Recht und Steuern

A1 Nr. 128

A1 Nr.128
§ 1025 a.F., §1030 n.F. ZPO, § 19 GmbHG. - GmbH: Schiedsfähigkeit von Ansprüchen aufEinzahlung der Stammeinlage
Jeder vermögensrechtliche Anspruch ist schiedsfähig. Dies gilt auch fürStreitigkeiten zwischen einer GmbH und ihren Gesellschaftern - z.B. über dieZahlung der Stammeinlage - und zwischen den Gesellschaftern. Die objektiveSchiedsfähigkeit ist nur zu verneinen, wenn sich der Staat im Interessebesonders schutzwürdiger, der Verfügungsmacht privater Personen entzogenerRechtsgüter ein Rechtsprechungsmonopol im engeren Sinne vorbehalten hat derart,daß allein der staatliche Richter in der Lage sein soll, durch seineEntscheidung den angestrebten Rechtszustand herbeizuführen.
Diese frühere höchstrichterliche Rechtsprechung wird durch § 1030 ZPO n.F.bestätigt.
Nach dieser Vorschrift müssen nur nicht vermögensrechtliche Ansprüche außerdemvergleichsfähig sein.
OLG Frankfurtam Main Urt. vom 30.Januar 2004 - 10 U 75/03; Zeitschrift für Schiedsverfahrensrecht2004, 97 = BB 2004, 908 = RKS A 1 Nr. 128
Aus denGründen:
Für dieobjektive Schiedsfähigkeit von Ansprüchen kommt es nach der vor der Reform desSchiedsverfahrensrechts maßgeblichen Ansicht darauf an, ob sich der Staat dasRechtsprechungsmonopol in dieser Frage vorbehalten hat. Die objektiveSchiedsfähigkeit ist nur zu verneinen (vgl. BGH NJW 1996, 1753 = RKS A 1 Nr. 84m.w. N.; BGH NJW 1991, 2215, 2216 = RKS A 1 Nr. 65; Bork ZZP 100, 249, 272),wenn sich der Staat im Interesse besonders schutzwürdiger, derVerfügungsmacht privater Personen entzogene Rechtsgüter einRechtsprechungsmonopol im engeren Sinn vorbehalten hat, daß allein derstaatliche Richter in der Lage sein soll, durch seine Entscheidung denangestrebten Rechtszustand herbeizuführen (BGH aaO.).
Diese früherehöchstrichterlichen Rechtsprechung wird durch die Neufassung des § 1030 ZPObestätigt, die dieser durch das Gesetz zur Neuregelung des Schiedsverfahrensvom 22.12.1997 erhalten hat. Nach der neuen Rechtslage müssen nämlich nur nichtvermögensrechtliche Ansprüche zusätzlich vergleichsfähig sein, währendalle vermögensrechtlichen Fragen grundsätzlich schiedsfähig sind (§ 1030 Abs. 1ZPO n.F.), mithin grundsätzlich auch Streitigkeiten zwischen der GmbH und ihrenGesellschaftern sowie zwischen den Gesellschaftern selbst. Anders als nachalter Reechtslage sind damit auch Erfüllungsansprüche auf die Stammeinlage nachverschleierter Sacheinlage schiedsfähig. Denn dabei handelt es sich um einenvermögensrechtlichen Anspruch, für dessen Schiedsfähigkeit es nicht mehr aufdie Vergleichsfähigkeit ankommt. Die Auslegung des Begriffes der objektivenSchieds- bzw. Vergleichsfähigkeit von Ansprüchen nach alter Rechtslage durchden BGH entspricht dem, was die Neufassung des Gesetzes seit dem 1.1.1998 mitsich gebracht hat. Es wird insoweit ein wünschenswerter - und, wie dieEntscheidungsgründe des BGH-Urteils vom 29.3.1996 zeigen, durchausbeabsichtigter (BGH NJW 1996, 1753, 1754 = RKS A 1 Nr. 84) - Einklang mit derNeuregelung hergestellt.
Die somitgrundsätzliche Schiedsfähigkeit entfällt damit im Wesentlichen in Verfahren wieEhe- und Kindschaftssachen, in denen der Verfahrensgegenstand im Rahmen einesStatusverfahrens der Parteidisposition entzogen ist. Im Gegensatz zu derAuffassung des OLG Köln[1] (GmbHR 1998,143f.) können danach gegen die Schiedsfähigkeit von Ansprüchen auf Leistung derStammeinlage keine Bedenken bestehen. Diese Ansprüche unterliegen zum einen
insoweit der Disposition,als die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag oder im Einforderungsbeschlußunterschiedliche Quoten für einzelne Gesellschafter und unterschiedlicheZahlungszeitpunkte sowie von der gesetzlichen Regelung abweichende Bestimmungenbezüglich der Modalitäten der Erbringung der Stammeinlage treffen können (vgl.auch LG Duisburg Urt.v.27.8.2002, 22 O 47/01; Scholz/Schneider § 19 GmbHGRd-Nr. 20). Ferner ist auch der Abschluß eines Vergleichs über dieEinlageforderung durch Rechtsgeschäft oder vor dem Gericht zulässig, undzwar insbesondere dann, wenn - wie in dem vorliegenden Fall - Zweifel an derordnungsgemäßen Erfüllung der Einlage bestehen.
Zum anderenist ein Interesse des Staates an einem Entscheidungsmonopol über dieangestrebte Aufhebung nicht erkennbar (ähnlich BGH aaO. RKS A 1 Nr. 84). EinRechtsprechungsmonopol ist nur dann anzunehmen, wenn es dem Staat ersichtlichdarum geht, bestimmte Materien nicht der Dispositionsbefugnis des einzelnen zuüberlassen, sondern die Entscheidung allein dem staatlichen Richtervorzubehalten. Dies geschieht, um bei besonders gravierenden Eingriffen dieInteressen der Parteien und das öffentliche Interesse daran zu schützen, daßdie gesetzlichen Voraussetzungen für diesen schwerwiegenden Eingriff wirklich vorliegenund durch den richterlichen Akt Rechtsklarheit geschaffen wird. Daher zeigtsich das Rechtsprechungsmonopol vor allem daran, daß Verhandlungsgrundsatz undDispositions- maxime zugunsten des Offizialprinzips ausgeschlossen sind.
Für denAnspruch der GmbH auf die Leistung der Stammeinlage durch den Gesellschafterfehlt es an einem derartigen staatlichen Interesse. Zwar ist dieser Anspruchnicht oder nicht zu jeder Zeit verzichtbar. Der anspruchsberechtigten GmbH wirdjedoch nur deswegen der Verzicht versagt, um auf diese Weise die Interessen derGläubiger und der Allgemeinheit zu wahren, denen im Rahmen desGesellschaftsvermögens eine möglichst große Haftungssumme zur Verfügung stehensoll. Dieser Gesetzeszweck rechtfertigt es jedoch nicht, die Schiedsfähigkeitder Ansprüche unter Hinweis auf ein staatliches Rechtssetzungsmonopol zuverneinen. Die Interessen der Gläubiger werden nämlich durch eineSchiedsvereinbarung nicht nachteilig berührt, da der Schiedsspruch sienicht in ihren Rechten und Pflichten betrifft, sondern nur in ihrenwirtschaftlichen Interessen. Es besteht auch kein Anlaß anzunehmen, daß der denGläubigern gewährte Schutz deswegen verkürzt wird, weil es sich bei derentscheidenden Instanz „nur” um ein Schiedsgericht handelt. Eine Anspruchsverkürzungist nicht wahrscheinlicher als bei Inanspruchnahme der staatlichen Gerichte.Zudem bot die Regelung des 1041 a.F. ZPO ein hinreichendes Korrektiv, welcheses im übrigen aus systematischen Gründen als zweifelhaft erscheinen läßt, daßbereits über die Regelung des § 1025 a.F. ZPO Gedanken des ordre public in dieEntscheidung darüber, welche Streitigkeiten schiedsgerichtsfähig sein sollen,einfließen sollen. Die Grundsätze der BGH-Entscheidung NJW 1996, 1753 = RKS A1Nr. 84 lassen sich auch auf den vorliegenden Fall übertragen. Gegenstand wardort die Frage der Schiedsfähigkeit einer Beschlußmängelstreitigkeit, für dieaber gemäß § 248 Abs.1 S. 1, 249 Abs. 1 S. 1 AktG angeordnet ist, daßEntscheidungen in diesen Verfahren über die nur zwischen den Parteien wirkendeRechtskraft des § 325 ZPO hinaus auch für und gegen alle Gesellschafter undGesellschaftsorgane wirken, auch wenn sie an dem Verfahren nichtteilgenommen haben. Demgegenüber hat die in einem gegen einen Gesellschaftergerichteten Verfahren auf Erfüllung seiner Verpflichtung zur Leistung derStammeinlage ergangene Entscheidung schon mangels einer entsprechendengesetzlichen Anordnung nicht die Wirkung, daß damit auch zu Gunsten und Lastenanderer feststünde, daß etwa eine verdeckte Sacheinlage vorgenommen worden ist.Im Übrigen geht es in Fällen wie dem vorliegenden auch nicht darum, mit Wirkungfür und gegen andere die Heilung einer verdeckten Sacheinlage zu bewirken;genau so wenig geht es um einen Vergleich in dem Sinne, daß sich Gesellschafterund Gesellschaft zu Lasten der außenstehenden Gläubiger über einen Gegenstandeinigen. Hier geht es allein um die Frage, ob der gegen einen oder mehrereGesellschafter gerichtete Anspruch auf Erfüllung der ihm oder ihnenobliegenden Verpflichtung zur Einzahlung der Stammeinlage als solchereinem Vergleich zugänglich ist. Da es sich insofern nicht um eine allein demstaatlichen Richter vorbehaltene Statusfrage handelt, ist er einem nur interpartes wirkenden Vergleich und damit auch einem Schiedsverfahren zugänglich.Die Bekl. haben sich also wirksam auf die ihnen zustehende Schiedseinredeberufen.
Die Revisionwar zuzulassen. Obwohl die entschiedene Rechtsfrage durch die Neuregelung desSchiedsverfahrens an Gewicht verliert , ist die Frage, ob Ansprüche der hiervorliegenden Art schiedsfähig sind, im Hinblick auf die Vielzahl der von demKl. in dem gleichen Komplex bei unterschiedlichen Gerichten bundesweiterhobenen Klagen sowie die abweichende Entscheidung des OLG Köln (GmbHR 1998,143) von grundlegender Bedeutung (zu den Voraussetzungen einerRevisionszulassung zwecks Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sieheBGH 27.3.2003 V ZR 291/02 NJW 2003, 1943).
[1] Das OLG Köln beruft sich in seinem Urteil vom28.2.1997 - 5 U 101/95 GmbHR 1998 S. 143, 144 auf den Wortlaut des § 1025Abs. 1 ZPO a.F.: Eine Schiedsvereinbarung „..... hat insoweit rechtlicheWirkung, als die Parteien berechtigt sind, über den Gegenstand des Streiteseinen Vergleich zu schließen”.
Diese Vergleichsfähigkeit verneint das OLG für den streitbefangenen Anspruchauf Erfüllung der aus einem Kapitalerhöhungsbeschluß entstandenenEinlageforderung:
„Dieser ist nur ausnahmsweise und in engen Grenzen vergleichsfähig, etwa dann,wenn um Wert und Beschaffenheit der satzungsgemäß zu erbringenden Sacheinlagegestritten wird. Wird aber der Vorwurf des Verstoßes gegen das Verbot derverschleierten Sacheinlage erhoben, muß der Streit hierüber derDispositionsbefugnis der Vertragsparteien entzogen sein. Die Frage, ob zwischender Gesellschaft und dem bareinlagepflichtigen Gesellschafter auf diese Weiseein gemeinsamer Gesetzesverstoß, § 134 BGB, begangen wurde, kann nicht imVergleichswege von eben diesen Parteien entschieden werden, da die Sacheinlagevorschriftendem Gläubigerschutz dienen (Bork ZZP 100, 249 [254 Fn. 18]). Mit diesenÜberlegungen steht im übrigen in Einklang, daß sich die von Baumbach/Hueck(GmbHG 15. Aufl. Rd-Nr. 15 zu § 19) vertretene Auffassung, der Anspruch sei (inAusnahmefällen) vergleichsfähig, ersichtlich nur auf den Abs. 3 des § 19 GmbHGbezieht, nicht aber auf den Abs. 5 dieser Bestimmung. Darüber hinaus ist ananderer Stelle (Rd-Nr. 18 zu § 31 GmbHG) ausdrücklich klargestellt, daßDispositionen wie Anfechtung, Stundung und Erlaß im Rahmen von § 31 GmbHG nurzulässig sind, soweit es sich dabei nicht um Umgehungsgeschäfte handelt.”