Regelungen

Schlichtungsordnung der Handelskammer Hamburg

1.    Zuständigkeit

Die Handelskammer Hamburg (im Folgenden: „Handelskammer“) betreibt eine Schlichtungsstelle für Wirtschaftsstreitigkeiten (im Folgenden: „Schlichtungsstelle“). Die Schlichtungsstelle ist sachlich zuständig für Streitigkeiten, die Gewerbetreibende in Ausübung ihrer geschäftlichen Tätigkeit oder die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse einer gewerblich tätigen Gesellschaft betreffen. Wenigstens eine der Parteien muss einer deutschen Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer angehören. Die Schlichtungsstelle ist nicht zuständig für Schlichtungsverfahren mit Verbrauchern.
Die Schlichtungsstelle ist örtlich zuständig, wenn beide Parteien ihre Zuständigkeit vereinbart haben oder wenn andere Industrie- und Handelskammern auf die Schlichtungsstelle der Handelskammer verweisen.

2.    Verfahrensgrundsätze

Die wesentlichen Grundsätze des Verfahrens sind die allseitige Vertraulichkeit, die Freiwilligkeit in jedem Verfahrensabschnitt, die Fairness und die Effizienz.
Die Parteien verpflichten sich, die schlichtende Person in einem nachfolgenden Schieds- oder Gerichtsverfahren nicht als Zeuge für Tatsachen zu benennen, die ihr während des Schlichtungsverfahrens offenbart wurden.
Die Parteien verpflichten sich, im Laufe des Verfahrens geäußerte Ansichten, Vorschläge oder Eingeständnisse der anderen Partei nicht in ein Schieds- oder Gerichtsverfahren einzuführen.
Die Parteien verpflichten sich, während des Schlichtungsverfahrens kein Schieds- oder Gerichtsverfahren in Bezug auf eine Streitigkeit, die Gegenstand des Schlichtungsverfahrens ist, einzuleiten. Maßnahmen des einstweiligen Rechts-schutzes bleiben hiervon unberührt.
Die Schlichtung soll die Streitigkeit möglichst schnell und zur Zufriedenheit der Parteien ausräumen. Besprechungen und Sitzungen können in Präsenz, virtuell oder hybrid durchgeführt werden.

3.    Ablauf des Verfahrens

In der Regel soll das Verfahren in den nachfolgenden Schritten ablaufen. Wenn die unter Ziff. 2 bezeichneten Grundsätze dies nahelegen, kann die schlichtende Person hiervon abweichen. Den Parteien steht es frei, das Verfahren in jedem Verfahrensabschnitt anders zu gestalten.

a)    Einleitung des Verfahrens

Das Verfahren wird eingeleitet, indem eine Partei die andere Partei unter Setzung einer angemessenen Frist dazu auffordert, ihr Einverständnis zu einem Schlichtungsversuch nach dieser Schlichtungsordnung abzugeben. Dabei soll die einleitende Partei den Streit und etwaige Lösungsansätze kurz zusammenfassen. Eine Kopie der Aufforderung sendet sie der Schlichtungsstelle zu.
Stimmt die andere Partei dem Schlichtungsversuch zu, soll sie der Schlichtungsstelle eine Kopie ihrer Erklärung zusenden.
Mit Zustimmung beider Parteien zur Durchführung des Schlichtungsverfahrens wird die Verjährung gemäß § 203 BGB gehemmt. Erfolgt keine Zustimmung bzw. keine Reaktion, findet eine Schlichtung nicht statt und die Verjährungshemmung tritt nicht ein.
Bei Zustimmung setzt sich die Schlichtungsstelle mit beiden Parteien in Verbindung und erfragt die Schwerpunkte und Hintergründe des Konflikts sowie die Präferenzen der Parteien in Bezug auf die schlichtende Person und schlägt eine geeignete Person vor.

b)    Abschluss des Schlichtervertrags

Einigen sich die Parteien innerhalb einer angemessenen Frist auf eine schlichtende Person, wird ein Schlichtervertrag geschlossen. Darin akzeptieren die Parteien und die schlichtende Person diese Schlichtungsordnung als Grundlage des Schlichtungsverfahrens. Modifikationen des Verfahrens sind zulässig, dürfen aber nicht zu Lasten der Handelskammer gehen. Mit Vertragsschluss entsteht ein Anspruch der schlichtenden Person auf einen Kostenvorschuss gemäß Ziffer 5.
Bei Nichteinigung der Parteien kann die Schlichtungsstelle nach dem Setzen einer angemessenen Nachfrist eine schlichtende Person benennen. Lehnen die Parteien dieses ab, beendet die Schlichtungsstelle das Verfahren, sofern sich die Parteien nicht zwischenzeitlich auf eine schlichtende Person geeinigt haben.
Die schlichtende Person ist neutral, unabhängig und unparteiisch. Sie ist vor und während des Schlichtungsverfahrens verpflichtet, unverzüglich alle Umstände offenzulegen, die Zweifel an ihrer Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit wecken könnten. Sie ist zu einer kostenbewussten Arbeitsweise verpflichtet. Die schlichtende Person ist für die Einhaltung der für ihre Funktion geltenden Rechtsnormen selbst verantwortlich.

c)    Hauptverfahren

Die schlichtende Person fordert die Parteien auf, den zugrundeliegenden Sachverhalt und mögliche Lösungsansätze niederzulegen und ihr binnen einer angemessenen Frist zuzusenden. Die Parteien übersenden auch der anderen Partei jeweils eine Kopie. Falls erforderlich, fordert die schlichtende Person die Parteien zur weiteren Stellungnahme auf.

Falls sich die schlichtende Person in der Lage sieht, bereits zu diesem Zeitpunkt einen fundierten Lösungsvorschlag zu unterbreiten, legt sie diesen den Parteien vor. Andernfalls werden die Parteien zeitnah zu einem mündlichen Termin geladen, um den Fall zu besprechen. Die schlichtende Person versucht in diesem Termin, gemeinsam mit den Parteien einen Lösungsvorschlag zu erarbeiten.
Den Parteien steht es frei, einen Lösungsvorschlag abzulehnen. Wird ein Lösungsvorschlag abgelehnt, ist die Schlichtung gescheitert und die schlichtende Person beendet das Verfahren, es sei denn, die Parteien entschließen sich zur Fortsetzung des Verfahrens und fordern die schlichtende Person auf, einen neuen Vorschlag zu erarbeiten.
Jede Partei kann das Schlichtungsverfahren jederzeit ohne Angabe von Gründen für
beendet erklären. Die Erklärung erfolgt gegenüber der anderen Partei und muss der schlichtenden Person und der Schlichtungsstelle unverzüglich angezeigt werden.
Sieht die schlichtende Person keine Aussicht auf Erfolg des Verfahrens, so setzt sie den Parteien eine letzte Frist für Stellungnahmen oder Einigungsvorschläge. Nach Ablauf der Frist kann die schlichtende Person auch gegen den Willen der Parteien das Verfahren beenden.

d)    Zustimmung zu einem Schlichtungsvorschlag

Wird ein Schlichtungsvorschlag akzeptiert, soll dieser als Vertrag fixiert werden. Die Schlichtung ist mit Abschluss dieses Vertrags beendet.
Die schlichtende Person hat die Schlichtungsstelle binnen zwei Wochen darüber zu informieren, dass das Schlichtungsverfahren beendet ist. Die Mitteilung soll einen Hinweis darauf enthalten, ob zwischen den Parteien eine Einigung erzielt werden konnte.  

4.    Kosten des Verfahrens

Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten. Die Parteien zahlen den Kostenvorschuss, das Honorar, die notwendigen Auslagen und die Verwaltungskostenpauschale zu gleichen Teilen. Die Parteien können im Innenverhältnis eine davon abweichende Vereinbarung treffen. Die Parteien haften gegenüber der schlichtenden Person und gegenüber der Handelskammer als Gesamtschuldner.

5.    Honorar der schlichtenden Person und Kostenvorschuss

Die Parteien sind dazu verpflichtet, der schlichtenden Person ein Honorar zu zahlen und ihr die entstehenden notwendigen Auslagen zu erstatten. Der Vergütungs-anspruch der schlichtenden Person wird im Schlichtervertrag geregelt. Das tatsächlich entstandene Honorar sowie die Erstattung der notwendigen Auslagen, abzüglich eines bereits gezahlten Vorschusses, rechnet die schlichtende Person im Nachgang des Schlichtungsverfahrens direkt gegenüber den Parteien ab. Nicht verbrauchte Vorschüsse werden nach Abschluss des Verfahrens zurückerstattet.
Die Höhe des Kostenvorschusses gemäß Ziffer 3 b) beträgt vier Stundensätze, sofern vertraglich nichts anderes vereinbart wird.

6.    Verwaltungskostenpauschale

Der Handelskammer steht unter Berücksichtigung des Streitwerts und des für sie entstehenden Aufwands eine Kostenpauschale in Höhe von 100 bis 500 Euro zzgl. USt zu. Darüber hinaus hat sie gegen die Parteien einen Anspruch auf Ersatz von notwendigen Auslagen. Der Anspruch entsteht mit Zustimmung beider Parteien zur Durchführung des Schlichtungsverfahrens gem. Ziffer 3 a). Die Handelskammer kann den Nachweis einer schlichtenden Person von der Zahlung der Kostenpauschale im Voraus abhängig machen.

7.    Beendigung des Verfahrens

Das Verfahren endet,
a) durch Abschluss des den Streit beendenden Vertrags,
b) wenn mindestens eine Partei es für beendet erklärt,
c) wenn die schlichtende Person das Verfahren mangels Zahlung eines angemessenen Vorschusses oder gemäß Ziffer 3 c) beendet,
d) wenn die Schlichtungsstelle das Verfahren beendet, weil
  • eine oder mehrere Parteien das Verfahren trotz Aufforderung nicht weiterführen,
  • der Schlichtervertrag nicht unterzeichnet wird, oder
  • die Verwaltungskostenpauschale trotz einmaliger Mahnung nicht bezahlt wird.

8.    Haftung

Die Handelskammer und ihre Mitarbeitenden sowie die schlichtende Person haften nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit.
Bei Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit sowie Schäden aus der Verletzung einer Kardinalpflicht haften die oben Genannten auch für leichte Fahrlässigkeit, wobei die Haftung der Höhe nach auf den vertragstypischen vorhersehbaren Schaden begrenzt ist.
Die Parteien und die schlichtende Person können die Haftung der schlichtenden Person darüber hinaus in gesetzlich zulässigem Umfang einvernehmlich erweitern oder begrenzen.
Eine Haftung der Handelskammer für Handlungen oder Unterlassungen der schlichtenden Person ist ausgeschlossen.

9.    Formvorschriften

Erklärungen im Rahmen dieser Schlichtungsordnung können schriftlich oder in Textform gemäß § 126b BGB erfolgen. Der Vertrag gemäß Ziffer 3 d) soll in Schriftform gemäß § 126 BGB geschlossen werden.

MUSTERKLAUSEL

"Die Parteien verpflichten sich, im Falle einer sich aus diesem Vertrag ergebenden oder sich darauf beziehenden Streitigkeit vor Klageerhebung bei einem ordentlichen Gericht (oder Schiedsgericht) eine Schlichtung nach den Bestimmungen der Schlichtungsstelle für Wirtschaftsstreitigkeiten bei der Handelskammer Hamburg in der bei Einleitung des Verfahrens gültigen Fassung durchzuführen."

Anschrift:

Schlichtungsstelle für Wirtschaftsstreitigkeiten der Handelskammer Hamburg
Adolphsplatz 1
20457 Hamburg

Honorarordnung

Die Kosten werden üblicherweise zwischen den Parteien geteilt.
Jede schlichtende Person kann für die Durchführung des Schlichtungsverfahrens gemäß der Schlichtungsordnung der Handelskammer Hamburg ein Stundenhonorar in Höhe von 150 bis 350 Euro bzw. ein Tageshonorar in Höhe von 1.200 bis 2.800 Euro, jeweils zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer, mit den Parteien vereinbaren.
Bei Vorliegen besonderer Umstände kann eine davon abweichende Vereinbarung getroffen werden. Anhaltspunkte für die Festlegung der Honorarhöhe können insbesondere die Höhe des Streitwerts und die Komplexität des zu behandelnden Sachverhalts sein.

Die vorstehenden Regelungen treten mit Wirkung zum 1. Januar 2024 in Kraft.
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Handelskammer Hamburg
Dr. Malte Heyne
Hauptgeschäftsführer