Recht und Fair Play

A 1 Nr. 185

§§ 1042 ff. ZPO, §§ 46, 47 WEG – Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten im Wohnungseigentumsrecht
Analog zum GmbH-Recht sind im WEG-Recht Streitigkeiten über die Wirksamkeit von Beschlüssen der Eigentümerversammlung grundsätzlich schiedsfähig.
Neben der Verankerung des Schiedsverfahrens in der Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung ist aber Voraussetzung, dass die Schiedsvereinbarung sicherstellt, dass sich sämtliche Miteigentümer an der Auswahl der Schiedsrichter sowie am Schiedsverfahren beteiligen können und dass alle denselben Beschluss betreffenden Streitigkeiten bei einem und demselben Schiedsgericht und in einem und demselben Schiedsverfahren konzentriert werden.
AG München Urteil vom 24.9.2009 – 483 C 434/09; ZMR 2010, 649 = RKS A 1 Nr. 185
Aus dem Sachverhalt:
Die Kläger machen gegenüber den Beklagten die Ungültigkeit von Beschlüssen der Eigentümerversammlung vom 1.4.2009 über die Abrechnung 2007, die Entlastung der Hausverwaltung und des Verwaltungsbeirates geltend. Zwischen den Parteien gilt die Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung vom 28.1.1977. In der Teilungserklärung heißt es:
VII. Gleichzeitig schließen die Beteiligten den in der Anlage 4 zu dieser Urkunde niedergelegten Verwaltervertrag nebst Schiedsgerichtsvertrag ab.
VIII. Sämtliche Anlagen bilden einen wesentlichen Bestandteil dieser Urkunde. Die Gemeinschaftsordnung ist in der Anlage 3 zur Teilungserklärung enthalten.
In deren § 20 heißt es: 4. Streitigkeiten aus der Gemeinschafts- und Hausordnung, auch über deren Wirksamkeit, entscheidet ein Schiedsgericht mit Sitz in München unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs nach gesondert abzuschließendem Schiedsgerichtsvertrag.
Aus den Gründen:
Nach der Entscheidung des BGH vom 6.4.2009 NJW 2009, 1962 ff. = NZG 2009, 620 = RKS A1 Nr. 176 sowie der Anmerkung R. Werner in MDR 2009, 842 kommt in Betracht, dass der Schiedsvertrag wegen Verstoßes gegen § 138 BGB unwirksam ist. Das Gericht hält die Gründe, die im GmbH-Recht gem. § 138 Abs. 1 BGB zur Unwirksamkeit einer Schiedsgerichtsvereinbarung führen, auf das WEG-Recht übertragbar. Der BGH hat grundsätzlich die Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelklagen anerkannt. Dies entspricht auch dem Wohnungseigentumsrecht (Wenzel in Bärmann WEG 10.Aufl. 2008, § 43 WEG Rd-Nrn. 200 ff.). Neben der Notwendigkeit der Verankerung in der Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung sowie der Möglichkeit, dass sich sämtliche Miteigentümer an der Auswahl der Schiedsrichter sowie am Schiedsverfahren beteiligen können (diese Voraussetzungen erfüllt der Schiedsgerichtsvertrag), ist notwendig, dass alle denselben Beschluss betreffenden Beschlussmängelklagen bei einem Gericht konzentriert werden. Der Gesetzgeber hat dies in § 46 und § 47 WEG n. F. durch die Angabe der Passivlegitimierten sowie einen Verbindungszwang geregelt. Damit eine Schiedsgerichtsvereinbarung den rechtsstaatlichen Mindestanforderungen genügt, ist notwendig, dass sie eine §§ 46, 47 WEG vergleichbare Regelung enthält.
Das erkennende Gericht vermag nicht zu erkennen, dass der konkrete Schiedsgerichtsvertrag der WEG sicherstellt, dass alle denselben Streitgegenstand betreffenden Beschlussmängelstreitigkeiten in einem Schiedsverfahren konzentriert werden: Es ist nicht gewährleistet, dass ein und dasselbe Schiedsgericht in ein und demselben Verfahren über die (zeitlich zu vielleicht zu verschiedenen Zeitpunkten gestellten) Anträge verschiedener Mitglieder der WEG entscheidet, die denselben Beschluss betreffen: Nach Ziffer III.1 des Schiedsgerichtsvertrags gilt für den Gang des Verfahrens i. E. §§ 1042 ff. ZPO. Eine dem § 47 WEG vergleichbare Vorschrift gilt für das Schiedsverfahren nicht. Es könnte das Schiedsgericht gemäß § 1042 Abs. 4 S. 1 ZPO nach seinem freien Ermessen entscheiden, ob es eine Verbindung vornimmt oder nicht. Ziffer II.2 des Vertrags betrifft nur das materiell anzuwendende Recht (vgl. auch § 1051 ZPO).
Der Vergleich zum Personengesellschaftsrecht hinkt: Bei der OHG, der KG sowie der GbR gibt es eine gemeinsame Zweckverfolgung. Bei der Wohnungseigentümergemeinschaft verfolgt jedes Mitglied zulässigerweise seinen eigenen Zweck mit seinem Sondereigentum.