Recht und Steuern

A 1 Nr. 171

A 1 Nr. 171
§ 1033 ZPO - Keine einstweilige Verfügung vor Durchführung des vereinbarten Schlichtungsverfahrens
Haben die Parteien eine Schlichtungs- oder Güteklausel vereinbart, so ist eine vor Durchführung des vereinbarten Verfahrens erhobene Klage unzulässig. Das gilt auch für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung.
Gemäß § 1033 ZPO schließt eine Schiedsvereinbarung nicht aus, dass ein Gericht vor oder nach Beginn des Schiedsverfahrens eine vorläufige oder sichernde Maßnahme anordnet. Dies gilt nicht analog für das Schlichtungsverfahren.
OLG Celle Beschl.v. 28.8.2008 - 13 U 178/08; OLG-Report 2009, 158 = RKS A 1 Nr. 171
Aus den Gründen:
Der Antrag auf einstweilige Verfügung ist unzulässig, weil die Verfügungsklägerin vor der Antragstellung nicht vereinbarungsgemäß den Franchisenehmerbeirat um Schlichtung gebeten hat.
Bei der Regelung in § 20 des zwischen den Parteien bestehenden Franchisevertrages handelt es sich um eine sog. Schlichtungs- oder Güteklausel. Eine derartige Klausel hat zur Folge, dass eine vor Durchführung des in der Klausel geregelten Schlichtungsverfahrens erhobene Klage unzulässig ist (vgl. BGH 18.11.1998 MDR 1999, 311 = NJW 1999, 647 = RKS A 1 Nr. 97; BGH 23.11.1983 VIII ZR 197/82 MDR 1984, 485 = NJW 1984, 669; BGH 4.7.1977 II ZR 55/76 NJW 1977, 2263).
Die Verf.kl. kann sich nicht darauf berufen, dass es ihr entsprechend § 1033 ZPO nicht verwehrt sei, ohne Einhaltung des Schlichtungsverfahrens bei Gericht eine einstweilige Verfügung zu beantragen. Schlichtungsklauseln unterliegen nicht den Vorschriften über Schiedsverträge (BGH 4.7.1977 a.a.O.), eine direkte Anwendung der §§ 1029 ZPO kommt daher nicht in Betracht. Die Vorschriften über Schiedsverträge sind auch nicht entsprechend auf Schlichtungsklauseln anwendbar.
Bei Schlichtungsvereinbarungen handelt es sich im Verhältnis zu Schiedsklauseln nämlich nicht um ein „Minus”, vielmehr verfolgen beide Rechtsinstitute völlig unterschiedliche Ziele. Bei einem Schlichtungsverfahren handelt es sich im Gegensatz zu einem Schiedsverfahren um keine Streitentscheidung. Vielmehr geht es den Parteien, die eine Schlichtungsklausel vereinbart haben, darum, vor Anrufung der ordentlichen Gerichte eine Güte-/Mediationsverhandlung durchzuführen, um es zu einer streitigen Entscheidung erst gar nicht kommen zu lassen. Demgemäß kann eine Schliichtungsstelle wie der Franchisenehmerbeirat auch nicht wie es aber § 1041 für das Schiedsgericht vorsieht Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes anordnen. Im Unterschied zu Schiedsgerichtsverfahren nach §§ 1029 ff. ist es den Vertragsparteien bei einer Schlichtungsklausel auch gerade nicht verwehrt, nach Durchführung des Schlichtungsverfahrens ein ordentliches Gericht anzurufen.
Dass von der Regelung in § 20 einstweilige Verfügungsverfahren nicht ausgenommen sein sollten, folgt auch aus dem Wortlaut der Klausel. Die Parteien haben hiernach nämlich vereinbart, vor Anrufung des Gerichts den Franchisenehmerbeirat um Schlichtung zu bitten.Die Formulierung „Anrufung eines Gerichts” umfasst aber sowohl Hauptsache- wie einstweilige Verfügungsverfahren.
Ob ausnahmsweise anderes zu gelten hätte, wenn die Anrufung des Franchisenehmerbeirates durch die Verf.kl. nicht hätte erfolgen können, ohne dass hierdurch die Verwirklichung ihrer Rechte vereitelt oder wesentlich erschwert worden wäre, kann dahinstehen. Dass ein derartiger Ausnahmefall vorliegend gegeben ist, hat die Verf.kl. nicht dargelegt und ist angesichts der seitens der Verf.kl. dargestellten Zeitabläufe auch nicht ersichtlich.
Die Verfügungsbeklagte hat sich auch auf die Schlichtungsklausel berufen (zu diesem Erfordernis s.o. BGH 18.11.1998 RKS A 1 Nr. 97). Die Verf.bekl. hat sich in der Widerspruchsbegründung vom 27.6.2008 ausdrücklich unter Bezugnahme auf die genannte Klausel auf die Unzulässigkeit des einstweiligen Verfügungsverfahrens berufen. Dass die Verf.bekl. in der mündlichen Verhandlung vom 3.7.2008 diese Rüge nicht ausdrücklich wiederholt hat, ist insoweit unschädlich. Im Regelfall ist davon auszugehen, dass sich eine Partei in der mündlichen Vehandlung auf sämtlichen bis zu diesem Zeitpunkt erfolgten schriftsätzlichen Vortrag bezieht. Dass die Verf.bekl. von der einmal vorgenommenen Berufung auf das nicht eingehaltene Schlichtungsverfahren wieder Abstand nehmen wollte, ist dem Verhalten der Verf.bekl. in der mündlichen Verhandlung nicht zu entnehmen. ....
Im übrigen dürfte der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung aber auch nicht begründet sein (wird ausgeführt).