Recht und Steuern

A1 Nr. 84

A1 Nr. 84
§§ 1027a, 1040ZPO, §§ 246 Abs. 3, 248 Abs. 1 AktG analog Anfechtung vonGmbH-Gesellschafterbeschlüssen nicht „schiedsfähig”
Der Schiedsfähigkeit von Anfechtungsklagen gegen Gesellschafterbeschlüssesteht nicht § 1027a ZPO entgegen, wonach die Parteien des Schiedsvertrages unddes Schiedsverfahrens identisch sein müssen. Die GmbH, gegen die die Klage zurichten ist, ist zwar nicht Partei des Schiedsvertrages, aberverbands-rechtlich durch die in ihrer Satzung enthaltene Schiedsabrede fürkörperschaftsrechtliche Streitigkeiten gebunden.
Ein Schiedsspruch hat nur unter den Parteien des Schiedsverfahrens dieWirkungen eines gerichtlichen Urteils.
Er kann daher nicht die Wirkungen eines rechtskräftigen gerichtlichenUrteils entfalten, das einen Gesellschafterbeschluss analog §§ 248, 249 AktGmit Wirkung auch für und gegen die am Schiedsverfahren nicht beteiligtenGesellschafter, Geschäftsführer und ggf. Aufsichtsratsmitglieder für nichtigerklärt.
Die erweiterte Rechtskraft beruht auf dem Vertrauen des Gesetzgebers,dass die Entscheidung durch unabhängige, unparteiliche staatliche Richter ineinem streng förmlichen, öffentlichen Verfahren getroffen wird. EinemSchiedsspruch könnte sie nur durch eine ausdrückliche gesetzliche Regelungverliehen werden; diese hat der Gesetzgeber bisher – insbesondere auch imEntwurf des Gesetzes zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts (vom 22.3.1996Bundesrats-Drucksache 211/96 - § 1055 n.F.) –wegen der damit verbundenen Problematik bewusst nicht getroffen.
Der Wille des Gesetzgebers, unterschiedliche Entscheidungen verschiedenerGerichte über die Wirksamkeit desselben Gesellschafterbeschlussesauszuschließen, lässt sich im Schiedsverfahren nicht mit letzter Sicherheitverwirklichen.
Die ausschließliche Zuständigkeit des zuerst angerufenen Schiedsgerichtswürde, soweit die Priorität im Schiedsverfahren überhaupt zweifelsfreifeststellbar ist, alle späteren Kläger an die vom ersten Kläger getroffeneSchiedsrichterwahl binden. Damit würde das prozessuale Grundrecht jeder Parteieines Schiedsverfahrens verletzt, einen Schiedsrichter ihres Vertrauens zubenennen oder gleichgewichtig an der Benennung mitzuwirken. Dasselbe gilt fürden aus der notwendigen Streitgenossenschaft folgenden Zwang für mehrere aufeiner Seite Beteiligte, sich auf einen Schiedsrichter zu einigen. Die in diesenFällen denkbare Ernennung des Schiedsrichters oder des gesamten Schiedsgerichtsdurch eine unabhängige Instanz würde die Rechtsverletzung allenfalls vermeiden,wenn die Satzung dies ausdrücklich vorschreibt.
BGH 29. 3.1996– II ZR 124/95; RKS A 1 Nr. 84 = NJW 1996, 1753 = WM 1996, 856 =Betriebs-Berater 1996, 1074 = ZIP 1996, 830 = RPS Beilage 15 zu BB 37/1996 S.18 = DStR 1996, 1653 mit Anm. Bredow (gegen OLG Karlsruhe 16.2.1995 – 19 U169/94 RKS A 1 Nr. 81 )