Streitigkeiten aus Berufsausbildungsverhältnissen
Ebenso wie in einem normalen Arbeitsverhältnis kann es auch in einem Ausbildungsverhältnis zu Problemen oder sogar zu ernsthaften Streitigkeiten kommen. Ausbildungsverhältnisse sind jedoch keine Arbeitsverhältnisse, es gibt eine ganze Reihe von Vorschriften, die bei Ausbildungsverhältnissen zu beachten sind. Bei Ausbildungsfragen und Problemen können Sie sich an unsere Ausbildungsberatung wenden, die Ihnen mit Rat und Tat zur Seite steht. Sie erreichen sie unter Ausbildungsberatung@hk24.de.
Wenn der Streit eskaliert und es zu Abmahnungen oder sogar Kündigungen kommt, kann unser Schlichtungsausschuss für Streitigkeiten aus Ausbildungsverhältnissen weiterhelfen. Vorher sollten Sie jedoch unsere Ausbildungsberater kontaktieren. In vielen Fällen können die Probleme bereits durch sie schnell und unproblematisch geklärt werden. Anderenfalls werden unsere Berater für Sie umgehend den Kontakt mit den für den Schlichtungsausschuss zuständigen Kollegen herstellen.
Wann findet eine Schlichtung statt?
Der Schlichtungsausschuss muss nach dem Arbeitsgerichtsgesetz angerufen werden, bevor eine Klage wegen Streitigkeiten aus bestehenden Ausbildungsverhältnissen vor dem Arbeitsgericht erhoben werden kann. Dies schließt Streitigkeiten über die Wirksamkeit von Kündigungen oder Aufhebungsverträgen ein.
Geht es dagegen um Streitigkeiten, die die Abwicklung eines unstreitig beendeten Ausbildungsverhältnisses betreffen, ist das Arbeitsgericht ohne vorherige Anrufung des Schlichtungsausschusses zuständig. Der Schlichtungsausschuss kann dann nicht angerufen werden. Solche Streitigkeiten können z. B. noch ausstehende Ausbildungsvergütung oder ein noch zu erstellendes Ausbildungszeugnis sein.
Den Schlichtungsantrag (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 67 KB) zur Einleitung des Schlichtungsverfahrens können Sie schriftlich oder mündlich zu Protokoll bei den unten genannten Ansprechpartnern erklären. Die Adresse lautet:
Handelskammer Hamburg
Schlichtungsausschuss für Streitigkeiten aus Berufsausbildungsverhältnissen
Adolphsplatz 1
20457 Hamburg
Schlichtungsausschuss für Streitigkeiten aus Berufsausbildungsverhältnissen
Adolphsplatz 1
20457 Hamburg
Der Antrag sollte möglichst kurz begründet werden und im Anhang Kopien der Unterlagen, die für den Streitfall von Bedeutung sind (z.B. Abmahnungen und Kündigungsschreiben), enthalten.
Wer nimmt an einer Schlichtung teil?
Der Ausschuss ist mit je einem ehrenamtlichen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter besetzt. Darüber hinaus nimmt ein Jurist unserer Handelskammer als neutrales Mitglied beratend an der Schlichtungsverhandlung teil. In der Schlichtung haben Auszubildender und der Ausbildende die Gelegenheit, ihre Streitigkeiten in neutraler Atmosphäre zu klären. Die Ausschussmitglieder helfen ihnen dabei durch ihre Sach- und Rechtskunde.
Was erwartet Sie in einer Schlichtung?
Im Idealfall endet die Schlichtung mit einer Einigung zwischen Auszubildendem und Ausbildendem. Kommt keine Einigung zustande, fällt der Ausschuss einen Schlichtungsspruch. Dieser ist für den Auszubildenden und den Ausbildenden zunächst nicht bindend. Er hat vielmehr den Charakter eines Vergleichsvorschlages. Dieser kann binnen einer Woche von Auszubildendem und Ausbildendem durch schriftliche Erklärung anerkannt werden. Erst dann hat der Schlichtungsspruch Bindungswirkung. Wird der Spruch des Schlichtungsausschusses von einer oder von beiden Seiten nicht anerkannt, bleibt er ohne rechtliche Wirkung. Dann ist der Weg zum Arbeitsgericht offen.
Wie sieht die Erfolgsbilanz des Schlichtungsausschusses aus?
Die Erfolgsquote des Schlichtungsausschusses ist hoch. Von insgesamt 80 durchgeführten Schlichtungsverfahren im Jahr 2010 endeten 50 Verfahren mit einem sofort den Streit beendenden Vergleich. 14 Verfahren endeten mit einem Spruch des Schlichtungsausschusses. In acht Fällen vermochte der Ausschuss sich auf keinen Spruch zu einigen, so dass lediglich der Weg zum Arbeitsgericht eröffnet wurde. In vier Fällen kam es in der Folge zu einer Verhandlung vor dem Arbeitsgericht, wobei nach unseren Informationen auch in diesen Fällen die Rechtsauffassung der Schlichter ganz überwiegend bestätigt wurde. In den restlichen Fällen haben die Parteien die Auffassung des Ausschusses ohne formelle Anerkenntnis akzeptiert und in die Tat umgesetzt. Der Schlichtungsausschuss ist ein Musterbeispiel dafür, wie durch freiwilliges Engagement kompetenter Fachleute für beide Seiten tragfähige Lösungen rechtlicher Streitigkeiten herbeigeführt werden können, ohne die Arbeitsgerichte damit zu belasten.
Wer sind unsere Schlichter?
Die hohe Akzeptanz und rechtliche Treffsicherheit der Schlichtungsergebnisse beruht vor allem auf den Persönlichkeiten und den Erfahrungen unserer ehrenamtlichen Schlichterinnen und Schlichter, die als Arbeitgebervertreter häufig aus der Ausbildungspraxis kommen, beziehungsweise von den Gewerkschaften benannt werden.
Verfahrensordnung
Die Verfahrensordnung (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 77 KB) des Schlichtungsausschusses zur Beilegung
von Streitigkeiten zwischen Ausbildenden und Auszubildenden
aus einem bestehenden Berufsausbildungsverhältnis finden Sie hier (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 77 KB).
von Streitigkeiten zwischen Ausbildenden und Auszubildenden
aus einem bestehenden Berufsausbildungsverhältnis finden Sie hier (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 77 KB).
Zeitungsartikel: Ärger mit Azubis – Erfolgsfaktor Schlichtung
Unpünktlichkeit, Schwänzen, schlechte Noten: Wenn bei Auszubildenden Gespräche und Abmahnungen keine Wirkung zeigen, bekommen sie im schlimmsten Fall die Kündigung. Ein Schlichtungsverfahren erspart dann oft den Gang zum Arbeitsgericht. ....
Der Erfolg des Ausschusses spricht für sich: In immerhin 45 Prozent der 2002 geführten Schlichtungsverhandlungen einigten sich Azubis und Betriebe gütlich auf einen Vergleich. 48 Prozent der Verhandlungen endeten mit einem Schlichtungsspruch, mehr als die Hälfte dieser Fälle wurde nicht mehr vor dem Arbeitsgericht verhandelt. Das ehrenamtliche Engagement der erfahrenen Schlichterinnen und Schlichter entlastet die Arbeitsgerichte und führt zu Lösungen, die beide Seiten befriedigen. Dabei ist das Verfahren ebenso unkompliziert wie schnell: In der Regel findet der Schlichtungstermin bereits innerhalb von vier Wochen nach Antragstellung statt. Die Verfahrenskosten sind mit der Betreuungsgebühr für Ausbildungsverhältnisse, ... abgedeckt.
Ist der Streitpunkt eine Kündigung, stellen sich im Verfahren zwei grundlegende Fragen:
1. Liegt ein „ausreichender“ Kündigungsgrund vor?
2. Wurden die strengen Formvorschriften, die für Abmahnung und Kündigung gelten, eingehalten?
2. Wurden die strengen Formvorschriften, die für Abmahnung und Kündigung gelten, eingehalten?
Fehlt es an einer der Voraussetzungen, ist die Kündigung unwirksam und das Berufsausbildungsverhältnis besteht fort. Nach der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis nur noch aus einem wichtigen Grund ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden – also wenn dem Arbeitgeber die Fortsetzung der Ausbildung nicht mehr zuzumuten ist. Dabei sind die Anforderungen an den wichtigen Grund, um so höher, je länger die Ausbildung bereits dauert. Häufig mangelt es allerdings nicht an guten Gründen, sondern an der Einhaltung der strengen Formvorschriften. Ein Arbeitgeber, der Formfehler bei Abmahnung und/oder Kündigung macht, hat vor dem Arbeitsgericht praktisch keine Aussicht auf Erfolg. Ein Vergleich vor dem Schlichtungsausschuss erspart dann unnötige Kosten und Ärger. Wenn die schlechte Leistung oder das Verhalten des Azubis Kündigungsgrund ist, er also keinen „extrem schwerwiegenden“ Fehler gemacht hat, muss der Kündigung eine Abmahnung voraus gehen. Anders als bei einem bloßen Hinweis oder einer Ermahnung gehört zur Abmahnung das Beanstanden des Fehlverhaltens mit der Androhung von Folgen für den Wiederholungsfall. In der (möglichst schriftlichen) Abmahnung muss deshalb genau dargelegt werden, gegen welche Pflicht der Auszubildende wann und wie verstoßen hat. Außerdem muss für den Fall des erneuten Verstoßes die Kündigung angedroht werden. Bei Minderjährigen müssen Abmahnungen mit Kündigungsandrohung – wie auch die Kündigung – an den gesetzlichen Vertreter gehen.
Gerade weil das Ausbildungsverhältnis nicht nur ein reines Arbeits-, sondern gleichzeitig ein Erziehungsverhältnis ist, legen die Arbeitsgerichte großen Wert darauf, dass der Auszubildenden ordnungsgemäß abgemahnt wird. Schließlich muss er wissen, welchen Fehler er wann begangen hat, um sein Verhalten entsprechend ändern zu können. Erst wenn der Auszubildende sein Verhalten trotzdem nicht ändert, kann bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen die Kündigung ausgesprochen werden. Sie muss immer schriftlich erfolgen, eindeutig sein und die Kündigungsgründe in vollem Umfang enthalten. Die Begründung muss klar machen, warum die Kündigung ausgesprochen wurde und welcher konkrete Vorfall (mit Datum) ausschlaggebend war. Werturteile wie „mangelhaftes Benehmen“ genügen deshalb nicht. In der Kündigung sollte auch stehen, dass trotz der Abmahnung (mit Datum) keine Verhaltensänderung erfolgt ist. Außerdem muss die Kündigung dem Auszubildenden innerhalb von zwei Wochen nach Bekannt werden der Pflichtverletzung zugehen und der Betriebsrat gehört werden; letzteres gilt auch für die Kündigung während der Probezeit.