Recht und Steuern

A1 Nr. 124

A1 Nr.124
§ 1032 Abs. 1ZPO, Art. 6 Europäische Menschenrechtskonvention, §§ 226, 242, 826 BGB -Undurchführbarkeit einer Schiedsvereinbarung wegen Vermögenslosigkeit desKlägers: Unwirksamkeit der Schiedseinrede selbst bei dessen Verschulden.Kündigung der Schiedsvereinbarung nach neuem Recht nicht mehr erforderlich
Die Einrede der Schiedsvereinbarung ist unbegründet, wenn dieVereinbarung undurchführbar ist. Dies ist der Fall, wenn der Kläger die Kostendes Schiedsverfahrens nicht aufbringen kann und der Beklagte nicht bereit ist,sie vorzuschießen. Eine Kündigung der Schiedsvereinbarung ist nach neuemSchiedsverfahrensrecht in diesem Fall nicht mehr erforderlich.
Ob der Kläger seine Vermögenslosigkeit verursacht oder verschuldet hat,ist allenfalls erheblich, wenn dem Kläger die Berufung auf sie wegen Treu- oderSittenwidrigkeit verwehrt ist.
KG Beschl. v.13. 8. 2001 - 2 W 8057/99; Zeitschrift für Schiedsverfahrensrecht 2003 S. 239 =RKS A 1 Nr. 124
Aus denGründen:
Es kann offenbleiben, ob vorliegend die §§ 1025 ff. ZPO i.d.F.desSchiedsverfahrens-NeuregelungsG (SchiedsVfG) vom 22.12.1997 (BGBl. I3224) oder - gem.Art. 4 § 1 Abs. 3 SchiedsVfG - das bisher geltende Rechtanzuwenden ist.
Das Gerichthat gem. § 1032 Abs. 1 ZPO n.F. eine Klage als unzulässig abzuweisen. Hier istaber nach bisherigem Sach- und Streitstand davon auszugehen, daß die Einrededer Schiedsvereinbarung unbegründet ist, weil die Schiedsvereinbarungundurchführbar ist, ohne daß es nach neuem Recht einer Kündigung desSchiedsvertrages bedurft hätte. Es reicht aus, wenn das Gericht entsprechenddem Vortrag des Klägers feststellen kann, daß die Schiedsvereinbarungundurchführbar ist (vgl. BGH NJW 2000, 3720 ff., 3721 = RKS A 1 Nr. 107; Münchin: Münchener Kommentar ZPO 2. Aufl.. 2001 § 1029 Rd-Nr. 59 a.E.).
DieSchiedsvereinbarung ist undurchführbar, weil die Ast. die Kosten desSchiedsverfahrens nicht aufbringen kann und auch nicht anderweit fürKostendeckung gesorgt ist. Die Ast. hat glaubhaft gemacht, vermögenslos zu seinund erhebliche Verbindlichkeiten zu haben. Demgegenüber haben die Ag. nurallgemein unbestimmte Angaben über Immobilienvermögen in Griechenlandgemacht, über das die Ast. gesprochen habe. Zu näheren Angaben haben sich dieAg. aber nicht in der Lage gesehen, so daß das Vorbringen der Ast. zugrunde zulegen ist. Darauf, ob die Ast. ihre Vermögenslosigkeit selbst zu verantwortenhabe, kommt es nicht an. Im Gesetz findet sich für die a.M. keine Stütze.Bereits nach altem Recht war die Kündigungsbefugnis aus wichtigem Grund auchgegeben, wenn der Kündigende die Undurchführbarkeit des Schiedsverfahrensselbst verursacht oder gar verschuldet hatte; denn ihm darf der Rechtsschutznicht völlig abgeschnitten werden. Die Gegenmeinung wäre auch im Hinblickauf Art.6 der Europäischen Menschenrechtskonvention bedenklich (BGHZ 102,199 ff., 202; Schlosser in Stein/Jonas ZPO 21. Aufl. 1994 § 1025 a.F. Rd-Nr.43). Die Grenze liegt allenfalls da, wo es dem Kläger wegen schikanösen, treu-oder sittenwidrigen Verhaltens gem. §§ 226, 242, 826 BGB verwehrt ist, sich aufdie Undurchführbarkeit der Schiedsabrede zu berufen.
Auch dafür,daß die Undurchführbarkeit des Schiedsverfahrens dadurch zu beseitigen wäre,daß die Ag. die Kosten für das Schiedsverfahren vorschießen, ergibt sichnichts. Seit langem verweisen die Ast. gegenüber der Schiedseinrede auf ihrefinanzielle Situation, ohne daß die Ag. entsprechende Angebote gemacht hätten.
Nach altemRecht gilt nichts anderes; denn mangelnde Leistungsfähigkeit berechtigteden Kläger zur Kündigung (vgl. Schlosser in Stein/Jonas ZPO 21. Aufl. 1994 §1025 a.F. Rd-Nr. 43). Da die Ag. nicht bereit sind, der Ast. die Kosten für dasSchiedsverfahren vorzustrecken, stand der Wirksamkeit der Kündigung nichtsentgegen.