Recht und Steuern

A1 Nr. 123

A 1 Nr. 123
§§ 1025ff.,1060 ZPO. - Vereinsschiedsgericht: Abgrenzung von vereinsinternemStreitschlichtungsorgan. „Schiedsspruch”: „Schiedsgericht”, Begriff,Vollstreckbarerklärung
„Vollstreckbar erklärt” werden i.S.v. § 1060 ZPO kann nur ein„Schiedsspruch”, der von einem „Schiedsgericht” i.S.d. §§ 1025 ff. ZPO mitbindender Wirkung für die Parteien erlassen wurde. Wesensnotwendig dafür ist,daß die Parteien in der Vereinssatzung oder der Schiedsordnung demSchiedsgericht die Entscheidung des Rechtsstreits eindeutig unter Ausschluß desRechtswegs zu den staatlichen Gerichten zugewiesen haben.
BayObLGBeschl.v. 13.5.2003 - 4 Z Sch 35/02; MDR 2003, 1132 = RKS A 1 Nr. 123
Aus denGründen:
Der Antrag aufVollstreckbarerklärung ist unzulässig, da der Senat nicht festzustellen vermag,daß es sich bei dem Beschluß des „Schiedsgerichts” vom 19.7.2002 um einenSchiedsspruch i.S.d. §§ 1025 ff. ZPO handelt. Dies wäre nur der Fall, wenn dieParteien dem Schiedsgericht die Entscheidung des Rechtsstreits unter Ausschlußdes Rechtswegs zu den staatlichen Gerichten zugewiesen hätten.
Ob ein ineiner Vereinssatzzung vorgesehenes Schiedsgericht ein den §§ 1025 ff. a.F. undn.F. unterfallendes Schiedsgericht oder lediglich ein vereinsinternes Streitschlichtungsorganist, richtet sich in erster Linie nach dem Inhalt der Satzung (OLGFrankfurt 6.9.2001 - 3 Sch 2700 OLGReport Frankfurt 2001, 302 [ 305] -siehe Anhang). Die Prüfung der einschlägigen Bestimmungen läßt im vorliegenden Fall eine zweifelsfreie Entscheidung nicht zu. Eine ausdrücklicheKlarstellung der Frage, ob eine Überprüfung durch die staatlichen Gerichteerfolgen könne oder ausgeschlossen sein solle, wurde weder in der Satzung nochin der Schiedsgerichtsordnung getroffen. § 7 Nr. 5 der Schiedsgerichtsordnungbestimmt lediglich, daß die Entscheidungen des Schiedsgerichts im Bereich desBL-Vereins endgültig und nicht anfechtbar sind. Dem läßt sich aber nurentnehmen, daß im Bereich des BL-Vereins keine weitere Anfechtung derEntscheidung erfolgen kann. Der Wortlaut dieser Bestimmung schließt eineAnfechtung der Entscheidung vor den staatlichen Gerichten jedoch nicht aus. Dadas Recht auf Zugang zu den staatlichen Gerichten, das sich aus demRechtsstaatsprinzip ergibt, und das Recht auf den gesetzlichen RichterVerfassungsrang haben (BGH 3.4.2000 II ZR 373/98 NJW 2000, 1713 = NZG 2000, 897f. = Sport und Recht 2000, 153 = RKS A 1 Nr. 102), ist Voraussetzung für eineVollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs durch den Senat, daß sich der freieWille der Parteien zur Unterwerfung unter den Spruch eines privatenSchiedsgerichts unter Verzicht auf die Entscheidung staatlicher Gerichteeindeutig feststellen läßt. Besonders sorgfältig ist diese Frage dann zustellen, wenn es sich - wie hier - nicht um Kaufleute, sondern zumindest aufeiner Seite um Personen handelt, die sich durch den Beitritt zu einem Verband(Verein) einer Satzung unterworfen haben, die Regelungen zur „Schlichtung”möglicher Streitigkeiten enthält, die im Zusammenhang mit der Mitgliedschaftstehen (körperschaftliche, statuarische Streitigkeiten). Da eine derartigeindeutige Feststellung hier nicht möglich ist, war der Antrag zu verwerfen.
Anhang
Aus denGründen der o.g. Entscheidung des OLG Frankfurt vom 6.9.2001 aaO.:
Für ein Schiedsgerichtist wie für jedes Gericht entscheidend, daß seine Entscheidungen durchunabhängige Richter auf Grund eines gerichtsförmigen Verfahrens mit bindenderWirkung für die Parteien getroffen werden und die Bindung allenfalls mitRechtsmitteln, über die gleichfalls in gerichtsförmiger Weise zu verfahren undzu befinden ist, beseitigt werden kann. Entscheidend gegen einen in der Satzungobjektivierten Willen, den „Ehrenrat” des Vereins als Schiedsgericht i.S.d. ZPOzu errichten, spricht § 22 der „Ehrenratsordnung”. Diese Bestimmung beraubt dieEntscheidungen des Ehrenrats der für schiedsgerichtliche Entscheidungenerforderlichen Verbindlichkeit für die Parteien. Die Verbindlichkeit desSpruches wird vielmehr unter den Vorbehalt einer Mehrheitsentscheidung andererVereinsorgane gestellt. Diese Satzungsbestimmung kann nicht dahin verstandenwerden, daß sie eine zweite Instanz gegenüber der Entscheidung des Ehrenratseröffnet. Denn offensichtlich soll die „Landesmitgliederversammlung” über denWiderspruch einer Streitpartei nicht gerichtsförmig, als Schiedsgericht,entscheiden. Die Vereinsorgane sind lt. Satzung die für die Willensbildung desVereins zuständigen Organe und bestehen weder aus unabhängigen Personennoch sind sie ihrer Art nach geeignet, über Rechtsmittel nach Art einesGerichts zu verhandeln und zu entscheiden.
Der„Schiedssspruch” ist daher aufzuheben, weil die in der Satzung enthalteneEhrenratsordnung keine gültige Schiedsordnung darstellt. Er ist zurKlarstellung im Verfahren nach § 1062 ZPO aufzuheben, auch wenn er nicht fürvollstreckbar erklärt werden kann. Das berechtigte Interesse einer Partei,einen mangels gültiger Schiedsordnung ohne Rechtsgrundlage ergangenenSchiedsspruch aufgehoben zu sehen, ist in § 1059 Abs. 2 Nr. 1a ZPO vorausgesetzt.