Recht und Steuern

A1 Nr. 173

A 1 Nr. 173
Art. 31, 33, 41 Abs. 1 CMR, Art. 23 Nr. 7 FENEX-Bedingungen - Fixkostenspedition: CMR-Beförderungsvertrag mit FENEX-Schiedsklausel
1. Für einen Vertrag, nach dem der Spediteur zu festen Kosten auf eigene Rechnung die Beförderung übernimmt, gilt das Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr CMR.
2. Die in dem CMR-Vertrag vereinbarte Schiedsklausel gem. Art. 23 Abs. 1 der FENEX-Bedingungen „Alle zwischen dem Spediteur und seinem Vertragspartner eventuell entstehenden Streitigkeiten werden unter Ausschluss des ordentlichen Gerichts in höchster Instanz von drei Schiedsrichtern entschieden” ist nicht wegen Verstoßes gegen Art. 33 CMR nach Art. 41 Abs. 1 CMR nichtig. Nach Art. 33 CMR erfordert die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung, dass das Schiedsgericht die Regelungen der CMR anzuwenden hat. Dies ist dadurch gewährleistet, dass nach Art. 23 Nr. 7 der FENEX-Bedingungen die Schiedsrichter verpflichtet sind, die anwendbaren zwingenden Rechtsvorschriften, insbesondere für den internationalen Beförderungsvertrag die ausdrücklich genannte CMR, zu berücksichtigen.
3. Die Schiedsklausel ist auch nicht wegen Verstoßes gegen Art. 31 CMR nach Art. 41 Abs. 1 CMR nichtig, weil Art. Nr. 1 der FENEX-Bedingungen einen Ausschluss der ordentlichen Gerichte vorsieht. Nach Art. 31 Abs. 1 CMR können die Parteien zwar die internationale Zuständigkeit weiterer Gerichte von Vertragsstaaten vertraglich vereinbaren, aber nicht ausschließen; insoweit ist die entgegenstehende Vereinbarung der Parteien nichtig. Diese Bestimmung und ihre Wirkungen beziehen sich jedoch nicht auf Schiedsgerichte, sondern allein auf eine vertraglich eröffnete Möglichkeit der Bestimmung weiterer staatlicher Gerichte, und Ziffer 7 der Parteivereinbarung bestimmt für den Fall der Teilnichtigkeit einer seiner Bestimmungen, dass die restlichen Bestimmungen voll wirksam bleiben.
LG Rostock Urt.v. 13.3.2009 - 6 O 44/06; Hamburger Zeitschrift für Schifffahrtsrecht 2009, 133 = RKS A 1 Nr. 173
Aus dem Sachverhalt:
Die Klägerin verlangt Schadensersatz wegen des Verlustes von Computerprozessoren während eines Straßengütertransports. Sie beauftragte die Beklagte mit dem Transport von H. in den Niederlanden nach P. bei Rostock. Für den Transport existiert ein CMR-Frachtbrief. Die Kl. beanstandete Fehlmengen. Die Versicherung regulierte den Schaden. Die Kl. und die Bekl. hatten am 9./.26.9.2005 ein Agreement getroffen. Darin wurden sowohl die CMR als auch die FENEX-Bedingungen zum wesentlichen Bestandteil erklärt. Die Kl. begehrt im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft Zahlung an die H.-Versicherung AG. Die Bekl. erhob die Schiedseinrede.
Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klage ist unzulässig. Die zugrundeliegende Angelegenheit ist Gegenstand einer Schiedsvereinbarung. Die Bekl. hat dies vor der mündlichen Verhandlung gerügt und die Schiedsvereinbarung ist weder nichtig noch unwirksam noch undurchführbar (§§ 1032 Abs. 1, 1025 Abs. 2 ZPO). Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist nach 31 Abs . 1 CMR gegeben.
1. Das Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) gilt nach seinem Art. 1 Abs. 1 S. 1 für jeden Vertrag, der eine entgeltliche Beförderung von Gütern auf der Straße mittels Fahrzeugen zum Gegenstand hat, wenn der im Vertrag vorgesehene Ort der Übernahme des Gutes und der vertraglich vereinbarte Ablieferungsort in zwei verschiedenen Staaten liegen, von denen mindestens einer ein Vertragsstaat ist. Erforderlich ist deshalb ein grenzüberschreitender Straßentransport sowie der Abschluss eines entgeltlichen Güterbeförderungsvertrages. Auf den Speditionsvertrag i.S.v. § 453 HGB findet die CMR grundsätzlich keine Anwendung, weil sich der Spediteur, anders als von der CMR vorausgesetzt, nicht zur Ausführung der Beförderung, sondern zur Organisation der Versendung für fremde Rechnung im eigenem Namen verpflichtet. Anerkannt ist allerdings, dass ein Speditionsvertrag, nach dem der Spediteur zu festen Kosten auf eigene Rechnung tätig wird, ein Beförderungsvertrag im Sinne von Art. 1 Abs. 1 CMR ist, so dass die Fixkostenspedition dem Anwendungsbereich der CMR unterfällt (BGH 14.2.2008 I ZR 183/05 Hamburger Seerechts-Report 2008, 175). Lt. Zi. 3.1 des Agreements erfolgt die Bezahlung nach festgesetzten Tarifen. Damit unterfällt das streitgegenständliche Rechtsverhältnis der CMR.

2. Die Schiedsvereinbarung folgt aus Art. 23 Nr. 1 der FENEX-Bedingungen Niederländische Speditionsbedingungen – siehe z.B. OLG Koblenz 22.2.2007 RKS A 1 Nr. 167 in der Fassung, wie sie am 1.7.2004 bei den Geschäftsstellen der Arrondissementgerichte in Amsterdam, Arnheim, Breda und Rotterdam hinterlegt worden ist. Die Vorschrift lautet: Alle zwischen dem Spediteur und seinem Vertragspartner eventuell entstehenden Streitigkeiten werden unter Ausschluss des ordentlichen Gerichts in höchster Instanz von drei Schiedsrichtern entschieden. Diese Bedingungen sind nach Ziffer 5 des Agreements vereinbart und auf alle von der Kl. der Bekl. in Auftrag gegebenen Beförderungen anzuwenden. Die Schiedsvereinbarung ist nicht wegen Verstoßes gegen Art. 33 CMR nach Art. 41 Abs. 1 CMR nichtig. Nach Art. 33 CMR erfordert die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung, dass das Schiedsgericht die Regelungen der CMR anzuwenden hat. Dies ist dadurch gewährleistet, dass nach Art. 23 Nr. 7 der FENEX-Bedingungen die Schiedsrichter verpflichtet sind, die anwendbaren zwingenden Rechtsvorschriften zu berücksichtigen, und für den internationalen Beförderungsvertrag ausdrücklich das Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) genannt wird (vgl. LG Gießen Urt. v. 31.7.2008 8 O 81/07 [Hamburger Seerechts-Report 2008, 212 Nr.88 = RKS A 1 Nr. 168]; OLG Koblenz Urt.v.22.2.2007 6 U 1162/06 RKS A 1 Nr. 167 + Juris-Datenbank).
3. Die Schiedsvereinbarung ist nicht wegen Verstoßes gegen Art. 31 CMR nach Art. 41 Abs. 1 CMR nichtig, weil Art. 23 Nr. 1 der FENEX-Bedingungen einen Ausschluss der ordentlichen Gerichte vorsieht. Nach Art. 31 Abs. 1 CMR können die Parteien zwar die internationale Zuständigkeit weiterer Gerichte von Vertragsstaaten vertraglich vereinbaren, aber nicht ausschließen (Koller Transportrecht 6. Aufl. 2007 Art. 31 CMR Rn. 5). Diese Bestimmung und ihre Wirkung bezieht sich jedoch nicht auf Schiedsgerichte, sondern allein auf eine vertraglich eröffnete Möglichkeit der Bestimmung weiterer staatlicher Gerichte. Dies ergibt sich aus der Auslegung anhand der verbindlichen Urschriften des Übereinkommens in englischer und französischer Sprache, wie sie das OLG Koblenz in der zuvor zitierten Entscheidung (RKS A 1 Nr. 167) vorgenommen hat und welche die Kammer übernimmt.
Die Kl. kann nicht einwenden, die Vereinbarung der Zuständigkeit eines ordentlichen Gerichts nach Zi. 15 des Agreements verdränge die über Zi. 5 vereinbarte Geltung der FENEX-Bedingungen. Die Auslegung der Kl., dass Zi. 15 die ordentlichen Gerichtsstände nach der CMR nicht ausschließe, weil dies wegen der Regelung des Art. 41 CMR auf der Hand liege, ist angesichts der eindeutigen Wortwahl, wonach die „ausschließliche Gerichtsbarkeit des zuständigen niederländischen Gerichts” vereinbart ist, nicht überzeugend. Da nach Art. 31 Abs. 1 CMR nur die Vereinbarung einer zusätzlichen internationalen Zuständigkeit weiterer Gerichte von Vertragsstaaten zulässig, der Ausschluss der Zuständigkeit dagegen unzulässig ist, verstößt Zi. 15 des Agreements gegen Art. 31 CMR und ist deshalb nach Art. 41 Abs. 1 CMR nichtig. Zi. 7 des Agreements bestimmt für den Fall der Teilnichtigkeit einer seiner Bestimmungen, dass die restlichen Bestimmungen voll wirksam bleiben.