A1 Nr. 90

A1 Nr. 90 § 779 BGB, § 95 Abs. 3 HGB Geltung der Schiedsabrede gegenüber dem Makler
Die in dem von einem Makler vermittelten Kaufvertrag enthaltene Schiedsabrede gilt nicht für eine selbständige Verpflichtung, die der Makler gegenüber dem Verkäufer in einem Vergleich zur Erledigung von Streitigkeiten aus dem vermittelten Vertrag übernommen hat.
LG Hamburg Urt.v. 18.11.1997 – 402 O 166/97; RKS A 1 Nr. 90
Aus dem Sachverhalt:
Die in der VR Chinaa nsässige Klägerin nimmt die in Hamburg ansässige Beklagte im Urkundenprozess aus dem „Settlement Agreement” vom 10.4.1996 auf Zahlung von US$ 30.838 in Anspruch. Sie schloss mit der Fa. S in Bremen am 23.3.1995 vier Verträge Nrn. D603 bis 606 über jeweils unterschiedliche Mengen chinesischen Bienenhonig. Der Abschluss aller vier Verträge wurde durch die Beklagte als Maklerin vermittelt. Alle vier Verträge enthalten unter „Arbitration” folgende Bestimmung:
„Hamburg friendly arbitration and award. The results are final for both parts. In case of a quality claim, buyer and seller agree on a final analysis at the Institute for Honeyanalysis in Bremen.”
Am 10.4.1996 schlossen die Parteien dieses Rechtsstreits, also die Klägerin und die Beklagte, die die genannten vier Verträge zwischen den Klägerin und der Fa. S vermittelt hatte, in Shanghai das Settlement Agreement, in dem die Klägerin als Party A und die Beklagte als Party B bezeichnet werden, und in dem es u.a. heißt:
„Whereas, disputes have arisen between the parties on the execution of payments in relation to contracts number D 603, 604, 605, 606,
Whereas, the parties on April 10th met in the offices of BNS at Shanghai to discuss the matter,
Whereas, the parties hereto are desirous of compromising and settling the said dispute without bringing of an action or taking other steps in this regard,
Whereas, Party B has confirmed that it has withheld the amount of US$ 30,838.
Now therefore ,in consideration of the mutual covenants herein set forth, it is agreed as follows:
Party B shall pay to Party A in full settlement of all claims made against Party B in connection with the above mentioned contracts the sum of US$ 30,838. The payment shall be made in two installments due on May 10th and June 10th, 1996.
Party A shall accept the said amount in full settlement of all claims it may have against Party B in connection with the above mentioned contracts and upon receipt of full payment of such amount Party B shall be released from any and all such claims of Party A based on such contracts.
Both parties agreed to continue their business relationship. In particular, Party A intends to choose Party B as its favorite business partner in Germany ....”
Unter dem 20.5.1996 schrieb die Beklagte der Klägerin: „Respecting our mutual Settlement Agreement and based on your changed position, we have decided to follow you with same rights and to abandon for this reason our obligation from this Agreement”
Die Klägerin erklärt, dass sie ihre Obliegenheiten aus dem Agreement erfüllt habe, und verlangt Zahlung. Die Beklagte hält die Zuständigkeit des Schiedsgerichts für die Entscheidung über den gegen sie erhobenen Zahlungsanspruch auf Grund der in sämtlichen vier zwischen der Klägerin und der Fa. S geschlossenen Verträgen für gegeben. Sie meint, diese Arbitragevereinbarung gelte auch für den Anspruch gegen sie, da das Settlement Agreement ausdrücklich auf die vier Verträge zwischen der Klägerin und der Fa. S Bezug nehme.
A u s d e n Gr ü n d e n:
Die Einrede des Schiedsvertrages ist unbegründet. Das erkennende Gericht ist zuständig. Der ordentliche Rechtsweg ist gegeben. Die Klägerin stützt ihre Forderung auf den mit der Beklagten geschlossenen Vergleich. Dieser enthält keine Schiedsvereinbarung. Die Schiedsvereinbarung in den Verträgen zwischen der Klägerin und der Fa. S. entfaltet keine Wirkungen auf die Geltendmachung des Anspruchs aus dem Vergleich. Schon der Inhalt der Schiedsgerichtsklausel in den Verträgen zwischen der Klägerin und der Fa. S spricht gegen eine derartige Erstreckung. Der Schiedsvertrag wirkt nur zwischen den Parteien, d.h. hier der Klägerin und der genannten Käuferin des Honigs (Fa. S) und deren Rechtsnachfolgern (Zöller/Geimer ZPO § 1025 RdNr. 51). Die Beklagte ist weder Partei der Klägerin bezüglich der Bienenhonig-Kaufverträge noch Rechtsnachfolgerin der Fa. S. Anerkannt ist, dass ein Schiedsvertrag z.B. nicht Bürgen, Schuldübernehmer und Garanten bindet, da ihre Schuld selbständig neben der Hauptschuld steht und eineigenes rechtliches Schicksal hat (Zöller/Geimer aaO. mit Nachw.). Aus dem gleichen Grund erstreckt sich die Schiedsvereinbarung zwischen der Klägerin und der genannten Käuferin auch nicht auf den Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus dem Vergleich. Denn auch er begründet eine selbständige Verpflichtung der Beklagten mit eigenem rechtlichem Schicksal, auch wenn in dem Vergleich auf die Kaufverträge zwischen der Klägerin und der Fa. S Bezug genommen worden ist (zur Rechtsnatur des Vergleichs Palandt/Thomas BGB § 779RdNr. 1). Der Text des Agreements enthält ausdrücklich einen Hinweis auf entstandene Streitigkeiten bezüglich dieser Kaufverträge. Diese Streitigkeiten sollten durch den Vergleich erledigt werden. Zwar mag ein nach § 95 Abs. 3 HGB in Anspruch genommener Makler einer Schiedsvereinbarung unterworfen sein, die in dem von ihm vermittelten Vertrag enthalten ist (BGHZ 68, 356 ff.). Die Gesichtspunkte, die in jenem Fall für die Erstreckung der Schiedsabrede auf den Makler sprechen, sind indes in diesem Fall, in dem die Beklagte nicht aus § 95Abs. 3 HGB in Anspruch genommen wird, sondern aus einer selbständigen Schuldverpflichtung gegenüber einem Vertragspartner, nicht gegeben.
Auch der vom Beklagten herangezogene § 30 der Waren-Vereins-Bedingungen begründet nicht die Erstreckung der Schiedsvereinbarung auf den Zahlungsanspruch aus dem Vergleich. § 30 Abs. 3 WVB mag zwar die Inanspruchnahme des Maklers seitens einer Vertragspartei aus § 95 Abs. 3 HGB oder aus dem Maklervertrag erfassen, diese Regelung betrifft indes nicht die Inanspruchnahme des Maklers aus einer vergleichsweise von ihm übernommenen eigenständigen Schuldverpflichtung.
Die Klage im Urkundenprozess ist auch statthaft und begründet. Die Entstehung und Fälligkeit des Zahlungsanspruchs werden durch das in notariell beglaubigter Kopie vorgelegte Settlement Agreement bewiesen.