Recht und Fair Play

A 1 Nr. 184

§ 1032 Abs. 2 ZPO, § 307 Abs. 2 S. 1 BGB – Bauverträge: übliche Schiedsabrede, Mediationsabrede, Gerichtsstandvereinbarung, Transparenzgebot, unklare Vereinbarung einer „Schiedsordnung“
1. Nach § 1032 Abs. 2 ZPO kann bei dem zuständigen ordentlichen Gericht bis zur Bildung des Schiedsgerichts der Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit des Schiedsverfahrens gestellt werden. Für den Antrag besteht ein Rechtsschutzbedürfnis auch dann, wenn nach dem Schiedsvertrag dem Schieds- ein Mediationsverfahren vorgeschaltet ist, dieses aber durch den Mediator oder einseitig durch eine Partei beendet werden kann.
2. Schiedsvereinbarungen sind im Bauwesen nicht selten und werden üblicherweise am Ende von Bauverträgen geregelt. Für einen aufmerksamen und sorgfältigen Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr sind sie jedenfalls dann nicht unklar und undurchschaubar, wenn sie am Ende des Vertrags unter der Überschrift „Zusätzliche Vereinbarungen“ stehen und deutlich zwischen der Schieds- und der vorgeschalteten Mediationsvereinbarung unterscheiden.
3. Aus einer Gerichtsstandvereinbarung in dem Bauvertrag kann keine Widersprüchlichkeit hergeleitet werden; sie betrifft nur den Fall, dass eine Zuständigkeit staatlicher Gerichte gegeben ist und schließt weder nach Wortlaut noch Sinn eine Schiedsvereinbarung aus.
4. Unwirksam ist allerdings die Vereinbarung, dass im Verfahren „nach der Schiedsordnung“ zu entscheiden ist, wenn diese weder eindeutig bestimmt noch durch Auslegung ermittelbar ist.
5. Diese Abrede ist aber von der grundsätzlichen Vereinbarung der Parteien, ihre Streitigkeiten ausschließlich einer schiedsrichterlichen Entscheidung zu unterwerfen, zu trennen; deren Wirksamkeit wird durch die Unwirksamkeit der Vereinbarung über die Schiedsordnung nicht berührt (§ 139 BGB). Eine besondere Schiedsordnung ist gesetzlich nicht vorgeschrieben; mangels wirksamer Vereinbarung einer solchen ist auf die Verfahrensvorschriften der §§ 1025 ff. ZPO zurückzugreifen.
OLG Frankfurt am Main Beschl. v. 12.5.2009 – 14 Sch 4/09; NJW-RR 2010, 788 = RKS A 1 Nr. 184
Aus dem Sachverhalt:
Auf Grund des Nachunternehmervertrags vom 19.5.2008 führte die Antragstellerin als Nachunternehmerin der Antragsgegnerin Schlosserarbeiten aus, begehrt Restwerklohn und die Feststellung, dass ein schiedsgerichtliches Verfahren aus dem Vertrag unzulässig ist.
Aus den Gründen:
(1.) Der Antrag ist zulässig. Die Parteien streiten über die Zulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens. § 1032 Abs. 2 ZPO bestimmt für diesen Fall, dass bei dem zuständigen ordentlichen Gericht bis zur Bildung des Schiedsgerichts der Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens gestellt werden kann. So liegt es hier. Die Auffassung der AGg., für einen Feststellungsantrag könne ein Rechtsschutzbedürfnis erst nach Durchführung des nach § 20 des Vertrags vorgeschalteten Mediationsverfahrens bejaht werden, teilt der Senat nicht. Da die ASt. nach dem Vertragsinhalt durch eine einseitige schriftliche Erklärung die Beendigung des Mediationsverfahrens herbeiführen kann, liefe es auf eine bloße Förmelei hinaus, sie auf die Einleitung eines derartigen Verfahrens vor Erhebung eines Feststellungsantrags zu verweisen.
Der Feststellungsantrag ist aber unbegründet, da die Parteien eine wirksame Schiedsvereinbarung getroffen haben. ...
(2.) Die Schiedsvereinbarung verstößt nicht gegen das aus § 307 Abs. 1 S. 2 BGB folgende Transparenzgebot. Legt man zu Grunde, dass es sich um einen von der AGg. für eine Vielzahl von Fällen vorformulierten Vertrag handelt, den sie der ASt. gestellt hat (§ 305 Abs. 1 BGB), dann kann die Regelung der Schiedsvereinbarung in § 20 des Vertrags unter der Überschrift „Zusätzliche Vereinbarungen“ für einen aufmerksamen und sorgfältigen Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr nicht als unklar oder undurchschaubar bezeichnet werden. Schiedsgerichtsvereinbarungen sind im Bauwesen nicht selten. Sie werden wie auch im Streitfall üblicherweise am Ende von Bauverträgen geregelt. Die Überschrift des § 20 lässt deutlich erkennen, dass in dieser Bestimmung über die Parteipflichten aus dem Bauvertrag hinaus weitere Regelungen enthalten sind, die selbst bei flüchtigem Durchlesen des Textes die Vereinbarung eines Mediationsverfahrens und eine Schiedsvereinbarung erkennen lassen. Beide in dieser Bestimmung geregelten Verfahren wurden hinreichend voneinander unterschieden. Das im Falle von vertragsbezogenen Meinungsverschiedenheiten vereinbarte Mediationsverfahren dient der gütlichen Streitbeilegung und kann von beiden Parteien jeweils unabhängig voneinander und von dem Mediator beendet werden. Die Schiedsvereinbarung führt im Gegensatz dazu zu einer die Parteien bindenden Streitentscheidung des Schiedsgerichts unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs.
(3.) Eine Widersprüchlichkeit kann auch nicht daraus hergeleitet werden, dass in § 17 des Vertrags eine Gerichtsstandvereinbarung enthalten ist. Diese Regelung betrifft lediglich den Fall, dass eine Zuständigkeit staatlicher Gerichte gegeben ist. Ein Ausschluss einer Schiedsvereinbarung ist damit weder dem Wortlaut noch dem Sinn dieser Gerichtsstandvereinbarung zu entnehmen (BGH NJW-RR 2007, 1719 = RKS A 1 Nr. 147).
(4.) Unwirksam ist allerdings die Vereinbarung, dass in dem Schiedsverfahren gemäß den Bestimmungen der „Schiedsgerichtsverordnung“ entschieden werden soll. Es ist unklar, welche Schiedsgerichtsordnung damit gemeint sein soll. Es gibt zwar eine Schiedsgerichtsordnung für das Bauwesen, die von dem Deutschen Betonverein e.V. in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Baurecht e.V. (SGO Bau) verfasst worden ist. Daneben existieren aber auch eine Schlichtungs- und Schiedsverfahrensordnung für Baustreitigkeiten der ARGE Baurecht im Deutschen Anwaltsverein (SO Bau), und verschiedene weitere Schiedsgerichtsordnungen. Welche dieser unterschiedlichen in Betracht kommenden Verfahrensordnungen gemeint ist, lässt sich dem Vortrag der Parteien nicht entnehmen und ist auch nicht im Wege der Auslegung zu klären.
(5.) Indes handelt es sich bei dem hiernach unwirksamen Teil der Vereinbarung um eine Regelung des schiedsrichterlichen Verfahrens. Das ist von der grundsätzlichen Schiedsvereinbarung der Parteien, den Streit über Meinungsverschiedenheiten ausschließlich einer schiedsrichterlichen Entscheidung zu unterwerfen, zu trennen (Zöller/Geimer ZPO 27. Aufl. § 1029 Rd-Nr. 11). Diese grundsätzliche Vereinbarung der Parteien, unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs eine schiedsrichterliche Entscheidung herbeizuführen, begegnet keinen Bedenken.
Es ist auch anzunehmen, dass die Parteien die Schiedsvereinbarung ohne die unwirksame Regelung des Schiedsverfahrens getroffen hätten, § 139 BGB. Eine besondere Verfahrensvereinbarung ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, weswegen mangels besonderer wirksamer Vereinbarungen auf die Verfahrensvorschriften der §§ 1025 ff. ZPO zurückzugreifen ist.