Recht und Steuern

A1 Nr. 146

A1 Nr. 146
Keine arglistige Schiedseinrede nach vermeintlich unklarer Schiedsvereinbarung und vergeblicher Bitte um Klarstellung
1. Mit der Vertragsklausel "Falls die Seiten nicht einig werden, müssen die Streitfragen vom Internationalen Schiedsgericht in Österreich in Übereinstimmung mit dem in Österreich gültigen Gesetz entschieden werden", ist das Internationale Schiedsgericht der Wirtschaftskammer Österreich wirksam vereinbart. Nur wenn dieses sich durch Schiedsspruch für unzuständig erklärt, ist die Durchführung des Schiedsverfahrens unmöglich und der Weg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet. Die Erklärung des Sekretärs dieses Schiedsgerichts, er bezweifle die Eindeutigkeit dieser Vereinbarung und empfehle, das Schiedsgericht nach Art. IV des Europäischen Übereinkommens vom 21.4.1961 bestimmen zu lassen, hat diese Wirkung nicht.
2. Die Einrede des Schiedsvertrages ist nicht arglistig, nachdem die Antragsgegnerin Bitten der Antragstellerin um Klarstellung der von der Antragsgegnerin verwendeten Klausel im Hinblick auf das vereinbarte Schiedsgericht unbeantwortet gelassen hat; Kaufleuten im internationalen Handel ist zumutbar, sich diesbezüglich eigenständig Klarheit zu verschaffen.
OLG Oldenburg Beschl.v.20.6.2005 - 9 SchH 2/05; Zeitschrift für Schiedsverfahrensrecht 2006, 224 = RKS A 1 Nr. 146
Aus den Gründen:
1. Die Antragstellerin begehrt die Feststellung, dass die o.g. im Vertrag vom 25.8.1999 getroffene Vereinbarung unwirksam ist. Sie hatte, nachdem sie eine beim LG Osnabrück erhobene Klage auf die von der Antragsgegnerin erhobene Schiedseinrede zurückgenommen hatte, beim Internationalen Schiedsgericht der Wirtschaftskammer Österreich Schiedsklage erhoben. Mit Schreiben vom 6.8.2001 teilte jedoch der Sekretär dieses Schiedsgerichts der Ast. mit, dass Zweifel bestünden, ob die Regelung im Vertrag im Hinblick auf die Zuständigkeit des Internationalen Schiedsgerichts der Wirtschaftskammer Österreich hinreichend eindeutig sei. Er empfahl der Ast., den Schiedsantrag zurückzunehmen und statt dessen das Schiedsgericht nach Art. IV des Europäischen Übereinkommens vom 21.4.1961 über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit bestimmen zu lassen. Die Ast. befolgte diesen Rat. Eine Festlegung des Schiedsgerichts nach dem EÜ scheiterte dann allerdings daran, dass Großbritannien diesem Abkommen nicht beigetreten war, mithin die Ast. als Ltd. keine Rechte daraus herleiten konnte. Auf erneute Klage stellte das LG Osnabrück fest, dass die Schiedsvereinbarung nach wie vor Gültigkeit habe und deshalb der Weg zu den ordentlichen Gerichten verstellt sei.
Die Ast. hält die Klausel jedoch für unbestimmt. Es gebe mehrere Schiedsgerichte, die von ihr erfasst sein könnten. Hilfsweise beruft sie sich darauf, dass die Ag. prozessual arglistig gehandelt habe, weil sie mehrere Schreiben der Ast., in welchen diese um die Erklärung nachsuchte, welches Schiedsgericht die Ag. für zuständig halte, unbeantwortet gelassen habe und weil sie sich im Schlichtungsverfahren vor dem Internationalen Schiedsgericht nicht eingelassen habe, was zeige, dass sie auch nicht bereit gewesen wäre, den auf sie im Schiedsverfahren entfallenden Kostenvorschuss zu zahlen.
Das Gericht hat mit Beschlüssen vom 25.4. und 2.6.2005 darauf hingewiesen, dass es die Zuständigkeit des Schiedsgerichts der Internationalen Wirtschaftskammer Österreich für gegeben erachtet.
Der zulässige Antrag ist nicht begründet. Der Senat ist nach wie vor der Ansicht, dass die Parteien die Zuständigkeit des internationalen Schiedsgerichts der Wirtschaftskammer Österreich vereinbart haben. Aus der von der Ast. angeführten Entscheidung des OLG Dresden zur ICC-Klausel ergibt sich nichts anderes, weil im vorliegenden Falle nicht die Anwendbarkeit der ICC-Regeln vereinbart ist. Infolgedessen verbietet sich eine Auslegung, wonach die Parteien die Zuständigkeit des Schiedsgerichts der Internationalen Handelskammer mit Sitz in Paris vereinbart hätten.
2. Die Ag. ist auch nicht gemäß § 242 BGB gehindert, sich auf die Schiedsklausel zu berufen.Anerkanntermaßen handelt derjenige treuwidrig, der sich vor den ordentlichen Gerichten auf die Schiedsvereinbarung beruft, gleichzeitig vor den Schiedsgerichten jedoch die Schiedsvereinbarung in Zweifel zieht (BGHZ 50, 191 ff. = HSG A 1 Nr. 8). So liegt der Fall hier nicht. Die Anrufung des Schiedsgerichts ist nicht daran gescheitert, dass sich die Ag. widersetzt hätte, sondern daran, dass der Sekretär des Internat.Schiedsgerichts der Wirtschaftskammer Österreich Zweifel an der Wirksamkeit der Schiedsklausel hatte. Für diesen Umstand ist die Ag. nicht verantwortlich. Zwar hat hat die Ag. durch die etwas ungenaue Formulierung der Klausel möglicherweise eine Ursache für diesen Umstand gesetzt. Dies führt indessen nicht dazu, dass es der Ag. fortan verwehrt wäre, sich auf die Schiedsklausel zu berufen. Auch das Folgeverhalten der Ag. hat nicht diese Wirkung. Zwar hat die Ag. jene Schreiben der Ast., in welchen letztere u.a.um Klarstellung im Hinblick auf das zuständige Schiedsgericht bat, unbeantwortet gelassen. Indessen führt es nach der Ansicht des Senates zu weit, deswegen die Berufung auf die Schiedseinrede als Verstoß gegen Treu und Glauben zu werten. Die Parteien sind Kaufleute, die im internationalen Handel agieren. Es kann der Ast. in diesem Zusammenhang zugemutet werden, sich eigenständig darüber Klarheit zu verschaffen, welches Schiedsgericht zuständig ist, und dieses Schiedsgericht eigenständig - ohne Rückvergewisserung bei der Ag. - anzurufen. Im vorliegenden Verfahren hat die Ag. im Übrigen schriftsätzlich erklärt, dass sie das Schiedsgericht nach dem Vertrag für zuständig halte. Allenfalls wäre ihr also eine abweichende Einlassung im Schiedsverfahren verwehrt.
Es ist schließlich nicht erkennbar, dass die Ag. im Falle einer Anrufung des Schiedsgerichts in Wien den auf sie entfallenden Kostenvorschuss nicht zahlen werde. Da im Übrigen der Fortgang des Verfahrens nicht davon abhängt, dass die Ag. den auf sie entfallenden Anteil zahlt, es vielmehr die Klägerin in der Hand hat, dem Verfahren Fortgang zu geben (Art. 23 Zi. 4 der Wiener Regeln), kann es zweifelhaft sein, ob man einer solchen Weigerung bereits so weitreichende Folgen beimessen muss. Dieser Punkt muss gegenwärtig indessen nicht entschieden werden.
Abschließend weist der Senat darauf hin, daß die Ast. also das Verfahren vor dem Wiener Internationalen Schiedsgericht wird betreiben müssen. Erst wenn dieses Gericht sich durch Schiedsspruch für unzuständig erklärt, ist die Durchführung des Schiedsverfahrens unmöglich und damit der Weg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet.