Recht und Steuern

A1 Nr. 139

Nr. 119 §§ 1040 Abs. 2, 1059 Abs. 2 ZPO - Schiedsabrede derTochtergesellschaft; keine Bindung der Mutter trotz Schuldbeitritt undSchiedsrichterernennung. Rechtzeitige Rüge der Unzuständigkeit: Schiedsgerichtmuß zur Klagebeantwortung auffordern. Rechtliches Gehör.
Die Schiedsabrede in einem Kontraktder Tochtergesellschaft bindet die Muttergesellschaft nicht. Dies gilt auch,wenn die Mutter erklärt hat, den Kontrakt erfüllen zu wollen, und wenn sieeinen Schiedsrichter ernannt hat.
Nach § 1040 Abs. 2 ZPO ist die Rügeder Unzuständigkeit des Schiedsgerichts spätestens mit der Klagebeantwortungvorzubringen. Das setzt voraus, daß das Schiedsgericht - und zwar in derZusammensetzung, in der es entschieden hat - die Partei zur Beantwortung derKlage aufgefordert hatte.
Wenn die Partei zugleich mit derErnennung des Obmanns von der ernennenden Stelle informiert wird, daß die Höhedes Honorars mit diesem zu vereinbaren sei, darf sie erwarten, daß dasSchiedsgericht vor einer Honorarvereinbarung keine abschließende Entscheidungtrifft.
Anderenfalls ist das Gebot desrechtlichen Gehörs verletzt.
Hanseatisches Oberlandesgericht Beschl.v. 8. November 2001 - 6 Sch 4/01; RKS A 1 Nr.119
Aus den Gründen:
Der Schiedsspruch ist aufzuheben, weil sowohl ein Fall von § 1059 Abs. 2 Nr.1 a als auch von § 1059 Abs. 2 Nr. 1 b vorliegt.
Die Schiedsabrede im Kontrakt vom 27.6.2000 ist nicht mit derAntragstellerin getroffen worden, sondern mit ihrer Tochtergesellschaft. Dieseist rechtlich selbständig. Damit konnte die Schiedsabrede nicht gleichzeitigdie Ast. [die Muttergesellschaft] binden.
Das Schreiben der Ast. vom 5.9. enthält kein Einverständnis mit derSchiedsabrede. Es befaßt sich ausschließlich mit dem Vertrag und seinerErfüllung. Die Ast. erklärt lediglich, sie werde den Vertrag erfüllen undprompte Zahlung per Scheck leisten. Damit hat sie keinesfalls erklärt, daß sieinhaltlich und in vollem Umfange in den Vertrag eintritt, ihn übernimmt. IhreErklärung bedeutet lediglich eine Bürgschaftserklärung oder einenSchuldbeitritt. Die Schiedsvereinbarung wirkt nur zwischen den Parteien undihren Rechtsnachfolgern. Sie bindet nicht den Bürgen, Schuldübernehmer undGaranten, da ihre Schuld selbständig neben der Hauptschuld steht und ein eigenesrechtliches Schicksal hat (Zöller/Geimer ZPO 22. Aufl. § 1029 Rd-Nr. 60).
Nach § 1040 Abs. 2 ZPO wäre die Ast. zwar gehalten gewesen, die Rüge derUnzuständigkeit des Schiedsgerichts spätestens mit der Klagebeantwortungvorzubringen. Zur Klagebeantwortung hätte das Schiedsgericht aber auffordernmüssen. Indes hat es, nachdem das Dreier-Schiedsgericht sich konstituierthatte, niemals eine Aufforderung an die Ast. gegeben, ihre Einwendungenvorzutragen. Der Hinweis ihrer damaligen Verfahrensbevollmächtigten, man werdeauf die Sache unaufgefordert zurückkommen, entband das Schiedsgericht nicht vonseiner Verpflichtung, bei der Ast. eine Klagebeantwortung anzufordern. DieBestellung eines Schiedsrichters allein nimmt der Ast. nicht das Rügerecht,
OLG Hamburg 8.11.2001 RKS A1 Nr. 119 Bl. 2
§ 1040 Abs. 2 S. 2 ZPO. Da die Ast. die Frist des § 1040 Abs. 2 S. 1ZPO nicht unentschuldigt versäumt hat, sie vielmehr keine Gelegenheit hatte,eine Klagebeantwortung einzureichen, kann sie die Rüge auch noch imAufhebungsverfahren geltend machen (Zöller/Geimer, ZPO § 1040 Rd-Nr.12).
Weiter liegt ein Aufhebungsgrund im Sinne von § 1059 Abs. 2 Nr. 1 b ZPO vor.Die Ast. ist wohl von der Einleitung des Schiedsgerichtsverfahrens unterrichtetworden, und es hat sich auch bei ihr der Schiedsrichter S. derGegenseite gemeldet. Dieses damals bestehende Schiedsgericht setzte sich aberaus zwei Personen zusammen. Entschieden hat indes ein Schiedsgericht bestehendaus drei Personen, nachdem die Handelskammer Hamburg am 22.11.2000 Herrn O. zumObmann ernannt hatte. Das nunmehr so gebildete Schiedsgericht hat sichausweislich der Akte und den eingereichten Unterlagen nicht bei der Ast.gemeldet. Diese hat lediglich eine Kopie des Schreibens der HandelskammerHamburg vom 22.11.2000 erhalten. Es sind keine Aufforderungen diesesSchiedsgerichts an die Parteien ergangen, zur Sach- und Rechtslage Stellung zunehmen, auch hat keine mündliche Verhandlung stattgefunden. Damit ist es derAst. verwehrt worden, vor Erlaß des Schiedsspruchs sich zur Sache zu äußern.Darin liegt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs.
Die Handelskammer Hamburg hatte zugleich mit der Ernennung des Obmanns denHinweis erteilt, daß die Höhe des Honorars mit diesem zu vereinbaren sei. Einederartige Vereinbarung ist nicht getroffen worden. Die Ast. konnte abererwarten, daß das Schiedsgericht auf sie zukommt und keine abschließendeEntscheidung trifft, bevor nicht die Honorarfrage geklärt ist. Der Ast. istkeine Antragsschrift der Antragsgegnerin übersandt worden, auf die sie hätteerwidern können. Die Ast. ist auch von dem Schiedsgericht bestehend aus dendrei Personen nach dessen Zusammensetzung nicht über die weiteren Ermittlungenin Kenntnis gesetzt worden. Hier ist entschieden worden, ohne daß die Ast.vorher Gelegenheit zur Äußerung gehabt hat. Damit ist der Grundsatz desrechtlichen Gehörs verletzt worden.
Hinweis: Vereinbart war das Schiedsgericht der Hamburger freundschaftlichenArbitrage.