranrufungsauskünfte nach § 42e EStG.
Welches Finanzamt ist für die verbindliche Auskunft zuständig?
Zuständig ist grundsätzlich diejenige Finanzbehörde, die bei Verwirklichung des dem Antrag zugrundeliegenden Sachverhaltes örtlich zuständig sein würde. Bei Antragstellern, für die im Zeitpunkt der Antragstellung nach den §§ 18 bis 21 AO keine Finanzbehörde zuständig ist, ist abweichend das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zuständig. Letzteres gilt jedoch nur dann, wenn sich der Sachverhalt auf Steuern erstreckt, die von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwaltet werden. Für andere von den Finanzämtern verwaltete Steuern sowie für die Gewerbesteuermessbetragsfestsetzung kann das Bundeszentralamt für Steuern auch dann keine verbindliche Auskunft erteilen, wenn im Zeitpunkt der Antragstellung nach §§ 18 bis 21 AO kein Finanzamt für die Besteuerung des Antragstellers zuständig ist, AEAO Abschn. 3.3.1.1. S. 3.
In welcher Form muss der Antrag gestellt werden?
Der Antrag ist schriftlich oder elektronisch zu stellen.
Welche Gebühren entstehen durch eine verbindliche Auskunft?
Wegen der entstehenden Gebühren sollten sich Steuerpflichtige, bzw. Antragsteller vorab gut überlegen, ob und wie ein Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft gestellt werden sollte.
Gegenstandsgebühr
Die Gebühr ergibt sich in entsprechender Anwendung von § 34 GKG grundsätzlich aus dem Gegenstandswert. Die Finanzbehörde soll zur Bestimmung der Gebühr den vom Antragsteller angegeben Gegenstandswert verwenden, es sei denn, dass dieses Vorgehen zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führt. Für den Gegenstandswert ist regelmäßig die steuerliche Auswirkung des dargelegten Sachverhaltes maßgeblich. Bei Dauersachverhalten kommt es auf die durchschnittliche steuerliche Auswirkung eines Jahres an. Der Gegenstandswert ist auf 30 Mio. Euro begrenzt, was bei ab dem 1.8.2013 gestellten Anträgen zu einer Gebühr von maximal 109.736,- Euro führt. Bei einem Gegenstandswert unter 10.000,- Euro wird keine Gebühr erhoben (Bagatellgrenze).
Zeitgebühr
Hat der Antragsteller keine Angaben zum Gegenstandswert gemacht und ist der Gegenstandswert auch nicht zu schätzen, wird eine Zeitgebühr i.H.v. 50,- Euro je angefangener halbe Stunde berechnet. Wird die Gebühr nach der Bearbeitungszeit berechnet, wird keine Gebühr erhoben, wenn die Bearbeitungszeit weniger als 2 Stunden beträgt.
Wird ein Antrag auf Erteilung einer Verbindlichen Auskunft vor der Bekanntgabe der Entscheidung zurückgenommen, kann die Gebühr ermäßigt werden. Hat die Finanzverwaltung noch nicht mit der Bearbeitung begonnen, entfällt die Gebühr mitunter sogar.
Inwieweit ist die Auskunft bindend?
Eine verbindliche Auskunft ist für die Besteuerung des Antragstellers bindend, wenn der später verwirklichte Sachverhalt von dem im Antrag geschilderten Sachverhalt nicht oder nur unwesentlich abweicht. Ob der mitgeteilte und der später verwirklichte Sachverhalt "wesentlich" voneinander abweichen ist stets eine Frage des Einzelfalls. Hat das BZSt rechtmäßig eine Auskunft erteilt, bindet diese Auskunft auch das Finanzamt, welches bei Verwirklichung des Sachverhaltes zuständig ist.
Eine verbindliche Auskunft zu Ungunsten des Steuerpflichtigen ist dann nicht bindend, wenn sie rechtswidrig ist. Bei einer einheitlich an mehrere Beteiligte erteilte Auskunft entfällt die Bindungswirkung gegenüber allen Beteiligten, wenn die Auskunft geltendem Recht widerspricht und sich mindestens ein Beteiligter darauf beruft. Betrifft die verbindliche Auskunft einen Dauersachverhalt, entfällt die Bindungswirkung ab dem Zeitpunkt der Änderung des Sachverhaltes, ab welchem der Sachverhalt in wesentlichen Punkten mit dem der Auskunft zugrundeliegenden Sachverhalt nicht mehr übereinstimmt.
Eine verbindliche Auskunft kann unter den Voraussetzungen der §§ 129 bis 131 AO außerdem berichtigt, zurückgenommen und widerrufen werden. Darüber hinaus kann sie nach pflichtgemäßem Ermessen der zuständigen Finanzbehörde mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben oder geändert werden, wenn sich die Auskunft als unrichtig herausstellt.
Gibt es Rechtsbehelfe gegen eine erteilte verbindliche Auskunft?
Die verbindliche Auskunft ist ein Verwaltungsakt, gegen den ein Einspruch gem. § 347 AO statthaft ist.
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an Ihr Unternehmen zuständige IHK. Welche IHK für Ihr Unternehmen zuständig ist, können Sie einfach über den IHK-Finder ermitteln.
Trotz sorgfältiger Prüfung können wir für die Richtigkeit der Angaben keine Gewähr übernehmen. Bitte wenden Sie sich im Zweifelsfall an das für Sie zuständige Finanzamt.
Wichtige Informationen
- BMF-Schreiben vom 11. Dezember 2007 (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 84 KB) (Nr. 1157634)
- § 89 AO (Abgabenordnung) (Link: http://bundesrecht.juris.de/ao_1977/__89.html)
Stand: Juli 2023