Recht und Fair Play

A 1 Nr. 181

§§ 1032 Abs. 2, 1043 Abs. 1 S. 1, 1059 Abs. 2 Nr. 1 d ZPO; Clauses 27, 32 BIMCO Heavycon Contract Terms – In AGB vereinbarte Schiedsklausel: mit mehreren Alternativen, Vereinbarung "place of jurisdiction" neben Gerichtsstandregelung gem. ADSp., Zweifel über Zusammensetzung und Verfahren des vereinbarten Schiedsgerichts
Haben die Parteien die Geltung deutschen Rechts vereinbart, so gilt dieses auch für die Prüfung der Wirksamkeit ihrer Schiedsvereinbarung.
Eine in vereinbarten Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Schiedsklausel ist nicht deshalb unwirksam, weil sie mehrere Alternativen enthält, die sich nur hinsichtlich des Ortes, der Zusammensetzung und des Verfahrens des Schiedsgerichts unterscheiden, und die Parteien sich für keine dieser Alternativen entschieden haben.
Auch eine in den AGB enthaltene Vereinbarung eines ‚place of jurisdiction‘ macht die Schiedsklausel nicht ohne Weiteres unwirksam.
Eine Klausel in den AGB eines Vertragspartners, nach der Gerichtsstand für alle Streitigkeiten aus dem Vertrag und über seine Wirksamkeit das für den Sitz des Vertragspartners zuständige Gericht ist, ist nicht dahin auszulegen, dass ausschließlich das staatliche Gericht zuständig und die Vereinbarung eines Schiedsgerichts in nachrangig geltenden AGB des anderen Vertragspartners ausgeschlossen ist.
Allerdings kann eine Gerichtsstandsbestimmung „nach dem Sitz des Lieferers“ sich nicht auf den Fall beziehen, dass ein Schiedsgericht vereinbart ist, weil es keine allgemein für den „Sitz des Lieferers“ zuständigen Schiedsgerichte gibt. Der englische Begriff ‚place of jurisdiction‘ kann aber auch bedeuten, dass eine Vereinbarung nur über den Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens i.S.v. § 1043 Abs. 1 S. 1 ZPO getroffen werden sollte, ohne dieses selbst in Frage zu stellen.
Haben die Parteien neben dem ‚place of jurisdiction‘ vereinbart „The language of the arbitration shall be English“, so ist klargestellt, dass ein Schiedsverfahren durchgeführt werden soll, zumal für die Verhandlungssprache eines staatlichen Gerichts keine Vereinbarung möglich ist.
Auch die Gerichtsstandregelung in Zi. 30.2 der vereinbarten ADSp. schließt eine Schiedsvereinbarung nicht aus.
Verbleibende Zweifel über Zusammensetzung oder Verfahren des Schiedsgerichts schließen die Wirksamkeit der Schiedsabrede nicht aus; sie sind nicht im Verfahren gem. § 1032 Abs. 2 ZPO zu prüfen, das nur die Zulässigkeit des Schiedsverfahrens als Ganzes und nicht einzelne Verfahrensfragen betrifft. Sie müssen zunächst durch das Schiedsgericht selbst entschieden und erforderlichenfalls im Rahmen von § 1059 Abs. 2 Nr. 1 d ZPO gerichtlich überprüft werden.
OLG Hamburg Beschluss v. 15. Juni 2009 – 6 Sch 2/09; Hamburger Zeitschrift für Schifffahrtsrecht 2010, 5 = RKS A 1 Nr. 181
Aus den Gründen:
Zwischen den Parteien ist eine wirksame Schiedsgerichtsklausel vereinbart worden. Da die Parteien im Transportvertrag vereinbart haben: „Contract shall be governed by German law“, ist für das Zustandekommen der Schiedsvereinbarung deutsches Recht anwendbar.
In Zi. 12 des Transportvertrages haben die Parteien die Geltung der “BIMCO Heavycon Contract Terms Part II as per Appendix No. 1/08; Clauses 1 – 35 are applicable for the transport and part of this contract” vereinbart. In Zi. 32 (“Law and Arbitration”) dieser Bedingungen ist eine Schiedsklausel vereinbart worden. In allen drei Alternativen (32.1, 32.2 und 32.3) heißt es: „… any dispute“ (Zi. 32.1) bzw. „all disputes“ (Zi. 32.2) bzw. „any disputes“ (Zi. 32.3) „arising out of this Contract or any Bill of Lading issued thereunder shall be referred to arbitration” (Zi. 32.1 und 32.3) bzw. “shall be arbitrated” (Zi. 32.2). Die verschiedenen Alternativen unterscheiden sich nur hinsichtlich des Ortes, der Zusammensetzung und des Verfahrens des Schiedsgerichts. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass – anders als in den Heavycon-Bedingungen (im Folgenden: Heavycon-B.) vorgesehen – Box 27 nicht ausgefüllt und damit keine der Alternativen ausdrücklich gewählt ist. Es heißt allerdings in Zi. 32.4 der Heavycon-B., dass in diesem Fall die Alternative 32.1 gelten soll („If Box 27 is not filled in, sub-clause 32.1 of this Clause shall apply“).
Von dieser Regelung in Zi. 32 der Heavycon-B. ist allerdings in Zi. 20 des Transportvertrages abgewichen worden. Dort heißt es „Contrary to Clause 32 of the Heavycon Part II as per Appendix No. 1/08 the parties herein agree to the place of jurisdiction Hamburg/Germany all purpose”. Mit dieser Formulierung sollte nicht Zi. 32 der Heavycon-B. insgesamt aufgehoben, sondern nur geregelt werden, dass das Schiedsverfahren in Hamburg durchgeführt werden sollte. Der BGH hat durch Urteil vom 25.1.2007 (VII ZR 105/06 RKS A 1 Nr. 147) entschieden, dass eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Vertragspartners, nach der Gerichtsstand für alle Streitigkeiten aus dem Vertrag und über seine Wirksamkeit das für den Sitz des Vertragspartners zuständige Gericht ist, nicht dahin auszulegen ist, dass ausschließlich das staatliche Gericht zuständig ist und die Vereinbarung eines Schiedsgerichts in nachrangig geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen des anderen Vertragspartners ausgeschlossen ist. Die Vereinbarung eines Gerichtsstandes schließt die Vereinbarung eines Schiedsgerichts nicht aus. Der BGH hat allerdings darauf hingewiesen, dass eine Gerichtsstandbestimmung nach dem Sitz des Lieferers sich nicht auf den Fall beziehen kann, dass ein Schiedsgericht vereinbart ist, weil es keine allgemein für den Sitz des Lieferers zuständigen Schiedsgerichte gibt. Im vorliegenden Fall ist der deutsche Rechtsbegriff „Gerichtsstand“ aber gar nicht verwandt worden, vielmehr der englische Begriff „place of jurisdiction“. Das kann auch bedeuten, dass eine Vereinbarung über den Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens im Sinne von § 1043 Abs. 1 S. 1 ZPO getroffen werden sollte.
Dass das Schiedsverfahren als solches durch Zi. 20 des Transportvertrages nicht in Frage gestellt werden sollte, ergibt sich vor allem aus dem vorletzten Satz „The language of the arbitration shall be English“. Damit wird eindeutig klargestellt, dass ein Schiedsverfahren („arbitration“) – wie in Zi. 32 der Heavycon-B. vorgesehen – durchgeführt werden soll. Für ein staatliches Gericht hätte auch gar keine Vereinbarung über die vor Gericht zu verwendende Sprache getroffen werden können.
Eine Unklarheit wegen der Geltung von drei Regelungsregimen besteht nicht. In Zi. 20 S. 1 des Transportvertrages ist zwar auch die Geltung der ADSp. vereinbart. Diese schließen aber die Vereinbarung eines Schiedsgerichtes nicht aus. Die Tatsache allein, dass in Zi. 30.2 der ADSp. eine Gerichtsstandregelung enthalten ist, ändert daran nichts (vgl. BGH 25.1.2007 RKS A 1 Nr. 147).
Im Transportvertrag ist ausdrücklich geregelt, dass die Bestimmungen des Transportvertrages denen der Heavycon-B. vorgehen („The BIMCO Terms are applicable in full unless otherwise agreed and stipulated herein“). Im Übrigen liegt – was die Vereinbarung des Schiedsgerichts als solches angeht – gar kein Widerspruch zwischen den Regelungswerken vor, da sowohl Zi. 32 der Heavycon-B. wie auch Zi. 20 vorletzter Satz des Transportvertrages von einer „arbitration“ ausgehen. Die Tatsache, dass in Zi. 20 des Transportvertrages als Ort des Schiedsverfahrens Hamburg bestimmt worden ist, stellt ebenfalls keinen Widerspruch zu den Heavycon-B.dar, weil diese – wie Zi. 32.3 der Heavycon-B. zeigt – auch die Wahl eines anderen Ortes des Schiedsverfahrens als London oder New York ermöglichen.
Es kann lediglich zweifelhaft sein, ob hinsichtlich der Zusammensetzung des Schiedsgerichts Zi. 32.1 der Heavycon-B. (nur zwei Schiedsrichter, die nur dann einen Obmann bestimmen sollen, wenn sie nicht übereinstimmen) weiter gelten soll (weil durch Zi. 20 des Transportvertrages nur der Ort des Schiedsgerichts geändert wurde – Hamburg statt London) oder ob stattdessen § 1034 Abs. 1 ZPO (3 Schiedsrichter) gelten soll. Diese Frage kann im Verfahren nach § 1032 Abs. 2 ZPO, das – wie ausgeführt – nur die Zulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens als Ganzes und nicht einzelne Verfahrensfragen betrifft, nicht geprüft werden, sondern muss zunächst durch das Schiedsgericht selbst entschieden werden und kann allenfalls im Rahmen von § 1059 Abs. 2 Nr. 1 d ZPO überprüft werden.
Das gilt sinngemäß auch für die Frage, ob ein bestehendes Schiedsgericht (etwa das Logistik-Schiedsgericht der Handelskammer) zuständig ist oder ob das Schiedsgericht erst noch gebildet werden muss.