Recht und Steuern

A1 Nr. 168

A 1 Nr. 168
Schiedsklausel in unwidersprochen hingenommener E-Mail-Bestätigung. Vereinbarkeit der FENEX-Schiedsklausel mit Art. 33, 41 CMR
1. Die niederländischen Spediteur-Bedingungen (FENEX) mit der darin enthaltenen Schiedsklausel (Art. 23) können auch durch eine zugegangene, unwidersprochene e-mail-Bestätigung Vertragsinhalt werden, wenn eine zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme besteht, z.B. die Bedingungen bei niederländischen Gerichten niedergelegt sind oder ihre Übersendung in der Bestätigung angeboten wird.
2. Die Vereinbarung eines niederländischen Schiedsgerichts durch ein niederländisches Unternehmen ist im Verhältnis zu einem Kaufmann weder überraschend noch unangemessen benachteiligend.
3. Die Schiedsklausel verstößt nicht gegen Art. 33 und 41 der auf den Beförderungsvertrag anwendbaren CMR, weil diese den Ausschluss der ordentlichen Gerichte zulässt und das Schiedsgericht an die Bestimmungen der CMR zwingend gebunden ist.
LG Gießen Urt.v. 31.7.2008 - 8 O 81/07; Transportrecht 2008, 370 = RKS A 1 Nr. 168
Die Fa. C. AG beauftragte die Beklagte mit dem Transport von Mikroprozessoren. In der von Fa. C unwidersprochenen e-mail-Bestätigung der Bekl. vom 29.11.2004 heisst es:
„ All business is undertaken subject to the most recent version of the Dutch Forwarding Conditions deposited at the Registry of the District Courts of Amsterdam, Arnhem, Breda and Rotterdam. A copy of the conditions will be forwarded on request”.
Lt. Art. 23 dieser FENEX-Bedingungen muss ein Rechtsstreit unter Ausschluss der staatlichen Gerichte durch ein Schiedsgericht entschieden werden. Die Kl. hat einen Transportschaden reguliert und macht den auf sie übergegangenen Schadensersatzanspruch der Fa. C geltend. Sie hält die Schiedsklausel wegen Verstoßes gegen Art. 33, 41 CMR für unwirksam.

Aus den Gründen:
Die Klage ist unzulässig, weil sie in einer Angelegenheit erhoben wurde, die Gegenstand einer Schiedsvereinbarung ist, die Bekl. dies vor der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache gerügt hat und die Schiedsvereinbarung nicht nichtig, unwirksam oder undurchführbar ist (Art. 1032 Abs. 1, 1025 Abs. 2 ZPO).
1. Die Schiedsvereinbarung folgt aus Art. 23 Nr. 1 der FENEX-Bedingungen. Diese sind zwischen der Fa. C und der Bekl. für den streitgegenständlichen Transportauftrag vereinbart worden. Ausreichend für eine Vereinbarung ist, dass die Bekl. in der e-mail vom 29.11.2004 auf die Einbeziehung der FENEX-Bedingungen hingewiesen und die C dem nicht widersprochen hat (BGHZ 117, 994; Palandt/Heinrichs § 305 BGB Rn. 52), zumal auch durch ein Bestätigungsschreiben die Geschäftsbedingungen einbezogen werden können (Palandt/Heinrichs § 305 BGB Rn. 53 m.w.N.). Die Möglichkeit der zumutbaren Kenntnisnahme für C war durch den Hinweis, dass die Bedingungen auf Wunsch übersandt werden, auch gegeben (OLG Düsseldorf VersR 1996, 1394; Palandt/Heinrichs § 305 BGB Rn. 54). Die Behauptung der Kl., die FENEX-Bedingungen seien nicht in einer Weise veröffentlicht gewesen, nach der die C hätte Kenntnis nehmen können, ist damit unerheblich. Die Kammer sieht es aber auch als erwiesen an, dass die FENEX-Bedingungen z.Zt. des Vertragsschlusses bei den in den FENEX-Bedingungen genannten Gerichten hinterlegt waren, weil angesichts der Bedeutung der FENEX-Bedingungen für die niederländischen Spediteure kein Grund dafür ersichtlich ist, dass die Bedingungen entgegen ihrem ausdrücklichen Inhalt nicht am 1. Juli 2004 bei den genannten Gerichten hinterlegt wurden, so dass auch insoweit eine zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme für C bestand.
2. Die Schiedsvereinbarung stellt im kaufmännischen Verkehr auch keine überraschende Klausel dar. Die Kammer folgt der Auffassung des BGH, nach der die Vereinbarung eines niederländischen Schiedsgerichts durch ein niederländisches Unternehmen jedenfalls im Verhältnis zu einem Kaufmann weder als überraschend noch als unangemessene Benachteiligung angesehen werden kann (BGH Urt.v. 26.6.1986 III ZR 200/85 zitiert nach juris).
3. Die Schiedsvereinbarung ist nicht deshalb wegen eines Verstoßes gegen die CMR nichtig, weil Art. 33 CMR lediglich eine zusätzliche Zuständigkeit eines Schiedsgerichts neben den staatlichen Gerichten begründen würde, ohne die Anrufung staatlicher Gerichte gem. Art. 31 CMR auszuschließen, und die Anwendung der FENEX-Bedingungen wegen Verstoßes gegen Art. 41 CMR ausgeschlossen wäre. Der in Art. 23 Nr. 1 der FENEX-Bedingungen enthaltene Ausschluss der ordentlichen Gerichte ist nach der CMR zulässig. Die Kammer schließt sich der überzeugend mit dem Wortlaut der verbindlichen Urschriften des Übereinkommens in englischer und französischer Sprache begründeten Auffassung des OLG Koblenz im Urt.v. 22.2.2007 (TranspR 2007, 249 = RKS A 1 Nr. 167) an, nach der sich aus Art. 31 Abs. 1 CMR nicht herleiten lässt, dass die Schiedsgerichtsbarkeit eine Zuständigkeit der staatlichen Gerichte selbst dann nicht ausschließe, wenn sie den Ausschluss der staatlichen Gerichte ausdrücklich vorsieht. Da Art. 23 Nr. 7 der FENEX-Bedingungen vorsieht, dass das Schiedsgericht die Bestimmungen der CMR anzuwenden hat, besteht auch kein nach Art. 41 CMR zur Nichtigkeit führender Verstoß gegen Art. 33 CMR (vgl. OLG Koblenz a.a.O. RKS A 1 Nr. 167).
Der Anwendung der FENEX-Bedingungen steht auch nicht entgegen, dass es sich bei dem zwischen der C und der Bekl. geschlossenen Vertrag um einen Frachtvertrag handelt und die Haftungsregelungen in Art. 11 Nr. 1 und 2 der FENEX-Bedingungen dem Wesen des Frachtvertrags zuwiderlaufen würden und nach Art. 41 CMR nichtig wären. Da die Parteien die FENEX-Bedingungen vereinbart haben, sind diese anzuwenden. Soweit die Haftungsregelungen nichtig sein sollten, führt dies nicht zur Nichtigkeit der Schiedsklausel, weil nach Art. 41 Abs. 1 S. 2 CMR die Nichtigkeit von Vereinbarungen, die von den Bestimmungen des Übereinkommens abweichen, nicht die Nichtigkeit der übrigen Vertragsbestimmungen zur Folge hat. Dementsprechend kann dahinstehen, ob die Bekl. wie ein Frachtführer haftet.
Die Schiedseinrede ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil kein Schiedsverfahren anhängig ist und der Einleitung des Schiedsverfahrens nach Einreichung der vorliegenden Klage die Einrede der Rechtshängigkeit entgegenstehen würde. Da die Anrufung der ordentlichen Gerichte nach Art. 23 Nr. 1 der FENEX-Bedingungen wirksam ausgeschlossen ist, kann die Einrede der Rechtshängigkeit nicht erfolgreich erhoben werden.
Die Schiedseinrede kann auch gegenüber der Kl., die Rechte als Rechtsnachfolgerin der C geltend macht, erhoben werden (OLG Koblenz a.a.O. RKS A 1 Nr. 167).Dem Antrag der Kl., nach § 303 ZPO im Wege des Zwischenurteils vorab über die Zulässigkeit der Klage im Hinblick auf die erhobene Schiedsgerichtseinrede zu entscheiden, war nicht zu entsprechen. Da die Klage unzulässig ist, war durch Endurteil zu entscheiden (Zöller/Greger § 280 ZPO Rn. 7).