Recht und Steuern

A1 Nr. 94

A1 Nr. 94
Art. 7 Abs. 1, 12 EGBGB, Art. IV Abs. 2 EuÜbk. über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit Wirksamkeit der Schiedsabrede. Rechtsfähigkeit einer ausländischen juristischen Person. Gutglaubensschutz. Ordre Public
Wenn die Parteien die Anwendung deutschen Rechts vereinbart haben, ist auch die Rechtsfähigkeit einer Partei nach deutschem Recht zu beurteilen.
Nach deutschem internationalem Privatrecht richtet sich die Rechtsfähigkeit einer ausländischen juristischen Person nach ihrem Heimatrecht.
Eine Bestimmung des ausländischen Rechts, die die Fähigkeit einer juristischen Person zum Abschluss von Außenhandelsverträgen ausschließt, verstößt nicht gegen den deutschen Ordre Public.
Ob der gute Glaube an die Rechtsfähigkeit einer ausländischen juristischen Person analog Art. 12 EGBGB geschützt ist, hat der deutsche Gesetzgeber bisher nicht geregelt.
BGH Urteil vom 23.4.1998 - III ZR 194/96; RKS A 1 Nr. 94 = NJW 1998, 2452
Aus den Gründen:
Mit der Klausel, dass der Schiedsort Bremen sein soll,...”den deutschen Rechts­vorschriften unterworfen”, haben die Parteien das auf das Schiedsverfahren anwendbare Recht festgelegt. Daraus ergibt sich in der Regel auch das Schieds­vertrags­statut (Zöller/Geimer 20. Aufl. § 1025 ZPO Rd.-Nr. 79). Nach dem somit anzuwendenden deutschen Recht kann eine juristische Person sich nur insoweit vertrag­lich verpflichten, als sie rechtsfähig ist.
Die Rechtsfähigkeit des beklagten jugoslawischen Unternehmens ist zu verneinen. Nach Art. VI Abs. 2 S. 1 des zwischen Deutschland und der ehemaligen Sozialistischen Bundesrepublik Jugoslawien geschlossenen und im Verhältnis zu ihrem Nachfolgestaat Kroatien fortgeltenden Europäischen Übereinkommens über die internationale Handels­schieds­gerichts­barkeit vom 21.4.1961 (BGBl. II 1964, 427 = RKS Teil II Nr. 4) - wie auch nach allgemeinem deutschen Kollisionsrecht - beurteilt sich die Rechts­fähig­keit einer juristischen Person nach ihrem Personalstatut, also dem Recht der Teilrepublik Kroatien.
Das Berufungsgericht hat seine Feststellung, die Beklagte sei nach jugoslawischem Recht für Außenhandelsverträge nicht rechtsfähig gewesen, auf ein Sach­verständigen­gutachten des wissenschaftlichen Referenten beim Institut für Ostrecht, P. gestützt:
Nach dem jugoslawischen Obligationenrecht sei die Rechtsfähigkeit einer juristischen Person auf den durch ihr Statut festgelegten und im Gerichtsregister, das dem deutschen Handelsregister entspreche, eingetragenen Bereich ihrer Geschäftstätigkeit beschränkt; insoweit habe das jugoslawische Recht die englische Ultra-Vires-Lehre übernommen. Außerdem sei nicht jedes Unternehmen befugt gewesen, Außen­handels­geschäfte zu tätigen. Dazu sei eine Eintragung im Gerichtsregister erforderlich gewesen. Da die Beklagte nicht für die Durchführung von Außen­handels­geschäften eingetragen gewesen sei, habe sie sich beim Abschluss der zu begutachtenden Verträge außerhalb des eingetragenen Bereichs ihrer Geschäfts­tätigkeit bewegt. Infolgedessen sei sie im Hinblick auf den Abschluss von Außenhandelsverträgen nicht rechtsfähig gewesen.
Diese Ansicht hat sich das Berufungsgericht zu eigen gemacht. Damit hat es auf verfahrensgerechte Weise das ausländische Recht festgestellt und angewandt. Die Anwendung derart festgestellten ausländischen Rechts ist nicht reversibel (Zöller/Gummer § 548 ZPO Rd.-Nr. 9 m.w.Nachw.).
Die Frage, ob die jugoslawischen Außenhandelsbestimmungen in Verbindung mit dem Obligationenrecht, welche die fehlende Rechtsfähigkeit der Beklagten für Außenhandels­verträge herbeiführten, als international zwingende Normen (Eingriffsnormen) anzusehen und als solche für die deutschen Gerichte unbeachtlich sind (vgl. hierzu Fischer IPRax 1996, 332 [333]; BGHZ 31, 367 [371f.] = NJW 1960, 1101 = LM Art. 7ff. EGBGB [Interzonales Privatrecht] Nr. 38; BGHZ 64, 183 [188f.] = NJW 1975, 1220 = LM § 121 UrhG Nr. 1; BGHZ 128,41 [52] = DtZ 1995, 250 = LM H. 3/1995 Vorb. zu Art. 3 EGBGB 1986 [Interlokales Privatrecht] Nr. 2), ist zu verneinen. Eingriffs­normen im Sinne der Rechtsprechung des BGH sind Regelungen des ausländischen Wirtschaftsrechts, die nach ihrem Geltungswillen - vornehmlich als Veräußerungsverbote oder Verfügungs­beschränkungen - in den Bereich des inländischen Vertragsstatuts hineinwirken. Hier dagegen geht es um Regelungen des nach deutschem Kollisionsrecht maßgebenden ausländischen Personalstatuts. Dass diese zugleich geeignet waren, das jugoslawische Außen­handels­monopol zu stützen, führt nicht zu einer anderen Beurteilung.
Der deutsche Ordre Public ist nicht verletzt. Eine Rechtsnorm eines anderen Staates ist nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grund­sätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist (Art. 6 S. 1 EGBGB). Die Anwendung dieser Ausnahmevorschrift setzt voraus, dass die Anwendung des ausländischen Rechts im konkreten Fall zu einem Ergebnis führen würde, das den Kern­bestand der deutschen Rechtsordnung antastet (Amtl. Begr. BT-Dr. 10/504 S. 42). Das ist, wenn das ausländische Recht die Fähigkeit zum Abschluss von Außen­handels­verträgen besonders regelt, nicht der Fall.
Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht den Gutglaubensschutz versagt. Zwar steht der den guten Glauben des Vertragspartners an die Rechtsfähigkeit des anderen Teils schützende Art. 12 S. 1 EGBGB im 2. Abschnitt des EGBGB, der nur das Recht der natürlichen Person regelt. Der Gesetzgeber des deutschen IPR hat auf Kollisions­regeln für das Recht der juristischen Personen bewusst verzichtet und damit dessen Entwicklung bis auf weiteres der Rechtsprechung und Lehre überlassen, so dass eine rechtsanaloge Anwendung des Art. 12 S. 1 EGBGB auf juristische Personen durch­aus in Betracht gezogen werden könnte (Palandt/Heldrich 57. Aufl., Anh. Art. 12 EGBGB Rand-Nrn. 1 u. 7). Jedoch braucht diese Frage hier nicht beantwortet zu werden, weil der Kläger nicht gutgläubig war (wird ausgeführt).